Aufstehen intern - Die Hintergründe der Entmachtung von Sahra Wagenknecht 

Nach der Entmachtung der Facebook Linken  durch Nicht-Berücksichtigung ihrer Vertreter in den Führungsstrukturen von "Aufstehen" hatten die Bülow-SPD-Protagonisten der PSP Progressiven  eine Machtstellung in den Führungsstrukturen der Bewegung erlangt. 

Eine echte Demokratisierung der Bewegung war von oben im Kern auch nie gewollt. 

Am 10. März 2019 verkündete Sahra Wagenknecht ihren Entschluss, sich bei Aufstehen aus der vordersten Linie zurückzuziehen. Nur einen Tag später erklärte sie, bei den im Herbst anstehenden Neuwahlen für den Fraktionsvorsitz der Bundestagsfraktion der Partei DIE LINKE nicht mehr antreten zu wollen.

Aufstehen war von Beginn das Projekt Sahra Wagenknechts und mit ihr auch von Oskar Lafontaine. Es sollte ihr eine Machtbasis verschaffen, um so verlorengegangenen Handlungsspielraum in der Linkspartei zurückzugewinnen, der ihr von der Parteiführung und einer stetig wachsenden Gruppe von Abgeordneten Schritt um Schritt genommen worden war. Auf dem Leipziger Parteitag im Juni 2018 war Wagenknechts Isolierung unübersehbar geworden: Das Präsidium des Parteitags hatte unter Billigung der Parteivorsitzenden Kipping und Riexinger die eigene Fraktionsvorsitzende in entwürdigender Weise den wütenden Angriffen ihr feindlich gesonnener Delegierter ausgeliefert - ein in der bundesdeutschen Parteiengeschichte einmaliger Vorgang. Diese Attacke und das nachfolgende, nicht enden wollende Mobbing konnten nicht ohne Einfluss auf ihre Gesundheit bleiben.

Seit dem Parteitag stand fest, dass Wagenknecht nur noch Fraktionsvorsitzende auf Abruf ist. Spätestens für die im Herbst 2019 fällige Neuwahl des Fraktionsvorstandes erwartete man ihre Niederlage. Mit den wachsenden Problemen bei Aufstehen schwand zugleich die Hoffnung Wagenknechts, ihren schwindenden innerparteilichen Einfluss durch eine Machtbasis außerhalb der Partei kompensieren zu können. Ihre Stellung in der Fraktion wurde unhaltbar. Ihr Verzicht auf den Fraktionsvorsitz und ihr Rückzug bei Aufstehen waren nur konsequent.

Seit dem 15. 1. gab es einen 6 köpfigen Vorstand, der die endgültige Entmachtung von Sahra Wagenknecht  und den Linken auch an der Spitze deutlich machte. 

Gleichzeitig führte Lafontaine Sondierungsgespräche mit der SPD, die diese Partei bewegen sollte mit "Aufstehen" zu kooperieren.  Es gelang ihm jedoch nicht, relevante Führungskader für dieses Projekt zu gewinnen,   

Mit Fabio de Masi und Sahra Wagenknecht standen mit 2 Linken  vier Nichtlinke im Vorstand gegenüber. Der Bülow-Flügel hatte mit Grünen zusammen fortan die Mehrheit.

Ausgerechnet die graue Eminenz Oskar Lafontaine hatte diese quasi Entmachtung von Sahra Wagenknecht vorgeschlagen.

Damit zeichnete sich ein Rückzug von Sahra Wagenknecht aus den Führungsstrukturen von Aufstehen bereits ab.  Der selbst ernannte  Vorstand wurde zudem von der Basis seither nicht mehr anerkannt.

Natürlich gab es  vorher auch Überlegungen sich an den EU Wahlen zu beteiligen und womöglich eine Partei zu gründen. Das wurde erst jetzt so richtig deutlich. 

Diese waren in kleineren Kreisen auch konkret entwickelt. Dabei sollen nur vier Aktivisten der Bewegung beteiligt gewesen sein. 

Sie wurden beerdigt mit einer flammenden Rede von Oskar Lafontaine im Arbeitsausschuss von Aufstehen und zwar im Dezember 2018.

In diesem zeitlichen Kontext gab es seinerzeit auch die mit Spannung erwartete Parteivorstandssitzung der Linken, wo alle einen großen Knall  gegfn Sahra Wagenknecht und ihre Entmachtung alks Fraktionsvorsitzende der Linbksfraktion zuvor befürchteten und dann plötzlich mit einem gemeinsamen Konsenspapier von Kipping / Riexinger / Wagenknecht und Bartsch, in dem im Prinzip mitgeteilt wurde, dass die Frage der Arbeitsmigration zunächst auf Eis gelegt wird, der Burgfrieden ausgerufen wurde.

Damit war dann auch die Frage einer möglichen Abwahl von Wagenknecht bei der Fraktionssitzung Mitte Januar vom Tisch.

Man muss das immer alles im Kontext sehen.

Auf die näheren Gründe, warum die EU-Wahlbeteiligung wieder auf Eis gelegt wurde, kann man nur spekulieren. 

Wahrscheinlich häte sahra Wagenknecht dann der Vorwurf der Spaltung der Linkenb gedroht, den sie als Linken Fraktionschefin politisch nicht überlebt hätte, 

Für die weitere Entwicklung von Aufstehen war es auf jeden Fall ein zentraler und grundsätzlicher Fehler.

Dass Oskar Lafontaine nun beginnt darüber öffentlich zu lamentieren kann man nur so verstehen, dass er die Wiederholung derartiger Fehler für die Zukunft ausschließt.

Ob Aufstehen bis zu einem vergleichbaren wahlpolitischen Anlass indes nun noch durchhält, ist freilich eine andere Frage.

Aufstehen war eben niemals wie eine normale außerparlamentarische Bewegung zu verstehen, sondern als politische, als linkspopulistische Bewegung. Da stellt sich dann immer die Frage der Dialektik zwischen parlamentarischem und außerparlamentarischem. Was man OL ankreiden kann, ist der Umstand, dass er hinsichtlich einiger Bündnispartner diesbezüglich keine offene Debatte führte, was den Charakter dieser Bewegung anbetrifft. Vielleicht war ihm dies aber auch selber zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig klar.

 Das Experiment, die Unterstützer von Aufstehen mittels Internet mitentscheiden zu lassen, funktionierte nicht. Den sich an vielen Orten bildenden Gruppen wurde keine inhaltliche oder organisatorische Hilfestellung gegeben. Man überließ sie sich selbst. Die Erstunterzeichner des Gründungsaufrufs wurden nicht in die Entscheidungsabläufe eingebunden. Schließlich waren die Demonstrationsaufrufe „Würde statt Waffen“ und „Aktion#BunteWesten“ inhaltsleer - nur wenige folgten ihnen.

Die Bewegung litt aber vor allem unter Unklarheit über ihre politische Ausrichtung. Immer häufiger wird in Deutschland davon gesprochen, dass eine populäre Linke fehlt, eine Linke, die sich als soziale und nicht als eine kulturalistische versteht, für die der Klassenwiderspruch und nicht die bloße Bündelung der Interessen von Minderheiten im Mittelpunkt steht. Aufstehen hätte dieses Neue sein können. 

Facebook-Linke sammelten deshalb als Neue Linke Bewegung (NLB) schon ein Jahr vor Gründung von Aufstehen tausende linke für die neue Sammlungsbewegung. Es gab sogar ein basisdemokratisches und vergesellschaftungssozialistisches Manifest, dass Sevim Dagdelen anfangs sogar  im Gründungsaufruf von "Aufstehen " partiell berücksichtigen wollte. 

Doch weil man Sozialdemokraten nicht verschrecken  wollte, hat man die Facebooklinken nicht berücksichtigt und eine Bewegung von oben geschaffen.  

Ein weiterer grosser Fehler von Oskar Lafontaine war es, diesen Proporzvorstand mit 2 Linken 2 Sozis und 2 Grünen selber vorgeschlagen zu haben obwohl er zur Entmachtung von Wagenknecht und damit der Linken in der Bewegung zugunsten des Bülowflügels an der Spitze führte.  

Für Sahra Wagenknecht kamen dann gesundheitliche Gründe dazu, die zum Rücktritt auch als Fraktionsvorsitzende führten. Zudem das Mobbing des Parteivorstandes gegen die Fraktionsvorsitzende. 

Zusammen mit dem vorläufigen Scheitern von "Aufstehen als  von oben  durch selbsternannte Vertreter zentral geführte  Bewegung gab es also eine Mixtur verschiedener Gründe, die zum Rücktritt von Sahra Wagenknecht führten. 

Nachdem das Projekt jetzt fast in den Brunnen gefallen ist, ist man endlich bereit, die Macht an die Basis abzugeben sowie basisdemokratische Strukturen von unten zuzulassen und als Restvorstand zurückzutreten. Es bleibt die Frage, ob das jetzt nicht zu spät ist. Erste Basisvereine wie in Bielefeld  werden Ende des Monats gegründet.