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Aufständlerin Wagenknecht erteilt Nationalismus eine Absage 

Die Aufständlerin Sahra Wagenknecht hat in einem Interview mit Jakob Augstein im  " Der Freitag" dem Nationenbegriff und damit  Nationalismus  als politischen Ordnungsbegriff an sich eine klare Absage erteilt.

Es gehe nicht um den Nationenbegriff an sich sondern darum, das alle sozialen Rechte territorial im Lande erkämpft wurden - insofern könne man auch von "Territorialbegriff" sprechen.

Im Prinzip sei sie  auch für offene Grenzen, wenn es eine gerechte Welt jenseits der globalkapitalistische Realität gäbe.

Augstein: Aber wenn es um Solidarität mit den Schwächsten geht – mit den Migranten –, müssen dann nicht alle Meinungsverschiedenheiten hintanstehen? Wagenknecht: 

Selbstverständlich brauchen wir mehr Solidarität in unserer Gesellschaft. Die Unterstützung von Flüchtlingen und ihre Verteidigung gegen rechte Hetzer ist dabei ein wichtiger Punkt. Aber wer eine solidarische und tolerante Gesellschaft fordert und sich nicht zugleich gegen verschärfte Ausbeutung und eine zunehmende Verrohung unserer ökonomischen Beziehungen wendet, ist unehrlich. Wenn die Leidtragenden der neoliberalen Globalisierung hier bei uns das Gefühl bekommen, dass die gesellschaftliche Linke sich für ihr Schicksal nicht mehr interessiert, treiben wir sie der Rechten in die Arme.

  

Und zum Nationenbegriff sagt sie klarstellend: 

Augstein : Ich könnte mir vorstellen, dass es einen anderen Grund gibt, warum Ihnen die Leute das nicht glauben. Sie weichen vom Code ab, den bestimmte Linke für zwingend halten. Sie sprechen vom „Nationalstaat“ als etwas, das man nicht überwinden muss.  Wagenknecht: 

Meinetwegen kann man vom „Territorialstaat“ sprechen. Es geht nicht um die Nation. Es geht darum, dass es außer- oder oberhalb der Staaten keine institutionellen Voraussetzungen für Demokratie und soziale Sicherungssysteme gibt. Nur die Staaten können, wenn sie denn wollen, den Kapitalismus wieder bändigen, im Interesse derer, die in ihnen leben.

Sie trauen eine solche Bändigung der EU nicht mehr zu. Und landen dann beim nächsten Begriff, der einem Großstadtlinken Schauer den Rücken hinunterjagt: dem Wort „Grenze“. Im Programm Ihrer Partei ist von offenen Grenzen die Rede. Was meinen Sie, Grenze auf oder Grenze zu?

Auch mein Traum ist eine Welt ohne Grenzen. Eine Welt mit so ausgeglichenen Wohlstandsniveaus, dass man keine Grenzen mehr braucht. Aber in unserer Gegenwart profitiert nur das Kapital von einer „Welt ohne Grenzen!“, nicht die Menschen. Der grenzenlose Kapitalismus ist ein neoliberal entfesselter Kapitalismus. Er verbessert nicht die Lebensverhältnisse der Menschen, sondern die Gewinne der großen Unternehmen. Und noch mal zum Staat: Ich hätte nichts dagegen, wenn wir eine funktionierende Demokratie auf europäischer Ebene hätten oder funktionierende demokratische Institutionen auf globaler Ebene. Es gibt sie aber nicht. Es spricht wenig dafür, dass sie bald entstehen, weil wichtige Voraussetzungen für eine funktionierende Demokratie auf dieser Ebene fehlen.

Man wirft Ihnen vor, durch die Revitalisierung des Nationen-Begriffs Ihre Sammlungsbewegung nach rechts zu öffnen. Es heißt, Sie wollten AfD-Wähler einsammeln und mit den Linken eine Querfront bauen.

Wir müssen uns doch ansehen, was viele AfD-Wähler vor fünf, zehn Jahren noch gewählt haben. Im Ruhrgebiet war das die SPD, im Osten die Linke. Natürlich müssen wir versuchen, diese Menschen zurückzugewinnen. Ich will keine Nazis einsammeln. Wer ein Rassist ist, ist bei der AfD gut aufgehoben.

Ansonsten hebt Wagenknecht den angeblichen Erfolg der Bewegung "Aufstehen" hervor, da sich über 160 000 Menschen registriert hätten.

Das sich schon wie im Saarland antilinke Migrationshetzer wie der Kabarettist Detlev Schönauer beteiligen und Vergesellschaftungslinke in offiziellen Grippen der Sozialen Netzwerke gesperrt wurden, blendet sie aus. 

In den Leitungsgremien befinden sich nur wenige Linke wie Sevim Dagdelen oder Fabio de Masi, die als enge Vertraute von Wagenknecht gelten. Ansonsten wurde kein einziger Linker der Neuen Linken Bewegung Mitglied dieser Gremien. Nur Sozialdemokraten des  rechten Bülow Flügels der Bewegung und wenige  Grüne sind da vertreten, die im Grundsatz den Neoliberalismus der SPD und der Grünen als Parteimitglieder mittragen.    

Insofern droht das Kapern  der Bewegung durch Sozialdemokraten, die die Bewegung zum SPD Wahlverein umfunktionieren könnten, weil sie die Mehtrheit in dioesen Gremien haben und somit auch den Internetauftritt der Bewegung kontrollieren. 

Soe schreien übrigens am Lautesten, das angenliche Trittbrettfaher die Bewegung nutzen würden - dabei haben gerade  sie als das vermeintliche Original keinetlei demokratische Legitimierung durch die Basis.  

Durch Sperrungen und Vorauswahl sowie Selektion in Sozialen Bewegungen versucht der rechte Flügel der Bewegung vor Ort nur solche Mitglieder zuzulassen, die sich der Linie der anbiederung an den Neoliberalismus der SPD ergeben . So sollen echte Vergesellschaftungslinke im Vorfeld aussortiert werden.

Nur haben bisher in Europa nur solche linken sammlungsbewegung wirklichen Erfolg, die sich klar von der neoliberal antarteten Sozialdemokratie abgrenzen . Das galt für Syriza in Griechenland genauso wie für la france insoumise mit Melenchon in Frankreich. Alle kperierten mit Marxisten ud grenzten sich von etablierte Mainstreeam-Sozialdemokraten ab.  So wird der Bewegung schon im Vorfeld leider eine Chance auf einen echten Erfolg in der Gesellschaft geraubt.   Eibe zweite oder dritte neoliberal-systemisch ausgerichtete SPD braucht kein Mensch.  

Eine Parteigründung schliesst Sahra Wagenknecht aber auch nicht aus . Sie präferiert sie aber auch nicht. So betrachtet bleibt es also eine offene Frage.  

Augstein: Was sagen Sie denn den Leuten, die Aufstehen wählen wollen?Wagenknecht:  Das sagen viele, stimmt. Meine persönliche Meinung lautet: Es spricht einiges dagegen, die gesellschaftliche Linke weiter aufzuspalten. Bei Aufstehen engagieren sich etwa 11.000 Mitglieder der Linken, etwa 5.000 von der SPD und ungefähr 1.500 von den Grünen. Da in Deutschland Bewegungen nicht gewählt werden können, müssten wir aus Aufstehen eine neue Partei formen, um antreten zu können. Dann müssten all diese Mitglieder bestehender Parteien sich entscheiden, wo sie mitmachen. Anstatt eine neue Partei zu gründen, würde ich daher lieber die bestehenden Parteien verändern.

Im Ergebnis glauben nur etwa 20 % der Befragten an einen Erfolg der linken Sammlungsbewegung nach dem Start. Zweidrittel glauben eher nicht an einen Erfolg dieser Bewegung.  

Und auch das Rebellische und Aufständlerische von "Aufstehen " wird gestreift - den Kern von "Aufstehen".  Aber man beraubt  sich diesem Kern selber wenn - anders bei den erfolgreichen linken Volksbewegungen von Syriza über la france insoumise bis Momentum in GB und anderswo  in Europa-  Vergesellschaftungslinke ausgeschlossen werden.  Deshalb stellt Augstein diese Frage nach dem Wesenskern der Bewegung, die sich gegen Konzernherrschaft der Oligarchen und der Superreichen richten könnte. 

Augstein: Die Deutsche Bank hat hier um die Ecke eine Filiale: Unter den Linden. Da könnte man einen Farbbeutel gegen werfen, wenn man wollte.

Wagenknecht: Die Leute ahnen doch, dass ihre Farbbeutel die Deutsche Bank nicht vertreiben.  Menschen werden anfällig für Intoleranz und Fremdenhass, wenn sie sich permanent zurückgesetzt fühlen. Das ist wirklich der Klassiker in den Mails, die ich bekomme: Da schildert jemand, warum es ihm schlecht geht, warum er wütend ist, über seinen schlechten Job, die miese Rente, die explodierenden Krankenkassenbeiträge – und dann kommt er mit der Flüchtlingsfamilie nebenan, die nie ins Sozialsystem eingezahlt hat und trotzdem Leistungen bekommt. Natürlich ist es unsere Aufgabe als Linke, klarzumachen, wer für miese Löhne und schlechte Renten die wirkliche Verantwortung trägt. Aber trotzdem: Es ist Ergebnis des jahrelangen Sozialabbaus, dass die Leute ansprechbar sind für solche Sündenbock-Theorien. Deswegen kann ich auch nicht nachvollziehen, wenn sogar Linke Frau Merkel loben. Sie hat die soziale Spaltung weiter vertieft. Dass die AfD heute als Oppositionsführer im Bundestag sitzt, ist das Ergebnis ihrer Politik. Und wenn man es noch weiter zurückverfolgt: wahrscheinlich gäbe es ohne Agenda 2010 auch keine AfD.