So geht Volksherrschaft -  Basisdemokratie und Kommunalisierung in Venezuela 

Die Kommunen in Venezuela ‒ eine große soziale Errungenschaft

Trotz Wirtschaftskrise und internationaler Einkreisung machen Venezuelas Kommunen weiter in ihrem Kampf für den "Sozialismus von unten" berichtete u a Amerika21. Das Medium berichtete entsprechend. Das ist hier eine Zusammenfassung über Berichte einzelner solcher Basis-Kommunen der Räteherrschaft in Venezuela. 
 
 
Aktivisten der Kommune Pio Tamayo in Venezuela
Aktivisten der Kommune Pio Tamayo in Venezuela
 
In den vergangenen Jahren haben wir vieles über die großen sozialen Errungenschaften der Bolivarischen Revolution gehört: Die von der Regierung finanzierten Sozialprogramme für Gesundheit (Barrio Adentro), für die Lebensmittelversorgung (Mercal), das Wohnungbauprojekt, das für günstige oder kostenlose Unterkünfte für die Armen und die Mittelklasse sorgt, das Canaima-Programm, das Schülern und Studenten Computer zur Verfügung stellt, die Programme "Mütter des Viertels“ und nun "Haushalte des Vaterlandes", mit denen die Regierung Hausfrauen in Anerkennung ihrer häuslichen Arbeit finanziell unterstützt und schließlich "Amor Mayor", das Rentenprogramm; dies sind nur einige der großen Fortschritte, die das Land in Sachen sozialer Gerechtigkeit und beim Schließen der wirtschaftlichen Kluft vorangebracht haben.

Was ist eine Sozialistische Kommune in Venezuela?

Die meisten Leute wissen, selbst wenn sie den Begriff kennen, kaum etwas von der Realität der Kommunen in der Bolivarischen Revolution.

Eine Kommune wird von den Bewohnern eines selbst definierten Territoriums gebildet, das auf gemeinsamen geschichtlichen und kulturellen Prägungen, Praktiken und Bräuchen basiert, die in dem (geografischen) Gebiet, das sie umfasst, anerkannt sind; sowie auf den produktiven Tätigkeiten, die dem Unterhalt dienen. Um ein konkretes Beispiel zu geben: Die Kommune Ataroa, in der ich lebe, bestimmte ihr Gebiet aufgrund einer gemeinsamen Geschichte des Kampfes um Zugang zu Wasser und Gesundheitsversorgung, der in den 1980er Jahren mit mehreren Nachbargemeinden geführt wurde. Diese Gemeinden haben auch einen gemeinsamen zentralen Markt und ein lokales Gesundheitszentrum. Es gab also bereits kulturelle, soziale und wirtschaftliche Verbindungen, die der Gemeinschaft Zusammenhalt gaben. Im Falle einiger ländlicher Kommunen kann die Art der landwirtschaftlichen Produktion prägend sein oder es sind Gemeinschaften rund um große Landgüter, die enteignet wurden, wie im Falle der Kommune El Maizal im Bundesstaat Lara; oder bei indigenen Gemeinschaften können es ethnische oder familiäre Bindungen sein, die sie zusammenbringen.

Aber Kommunen sind sind nicht nur geografische Gebiete mit gemeinsamer Identität. Das Wesentliche einer Kommune gründet auf Prinzipien der Souveränität und der Organisierung der Menschen, um ihre Geschicke selbst zu bestimmen. Es gibt viele Elemente, die in dieses Prinzip der Souveränität einfließen.

Eines hat zu tun mit Selbstverwaltung und Partizipation, direkter Demokratie.

Die Bewohner der Kommune haben das Recht, die Politik und Projekte im eigenen Gebiet selbst zu planen, festzulegen und auszuführen und alle Bewohner haben das Recht, sich an diesem Prozess zu beteiligen. Wie funktioniert das?

Es gibt eine Struktur, um eine maximalen Teilhabe zu ermöglichen, die bei kleineren Einheiten, den Kommunalen Räten, anfängt; diese wiederum entsprechen ebenfalls geografisch abgegrenzten Gebieten mit gemeinsamer Identität (normalerweise etwa 250 Familien).

Zu jedem Kommunalen Rat gehören Komitees, deren Anzahl abhängt von der Realität in der Gemeinschaft, beispielsweise ein Landkomitee für Grundstücksgrenzen und Eigentumsrechte, eines für den Wasserzugang, ein Frauenkomitee für Gender-Fragen, und in allen Kommunalen Räten muss es Komitees für Planung, für kommunale Wirtschaft und die Kommunale Bank geben. Die Ausschüsse entwickeln die Politik und Projekte entsprechend den Bedürfnissen der Gemeinschaft, sämtliche Projekte kommen vor die Bürgerversammlung, in der alle Bewohner Stimmrecht haben. Nach erfolgter Zustimmung sorgen die Komitees für die Organisation und Ausführung.

Die Kommune hat eine ähnliche Struktur, sie haben die gleichen Komitees wie die Kommunalen Räte mit Sprecherinnen und Sprechern aus den zur Kommune gehörenden Räten. Die endgültigen Entscheidungen werden aber statt von der Bürgerversammlung von einem Kommunalen Parlament getroffen, in dem die Sprecher die Räte repräsentieren. Im Prinzip sollten die Entscheidungen der Parlamentarier in ihren eigenen Bürgerversammlungen abgesprochen werden.

Die Souveränität der Kommunen ist jedoch nicht allein mit partizipativer Demokratie erreichbar, denn Maßnahmen können zwar bestimmt werden, ihre Ausführung verlangt aber auch Ressourcen und wirtschaftliches Handeln. Im Organgesetz (Ley Orgánica) 1 über die Kommunen sind diese darüber hinaus als sozialistische Räume definiert und das bedeutet ein sozialistisches Konzept von Wirtschaft und Eigentum.

In den Kommunen und allgemein in der Bolivarischen Revolution gibt es unterschiedliche Arten von Eigentum. Natürlich gibt es Privateigentum, das Einzelnen gehört. Es gibt öffentliches Eigentum, das dem Staat gehört. Es gibt soziales Eigentum, das ebenfalls dem Staat gehört, bei dem aber die Menschen in die Kontrolle einbezogen sind und es gibt direktes soziales Eigentum, das unmittelbar den Kommunen oder den Kommunalen Räten gehört.

Letzteres ist wichtig für die Eigenständigkeit des kommunalen Systems, denn es erlaubt den Kommunen, an Güter, Dienstleistungen Ressourcen und sogar Geschäfte zu kommen, die nicht dem Einzelnen dienen, sondern der Gemeinschaft unter kollektiver Verwaltung. Und das ist notwendig für die Durchführung kommunaler Maßnahmen.

Jede Kommune hat eine Kommunale Bank, das ist ein Bankkonto in kommunalem Eigentum, das zur Durchführung eigener Projekte und Unternehmungen verwaltet wird. Zumindest theoretisch sollte die Kommune eigene Sozialbetriebe aufbauen, die nicht nur Arbeit sondern auch Ressourcen für die Durchführung weiterer Maßnahmen und Projekte schaffen sollen.

Um es an einem erfolgreichen Beispiel zu zeigen: Die Kommune El Maizal, eine ländliche Kommune auf enteignetem Agrarland im Bundesstaat Lara. Sie haben dort einen Gemeinschaftsbetrieb, in dem sie jährlich über 4.000 Tonnen Mais produzieren, außerdem verschiedene Sorten Bohnen, Gemüse, ferner Fleisch, Milch und Käse. Mit ihren Einkünften bauten sie Häuser und Schulen, gaben Geld an Familien mit besonderem medizinischen Bedarf, legten Strom in Gebiete ohne bisherigen Zugang, reparierten Straßen - all das verwaltet und durchgeführt von der Gemeinschaft. Ein eigener Sozialbetrieb bedeutet auch Veränderung nicht nur bei der Nutzung der Einnahmen, sondern auch bei den Arbeitsbeziehungen. Es gibt keinen Chef, stattdessen eine organisatorische Struktur für Verwaltung, Erziehung, Ausbildung und soziale Kontrolle. Die Arbeiter oder Produzenten verdienen das gleiche oder auch nicht, je nach Art der Arbeit und je nach Gemeinschaft, dies muss aber so gehandbabt werden, dass soziale Gerechtigkeit und Gleichheit gefördert werden. Auch hier gibt es innerhalb der Kommune-Bewegung ausführliche Debatten, was das genau bedeutet.

Wichtig zu erwähnen ist die widersprüchliche Realität der meisten Kommunen, nämlich dass der überwiegende Teil der Mittel der Kommunalen Bank von der nationalen Regierung kommt. Dies geschieht auf der Basis von Projekten, die den zuständigen Institutionen zwecks Zustimmung vorgelegt werden. Dadurch werden zwei notwendige Elemente der Souveränität, Produktion und Selbstbestimmung unterminiert.

Das Organgesetz über die Kommunen besagt, dass ihr Zweck darin besteht, den Kommunalen Staat zu fördern und einen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Horizont für die Bolivarische Revolution und den Sozialismus des 21. Jahrhunderts zu schaffen, die Verwirklichung "eines Regierungssystems, das mit unbegrenzter Breite die notwendigen Räume öffnet, in denen die Menschen, die Volksmassen, sich kreativ und effektiv entfalten, damit sie die Kontrolle über die Macht erlangen, um die Entscheidungen zu treffen, die ihr tägliches Leben und ihr historisches Schicksal beeinflussen", wie Chávez es in seinem Blauen Buch ausdrückte.

Wenn wir über den kommunalen Staat reden, dann bedeutet dies, fast das gesamte aktuelle politische und wirtschaftliche System schrittweise durch ein neues System zu ersetzen, in dem die Kommunen in Kommunale Städte und regionale Föderationen integriert sind, die dann Politik, Produktion und Projekte nationaler Reichweite ausarbeiten. Das bedeutet auch, von einem Regierungskonzept "von oben nach unten" zu einem "von unten nach oben"- Konzept überzugehen, und ebenso die Beziehungen zwischen Eigentum, Produktion und Ressourcenverwaltung auf nationaler Ebene zu transformieren.

Soweit also Theorie und Vision, und nun zurück zur Realität der Kommunen.

Wo stehen die Kommunen heute?

Diese Vision oder dieser Horizont der Bolivarischen Revolution war eine Zeit lang zumindest im Diskurs hegemonial; fast jeder, vom Regierungsoffiziellen bis zum Basisaktivisten, sprach über den Kommunalen Staat als dem gemeinsamen Weg. Verschiedene Faktoren haben diese Vision jedoch inzwischen geschwächt.

Einer hat zu tun mit der Ölrentenökonomiie und dem Fehlen einer Kultur der Produktivität. Viele, vor allem städtische Kommunen widmen sich der Verwaltung von Hilfsprogrammen und Projekten, die von der Regierung finanziert werden und ignorieren völlig den notwendigen Aspekt der Produktion. Der andere Faktor hat mit dem Widerstand gegen die Umstrukturierung der Macht in einigen Rängen des Chavismus zu tun.

Viele bolivarische Gouverneure und Bürgermeister (und natürlich alle Gouverneure und Bürgermeister der Opposition) weigerten sich, mit den neuen Strukturen zusammenzuarbeiten, sobald die Kommunen begannen, Wirklichkeit zu werden. Sie machen in den kommunalen Gebieten lieber eigene Politik und eigene Projekte, ohne die Gemeinden zu konsultieren oder gar mit einzubeziehen. Eine große Ausnahme war Bürgermeister Julio Chávez aus Carora im Bundesstaat Lara, der das gesamte kommunale Budget den Kommunen übergab.

Die Einsetzung eines Ministeriums für die Kommunen spielte ebenfalls eine wesentliche Rolle bei der Aushöhlung der Idee vom Kommunalen Staat, wie später sogar Chávez selbst in seiner berühmten Rede Das Steuer herumreißen (Golpe de Timón) eingestand. Ein Ministerium zur Gestaltung der kommunalen Politik erlaubte es vor allem den anderen Regierungsbehörden, die Kommunen als etwas randständiges zu betrachten, das sie selber gar nicht betraf, während jedoch der Kommunale Staat, um zu funktionieren, als System gesehen werden muss, das jegliche Regierungsmacht durchdringt. Und natürlich wird durch die Einrichtung einer Behörde, die sich der Politikgestaltung und der Finanzierung der Kommunen widmet, das wesentliche Element der Souveränität und Selbstverwaltung wieder eingeschränkt.

Der Impuls und die Vision für den Kommunalen Staat schwanden zwischen 2010 und 2012 dermaßen, dass nur noch 50 Kommunen formell gegründet wurden.

Nach seinem Wahlsieg 2012 beharrte Chávez darauf, die Kommunen mit ihrer übergreifenden Bedeutung wiederzubeleben und in seiner letzten öffentlichen Rede vor seinem Tod übertrug er die Sache der Kommunen an Maduro.

Als Chávez' getreuer Nachfolger bemühte Maduro sich nach Kräften um die Förderung der Kommunen. Aus den 50 Kommunen wurden im ersten Jahr seiner Regierung 350. Kommunen und der Kommunale Staat waren wieder Zielsetzung des Chavismus geworden und die Aufforderung war, damit so schnell wie möglich voranzukommen.

Im Jahr 2014 wurde als eine Art Generalprobe des zukünftigen Kommunalen Staates der Nationale Präsidialrat der Kommunen geschaffen. Er diente als Raum für die nationale Ausgestaltung kommunaler Politiken und Projekte direkt mit der nationalen Regierung, mit regionalen Ausprägungen in jedem Bundesstaat. Aber die Guarimbas, die gewalttätigen Straßenproteste von 2014, stoppten diesen nationalen Aufbruch und zwangen die Kommunen, sich auf die Verteidigung ihrer Territorien zu konzentrieren und sie zwangen die nationale Regierung zu Verhandlungen.

Kurz nach Ende der gewalttätigen Proteste forderten auch der Ölpreisverfall und die zunehmende ökonomische Sabotage ihren Tribut.

Trotz der Wiederaufnahme des Präsidialrats der Kommunen wurden kaum Vorschläge gemacht und Projekte durchgeführt und die Moral begann zu sinken. Zwischen 2016 und 2017 verschwanden die Kommunen fast vollständig aus der nationalen Diskussion.

Die Kommunen hörten jedoch weder auf zu existieren, noch, sich weiterzuentwickeln. Trotz aller Schwierigkeiten durch Ölpreisverfall, Inflation und wirtschaftliche Behinderungen wurden viele Kommunen sogar stärker. Sie festigten ihre Organisation, bekämpften Korruption und Sabotage und schufen neue Modelle, die auf ihren ursprünglichen Prinzipien der Souveränität basieren.

Hier sind einige Beispiele.

Die Kommune Jose Pio Tamayo und der Sozialbetrieb Vereinigte Proletarier

Kurz nach dem Tod von Präsident Hugo Chávez im März 2013 schloss die Brahma Brauerei in Barquisimeto, Bundesstaat Lara, die zum brasilianischen multinationalen Konzern Ambev gehört, illegalerweise ihren Betrieb und erklärte den Konkurs. Die Arbeiter der Fabrik akzeptierten dies nicht und übernahmen den Betrieb. Kurz darauf erhielten sie die vertrauliche Mitteilung, dass die Fabrik an die Cisneros-Familie verkauft werden solle, die in Venezuela ein ausgedehntes Monopol im Lebensmittel- und Getränkegeschäft besitzt. Zwei Jahre lang leisteten die Arbeiter im Fabrikgelände Widerstand, ohne zu produzieren, dann nahmen sie Kontakt mit der benachbarten Kommune Jose Pio Tamayo auf, mit der zusammen sie das Unternehmen in direktem sozialen, kommunalen Eigentum Vereinigte Proletarier (Proletarios Unios) gründeten.

Die Zusammenarbeit mit der Kommune ermöglichte den Arbeitern nicht nur einen legalen Firmenstatus, sondern gab ihnen auch einen neuen Anstoß, die betriebliche Produktion wiederaufzunehmen. Zusammen mit den Arbeitern suchte die Kommune Jose Pio Tamayo nach Möglichkeiten, die Fabrik auf legale Weise wieder zu öffnen und mit der Produktion neu zu beginnen. Zunächst erhielten sie aufgrund eines Beschlusses des Landwirtschaftsgerichts rechtliche Unterstützung für den Einsatz der Maschinen in der Fabrik, was ihnen die Möglichkeit gab, das Frischwasser der Brunnen auf dem Gelände zu nutzen, das sie dann an die Bauern des nahe gelegenen Halbtrockengebietes zu verteilen begannen, ebenso an Schulen und andere Einrichtungen ringsum. Bei genauerer Prüfung der Fabrik stellten sie fest, dass in den Silos noch mehr als acht Tonnen Gerste lagerten, die zwar nicht mehr für den menschlichen Verzehr, aber als Viehfutter geeignet waren. Mit der technischen Unterstützung des Kommunalen Rates Palito Blanco aus dem benachbarten Bundesstaat Zulia fingen sie an, die Gerste zur Produktion von Viehfutter zu nutzen. Es ist wichtig festzuhalten, dass fast alle Futtermittel in Venezuela von privaten transnationalen Unternehmen kontrolliert werden und es im Kontext des Wirtschaftskrieges immer schwieriger geworden ist, sie zu einem fairen Preis zu bekommen, was wiederum die Kosten der Fleischproduktion in die Höhe und viele kleine Produzenten aus dem Geschäft treibt.

Der Kommunale Rat Palito Blanco hatte bereits seit Jahren Viehfutter im eigenen Sozialbetrieb Hugo Chávez produziert und verfügt über erhebliche Erfahrung in allen Aspekten der Produktion und auch über die notwendigen Lizenzen, nicht in Venezuela hergestellte Rohstoffe einzuführen, wie etwa Sojabohnen. Mit dem Tausch von Soja gegen Gerste halfen sie dem Betrieb Vereinigte Proletarier, mit der Produktion zu beginnen.

Als Sozialunternehmen hat es jedoch nicht nur Viehfutter hergestellt und verkauft. Die Arbeiter hatten kein Interesse an reinen Geschäftsbeziehungen zu Viehzuchtbetrieben, sie nutzen ihre Produktion auch, um die Basisorganisierung voranzutreiben. Die kleinen und mittleren Produzenten, die Viehfutter von ihnen kaufen, sind zusammen mit den Arbeitern und Sprechern der Kommune Jose Pio Tamayo in einem Rat der Produzen zusammengeschlossen, in dem sie gemeinsam die Kostenstrukturen für das Futtermittel auf der Grundlage der Ausgaben und des Bedarfs der Fabrik aufstellen und einen für alle Beteiligten fairen Preis garantieren. Ausgehend von diesem Preis schaffen sie eine weitere Kostenstruktur auf der Grundlage der Futtermittelkosten und anderer vereinbarter Ausgaben der Erzeuger, um einen endgültigen fairen Preis für die Fleischprodukte zu bilden. Ein Prozentsatz der Erzeugnisse, der auf der Grundlage der Bedürfnisse der Gemeinden und der Lieferfähigkeit der Bauern vereinbart wurde, wird dann zu einem fairen Preis an die Gemeinden in der Kommune Jose Pio Tamayo und angrenzende Kommunen verteilt.

Der Rat der Produzenten ist auch der Ort, an dem die Kleinbauern sich organisieren und gemeinsame Probleme angehen, technische Unterstützung und Kredite beantragen und Maßnahmen unter anderem in Sicherheitsbelangen organisieren.

Durch die von den Vereinigten Proletariern geschaffene Allianz von Arbeitern, Produzenten oder Bauern und der Kommune entwickelt sich eine organische und partizipative Wirtschaft, die einen Teil des Konsumbedarfs der Gemeinschaft zu Preisen abdeckt, die für alle Beteiligten fair sind. Dennoch gibt es in dieser Kette ein Glied, wo private Spekulation, stattfand: die Rohstoffe, vor allem Mais und Soja. Die Kommune Jose Pio Tamayo leitete zusammen mit dem Betrieb Vereinigte Proletarier Untersuchungen mit Samen für einheimischen Mais in die Wege, und dabei kam ein Saatgut namens Guanape heraus. Dieser Samen erwies sich als sehr resistent, er benötigt weder Dünger noch Pestizide, so dass man sie nun nicht mehr von transnationalen Monopolen kaufen muss. Er hat auch 40 Prozent mehr Protein als der gewöhnlich gehandelte Mais, wodurch sich die Menge an Import-Soja verringert, die ansonsten zur Viehfutter-Produktion nötig wäre.

Nach einem Jahr Vermehrung dieses Guanape-Saatguts hat sich der Sozialbetrieb mit mehreren ländlichen Kommunen zusammengeschlossen, die Mais für Viehfutter produzieren. Diese Kommunen gehören nun zum Produzentenrat und erhalten auch einen Teil des Viehfutters und/oder der Fleischprodukte, um sie vor Ort zu verteilen. Durch diese Allianz von Kommunen, Bauern und Arbeitern schufen das Unternehmen Vereinigte Proletarier und die Kommune Jose Pio Tamayo ein partizipatives und selbstständiges kommunales Wirtschaftsmodell, das beachtet werden sollte, während Venezuela gegen Wirtschaftssabotage und den Niedergang der Ölrentenökonomie zu kämpfen hat.

Die Kommune El Panal 2021 und die Alexis Vive-Bewegung

Die Kommune El Panal 2021 (Honigwabe) und die Alexis Vive-Bewegung2 sind weitere bemerkenswerte Beispiele kommunaler Ökonomie. Diese Kommune und generell die Alexis-Vive-Bewegung haben eine erstaunliche Fähigkeit, die eigene Entwicklung und Struktur aus der Perspektive autonom organisierter Wirtschaft zu sehen. Die Kommune im berühmten rebellischen Stadtviertel 23 de Enero am Stadtrand von Caracas hat ihre eigene Verpackungsanlage, wo Bohnen und Zucker abgepackt werden. Die schwarzen Bohnen, Grundnahrungsmittel in Venezuela, stammen aus der Kooperation mit ländlichen Kommunen und Kollektiven, die zur Alexis-Vive-Bewegung gehören, sogenannten Kleinen Waben (Panalitos). Sie bilden kommunale oder kollektive Sozialbetriebe zur Herstellung dieses Produkts, das dann in der Anlage von El Panal abgepackt wird. Zucker, ebenfalls ein Grundnahrungsmittel, das in Venezuela zunehmend schwer zu finden und teuer ist im Wirtschaftskrieg, wird in Absprache mit Staatsunternehmen en gros eingekauft.

El Panal 2021 sorgt auch für Mais zur Herstellung von Maismehl für Arepas (Maisfladen, Ernährungsgrundlage der meisten Venezolaner). Sie haben zudem eine Bäckerei. All diese Produkte werden direkt in ihren Gemeinden von Haus zu Haus in einer Art verteilt, die mit den Lokalen Komitees zur Versorgung und Produktion (Clap) der Regierung vergleichbar ist, einem Programm, das entwickelt wurde, um die Bevölkerung von Preisspekulationen, Horten und illegalem Lebensmittelhandel zu befreien. Dieses kommunale System von Alexis Vive wurde mindestens ein Jahr, bevor die Clap der Regierung überhaupt im Gespräch waren, ins Werk gesetzt. Die "Panalitos" von Alexis Vive produzieren auch andere Güter des Grundbedarfs wie Seife, Kaffee, Tomatensauce und Bio-Düngemittel, meist in handwerklicher Weise und landesweit. Diese werden ebenfalls in der Kommune El Panal 2021 verteilt.

Die Kommune schuf auch ihre eigene Kabel-TV-Gesellschaft, die es den Leuten ermöglichte, überall Überwachungskameras zu installieren, zu denen Anwohner jederzeit Zugang haben und die zur kollektiven Sicherheit beitragen. Dieses Unternehmen sorgt auch für die eigenständige Finanzierung der kommunalen TV- und Radiosender.

Die Produktion in der Kommune El Panal 2021 ermöglichte ihr Investitionen ebenso in neue produktive Projekte wie auch in Hausbau und in Infrastruktur für Freizeitaktivitäten wie Basketballplätze und Sportstadien.

Die Kommune Negro Miguel und die Kommunale Achse Negro Miguel

Die Kommune Negro Miguel an der Grenze der Bundesstaaten Lara und Yaracuy beschäftigt sich nicht nur mit Produktion und Verteilung. Sie ist seit Jahren an einer Offensive gegen Korruption und zur kollektiven Wiedererlangung unproduktiven Ackerlandes beteiligt. Ihr Kampf richtet sich sowohl gegen Großgrundbesitzer als auch gegen den Staat. Im Jahr 2013 besetzte Negro Miguel verlassenes Ackerland, das La Horqueta genannt wird und den zur venezolanischen Elite gehörenden Grundbesitzern Sigalas gehörte - ungeachtet des großen Drucks wegen der guten Beziehungen der Sigalas zum Bürgermeister von der regierenden Vereinten Sozialistischen Partei (PSUV) des Bezirks Jimenez und Hauptmann der Luftwaffe, Luis Plazas. Innerhalb eines Jahres war das Land von der Kommune erfolgreich übernommen und die Produktion von Kochbananen und anderen Knollenfrüchten begann.

Im Jahr 2015, als sich der Wirtschaftskrieg verschärfte, schlossen sich Negro Miguel und fünf andere Kommunen zusammen und übernahmen 3.000 Morgen Land, die zu einem aufgegebenen Viehzucht- und Milchbetrieb der staatlichen venezolanische Lebensmittelkorporation gehörten. Das Vieh, teure importierte Milchkühe, sowie Dünger und eine erhebliche Menge schwerer landwirtschaftlicher Geräte, waren dort seit über einem Jahr verlassen. Die Kommune hatte sich darüber beim Staat mehrfach beklagt und keine Antwort kam, übernahmen sie die komplette Produktionseinheit, retteten das kranke und leidende Vieh und die Milchkühe mit ehrenamtlicher tierärztlicher Hilfe und sie erschlossen 300 Morgen Land für den Maisanbau. 2016 wurde die kollektive Maisproduktion dieser Lämderei zu Mehl für Maisfladen verarbeitet und in den lokalen Gemeinschaften verteilt.

2017 übernahmen Negro Miguel und die assoziierten Kommunen eine weitere Vieh- und Milchfarm, die direkt dem (nun Ex-)Bürgermeister und Luftwaffenkapitän Luis Plazas gehörte. Die Kommune hatte festgestellt, dass 300 Milchkühe, die meisten sehr teures importierte Zuchtvieh, auf der Farm völlig verlassen waren. Beim Betreten des Landes fand die Kommune viele der Milchkühe in beklagenswertem Zustand, dazu ein wahrer Friedhof voller Knochen und verwesender Kühe. Zu ihrer Überraschung entdeckten sie unter Gras, das darüber gewachsen war, tonnenweise Baumaterial, das zum Wohnungsbauprogramm der Regierung gehört hatte.

Und wieder fand die Kommune freiwillige tierärztliche Hilfe, um die Milchkühe zu retten, und sie gingen sofort daran, das Land zur Aussaat verschiedener Bohnensorten vorzubereiten, die sie in ihren Gemeinschaften gesammelt hatten.

Diese Übernahme stieß auf Repression und Drohungen seitens der Nationalgarde. Eine intensive Medienkampagne anderer Kommunen und kommunaler Medien verschaffte diesem Vorfall jedoch nationale Aufmerksamkeit, die es den Kommunen möglich machte, das Land zu behalten und die Produktion fortzusetzen.

Die Kommune El Maizal

Die in den Teilstaaten Lara und Portuguesa gelegene Kommune El Maizal (Das Maisfeld) ist seit ihrer Gründung 2009 eine Modellkommune gewesen. Nach Enteignung großer brachliegender Ländereien bat Chávez die umliegenden Gemeinden, eine Kommune für Landwirtschaft auf diesem Land zu gründen, und genau das wurde gemacht. Während der letzten Jahre produzierte sie über 4.000 Tonnen Mais auf dem enteigneten Land. Dadurch hatte sie genügend Überschuss zur Finanzierung eines eigenen Wohnungsbauprogramms mit über 300 Häusern für ihre Bewohner, außerdem finanzierte sie selbst die Elektrifizierung der gebirgigen Gegend, in der es vorher keinen Strom gegeben hatte, pflasterte und reparierte Straßen, baute eine neue Schule und setzte existierende Schulen in Stand, sorgte für medizinische Versorgung bedürftiger Familien und sie investierte in kommunale Betriebe für Milchproduktion und Kochgasvertrieb.

Diese Art Eigenständigkeit und Selbstversorgung ist genau das, was Chávez sich vorgestellt hatte, als er die Kommunen als Grundlage einer sozialistischen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts darlegte.

Aber als sich der Wirtschaftskrieg verschärfte, erkannte El Maizal die Notwendigkeit zur Neujustierung und Verbesserung verschiedener Aspekte ihrer Produktion und internen Organisation, um tatsächlich ihre Nachhaltigkeit zu sichern. Bisher war sie für ihre Maisproduktion stark abhängig von der Finanzierung und technischen Hilfe der Regierung. Sie bezahlten ihre Kulturen mit Regierungskrediten und übergaben gemäß Vereinbarung über 80 Prozent der Ernte an den Staat zur Verarbeitung und Verteilung, da es sich um eine regierungsfinanzierte Produktion handelte. In den Jahren zuvor war das eine bequeme Übereinkunft, Finanzierung und Verkauf waren fast automatisch garantiert. Allerdings offenbarte der zunehmende Wirtschaftskrieg ein grundlegendes Problem dieses Systems. Als der Zugang zu verarbeiteten Maisprodukten zunehmend schwieriger wurde, besonders in den ländlichen Gemeinden, wurde es immer widersprüchlicher, dem Staat den überwiegenden Teil der Produktion zu Verarbeitung und Verteilung abzugeben, wenn die Gemeinschaft dann keinen Zugang zu dem Produkt bekam. Also weigerte sich die Kommune, dem Staat die letzte Ernte abzutreten und fing an, einen Teil der Saat für die Produktion der kommenden Jahre ohne staatliche Finanzierung aufzubewahren. Sie begannen auch mit Versuchen zur Vermehrung des einheimischen Saatguts Guanape in der Hoffnung, einen erheblichen Teil ihrer Produktion aus diesem widerstandsfähigen Samen zu bekommen, ohne abhängig zu sein von importiertem Dünger und Pestiziden.

Der Plan für das Jahre 2018 ist, eine eigene Anlage zur Weiterverarbeitung von Mais für die Herstellung von vorgekochtem Maismehl für Arepas zu bauen und ebenso einen Betrieb zur Verteilung von Viehfutter in den eigenen Gemeinden und den benachbarten Kommunen. Damit werden alle Zwischenhändler ausgeschaltet, die den Zugang für die ländliche Bevölkerung dieser Kommunen blockieren oder mit Preisen spekulieren können.

Die Kommunen und die verfassungsgebende Versammlung

Die Kommunen kamen mit Maduros Aufruf zur verfassunggebenden Versammlung (ANC) am 1. Mai 2017 landesweit wieder ins Gespräch. Sie wurden als ein Sektor in die Versammlung einbezogen und seitens des Chavismus war ein zentraler Vorschlag, die Kommunen und den Kommunalen Staat in die neu zu formulierende Verfassung mit aufzunehmen.

Die Prinzipien der Kommunen ‒ unmittelbare Teilhabe, Demokratie und Eigenständigkeit ‒ sind in der Verfassung aus dem Jahr 1999 zwar enthalten, sie werden als solche aber formal nicht benannt, und obwohl zur Unterstützung dieses Systems verschiedene Gesetze erlassen wurden (Gesetze über die Kommunalen Räte, die Kommunen, die Kommunale Wirtschaft) könnten diese doch im Falle der Machtübernahme durch die Opposition schnell wieder zurückgenommen werden. Die Absicht ist, die Kommunen und den Kommunalen Staat in der neuen Verfassung zu verankern, um ihnen Dauerhaftigkeit als Teil der nationalen Prinzipien und des nationalen Projekts zu geben.

Die Opposition reagierte gewaltsam auf diesen Vorschlag. Nahezu die gesamte Oppositionspropaganda gegen die Wahlen zur verfassunggebenden Versammlung richtete sich gegen die ANC als eine "Versammlung der Kommune". Das war für sie wohl einer der Hauptgründe, nicht mitzumachen, denn der Kommunale Staat steht in jeder Hinsicht im Widerspruch zu ihrer politischen und wirtschaftlichen Vision.

Mit großer Anstrengung und inmitten tödlicher Gewalt, die mehr als 150 Tote forderte, umgingen acht Millionen Venezolaner Barrikaden, waren mit gewalttätigen Angriffen konfrontiert und marschierten viele Kilometer zu den weg verlegten Wahlzentren, um am 30. Juli für die nationale verfassungsgebende Versammlung zu stimmen.

Jetzt, drei Monate nach ihrer Einführung und obgleich die ANC bei der Bändigung der oppositionellen Gewalt eine entscheidende Rolle spielte und viele Fälle von Gewalt seitens der Oppositionellen ebenso wie seitens der Sicherheitskräfte vor Gericht brachte, warten Kommunen und soziale Bewegungen immer noch darauf, dass ihre Vorschläge diskutiert werden.

Die einzig bisher behandelten und beschlossenen wirtschaftspolitischen Vorschläge betreffen den Verkauf von venezolanischem Erdöl zu chinesischem Yuan und anderen Währungen anstelle des US-Dollar (was interessant ist, obgleich ein Effekt auf die Dollarspekulation abzuwarten bleibt), ferner ein Preisstopp für einige Grundnahrungsmittel, der beschlossen wurde, aber noch nicht in die Praxis umgesetzt wurde.

Die kommunale Bewegung hat sich nicht ruhig verhalten angesichts des Mangels an Aktivität und Debatte in der ANC. Im September ging das Nationale Netzwerk der Kommunarden auf die Straße und forderte die Diskussion über eine Reihe von Punkten, und der erste bezieht sich darauf, die Kommunen in den Mittelpunkt der Debatte über die dringenden wirtschaftlichen Maßnahmen zu stellen.

Eine weitere Schlüsselforderung war die lang erwartete Einbeziehung der Kommunen selbst in die neue Verfassung: Der Vorschlag des Netzwerks und vieler anderer prominenter Stimmen aus der Bewegung betrifft die Aufnahme der Kommunen als 6. Gewalt, die zu den fünf bestehenden hinzukommt3. Dieser Vorschlag braucht jedoch eine gründliche Diskussion, denn die Etablierung als sechste und gesonderte Gewalt ignoriert die ursprüngliche übergreifende Funktion der Kommunen, die notwendig ist, um zu einem wirklich Kommunalen Staat zu gelangen.

Katrina Kozarek ist Aktivistin der Sozialistischen Kommune Ataroa und arbeitet auch als Videojournalistin für Venezuelanalysis.com. Dieser Artikel ist die von Venezuelanalysis bearbeitete Fassung eines Web-Seminars, das sie am 31. Oktober 2017 für die Alliance for Global Justice gehalten hat

  • 1.Das Ley Orgánica ist ein Sondergesetz. Die Verfassung Venezuelas regelt in Artikel 203, dass solche Gesetze zur Verabschiedung genauso wie zur Veränderung eine Zweidrittelmehrheit benötigen. Damit ist eine erneute Reform oder gar eine Abschaffung erschwert
  • 2.Politisch-soziale Organisation u.a. in Caracas, benannt nach Alexis González, einem jungen Aktivisten aus dem 23 de Enero, der bei der Revolte gegen den Putschversuch gegen Präsident Hugo Chávez im April 2002 von der Polizei erschossen wurde
  • 3.Neben Exekutive (Regierung), Legislative (Parlament) und Judikative (Gerichte) wurden in Venezuela mit der Verfassung von 1999 zwei weitere Staatsgewalten eingeführt: Der Moralische Rat der Republik, der aus Ombudsstelle, Generalstaatsanwaltschaft und Contraloria General (entspricht etwa dem deutschen Bundesrechnungshof) besteht und der Nationale Wahlrat (CNE)
 
Bereits 2011 konnte amerika 21 berichten:  Anlässlich des internationalen Tags des Wassers am 22. März hat die Regierung Venezuelas die Fortschritte des Landes bei der Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Wasser

hervorgehoben. Während vor dem Antritt Hugo Chávez' als Präsident des südamerikanischen Landes noch 19 Prozent der Bevölkerung keinen Zugang zu fließendem Trinkwasser gehabt habe, sei diese Zahl auf nur vier Prozent gesenkt worden, erklärte Chávez bei einem Festakt im Armenviertel La Vega in Caracas. Damit sei schon vorzeitig ein Ziel der UN-Millenniumskapagne erreicht worden. Deren Teilziel 14 im Bereich ökologische Nachhaltigkeit beinhaltet die "Halbierung des Anteils der Menschen ohne dauerhaft gesicherten Zugang zu hygienisch einwandfreiem Trinkwasser" bis 2015.

Diese Verbesserung des Zugangs zu Trinkwasser ist neben großen Investitionen in diesen Bereich auch auf ein Partizipationsmodell in der Planung und Umsetzung von Wasserprojekten zurückzuführen. Die sogenannten "Wassertische" (Mesas Técnicas de Agua, MTA) sind Basisgruppen vor allem in den Barrios Venezuelas. Gemeinsam mit den staatlichen und kommunalen Wasserbetrieben arbeiten sie an der Verbesserung der Versorgung. Heute bestehen staatlichen Angaben zufolge etwa 7.500 dieser Komitees im ganzen Land. Die basisdemokratisch legitimierten Wassertische erstellen Analysen der Probleme in ihrer Nachbarschaft und koordinieren dann deren Lösung in in sogenannten Kommunitären Wasserräten (Consejos Comunitarios de Agua, CCA) mit Ingenieuren und Vertretern der Wasserbetriebe.

Größere Projekte werden neben Investitionen durch die Wasserbetriebe durch das Umweltministerium oder Sonderausgaben der Regierung finanziert. So wurde auch während der Feiern des Wassertages die Investition der Regierung in Höhe von 1,6 Milliarden Bolívares (etwa 270 Millionen Euro) in die Verbesserung der Wasserversorgung der Hauptstadt Caracas in den kommenden zwei Jahren verkündet. Die Instandhaltungsarbeiten am Aquädukt von Groß-Caracas sollen dabei von den Wassertischen überwacht werden. Seit 1998 habe die Regierung jährlich etwa 600 Millionen US-Dollar (etwa 420 Millionen Euro) in den Ausbau der Wasserversorgung investiert, erklärte Rodolfo Roa Delgado vom Umweltministerium am Dienstag. Insbesondere in der Hauptstadt ist die Wasserversorgung äußerst kompliziert, weil das Wasser aus weiter Entfernung in die auf etwa 900 Meter über dem Meer liegende Stadt gepumpt werden muss.

Die 1999 verabschiedete Verfassung Venezuelas verbietet die Privatisierung des Wassers, indem sie in Artikel 304 alle Gewässer zu "öffentlichen Gütern der Nation" erklärt. Im Jahr 2007 machte das "Wassergesetz" (Ley de Aguas) den Zugang zu Wasser zu einem "fundamentalen Menschenrecht".