Neoliberale starten Generalangriff auf den Sozialstaat

Nach Jakob Augstein jetzt auch Rainer Hank: Sozialstaat ist voll Nazi-like von Norbert Häring 

- leicht überarbeitet -  Link im Anhang 

Mit keinem Wort geht das (pseudo)-linke Feigenblatt des neoliberal durchwobenen Spiegel in seinem Traum eines Deutschlands mit offenen Grenzen, aber ohne Sozialstaat, auf die Fluchtursachen ein: den geheimen Krieg der USA gegn Syrien, die vom Westen und den verbündeten absolutistischen Golfmonarchien finanzierte Destabilisierung Syriens, das Zerbomben eines funktionieren libyschen Staates zurück in die Stammes-Anarchie und die damit einhergehende Waffenschwemme in der Region, mit fatalen Folgen insbesondere für Westafrika, Stichwort Mali.

Wie schon Jens Berger auf den NachDenkSeiten treffend darlegte, träumt Augstein seinen "deutschen Traum" in einer Wohlstandsblase, an der auch in der Bundesrepublik nur wenige teilhaben, und verkennt dabei, dass niemand freiwillig flieht und es von extremer Egozentrik zeugt, wenn man die Flucht anderer Menschen zu seinem eigenen linksliberalen Traum verklärt.

Wenn man aus progressiver Sicht einen Traum haben kann, dann doch wohl den, dass kein Mensch mehr gezwungen ist, aus politischen oder ökonomischen Gründen seine Heimat zu verlassen", so Berger in seiner Replik.

Augstein wird in seiner mit pseudo-linken Floskeln übertünchten neoliberalen Fantasie aber noch deutlicher.

In einem an seine Kolumne anschließenden Videogespräch mit seinem Kolumnen-Kollegen Fleischhauer schiebt er nach, dass "man sich nichts vormachen" solle, es ginge "natürlich um einen Abbau der Standards".

 Die Reste des bundesdeutschen Sozialstaats nennt er in diesem Gespräch bezeichnender Weise "Luxusaltenheim Deutschland, in dem betreutes Wohnen für alle gilt" – das "wird dann [nach der Öffnung der Grenzen für alle] natürlich nicht mehr funktionieren", so Augstein weiter, um dann abzuschließen: "Aber dieses Luxusaltenheim Deutschland muss ohnehin bald die Pforten schließen, da niemand da ist, der es bezahlt", so der Kolumnist und Verleger mit einem sorgenfreien Kontostand.

Mit einem noch perfideren Text als dem von Spiegel-Online-Kolumnist Jakob Augstein hat der Wirtschafts-Ressortleiter der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung offengelegt, worum es beim allgemeinen Populismus-Bashing geht: Um Diskreditierung und Abbau des Sozialstaats.

Mit Augsteins Text habe ich mich nicht bloggend beschäftigt, weil das die Nachdenkseiten unter dem Titel „AfD-Wahlkämpfer der Woche: Jakob Augstein“ treffend und zur Genüge getan haben. Das pseudo-linke und inzwischen neoliberale Aushängeschild (oder Feigenblatt) des Spiegel schrieb im Untertitel seiner Spiegel-Online-Kolumne vom 9. Juli:

„Durch Einwanderung könnte Deutschland zum neuen, besseren Amerika werden. Wir müssten uns nur von lieben Gewohnheiten verabschieden - zum Beispiel vom Sozialstaat, wie wir ihn kennen.“

Das war keine verfälschende Zuspitzung von anderen, wie es bei Titeln ja manchmal vorkommt. Das vertrat er in seiner Kolumne „Ein deutscher Traum“ explizit so. These: Offene Grenzen vertragen sich nicht mit dem Sozialstaat. Also weg mit dem Sozialstaat.

Nur sechs Tage später kommt die FAS mit einem Aufmacher des Wirtschaftsteils von Ressortleiter Rainer Hank unter dem Titel „Nationalsozial“, bzw. auf FAZ.net "Nationalsoziale Alternative" in dem dieser das Gleiche von sich gibt, nicht ganz so offen, aber dafür wortreicher und voller infamer Verleumdungen und perfider Verdrehungen. Vorbild sind wieder die USA:

„Man kann offene Grenzen haben oder einen üppigen Wohlfahrtsstaat, aber keinesfalls beides zusammen, das war dem Chicagoer Ökonomen Milton Friedman schon 1978 bewusst. Amerika hat sich für viel Einwanderung entschieden, nimmt dafür aber weniger Sozialstaat in Kauf.“

So schreibt Hank in der fünften und letzten Spalte seines Textes. Er übernimmt damit klar die Einschätzung, dass offene Grenzen für alle mit einem Abbau des Sozialstaats einhergehen müssen.

Vorher hat er vier Spalten lang durch selektive Auswahl von Aussagen einzelner Politiker die AfD  zur „Partei der sozialen Gerechtigkeit“ stilisiert, die das nur offiziell noch nicht sei, aber faktisch eigentlich schon.

Damit treibt er die üblich gewordene Masche auf die Spitze, alle in der Bevölkerung weithin vertretenen Positionen und Wünsche, die von der großen schwarz-rot-grünen Koalition nicht (mehr) angemessen vertreten werden, als AfD-nah und damit unanständig zu brandmarken.

Das trifft jetzt also auch schon den Sozialstaat zur Gänze. Er ist AfD-Position und damit Bäh. Das ist wenigstens konsequent.dabei ist die AfD in Wahrheit die Partei des asozialen Sozialstaatsabbaus, Es wird durch Leitmedien den Menschen nur nicht gesagt. 

Bescheidene Forderungen wie die Stabilisierung des Standard-Rentenniveaus bei 50 Prozent, weit unter dem österreichischen Niveau, werden ebenso als Populismus abqualifiziert, wie die Kritik an der Riester-Rente, mit der sich erwiesener Maßen nur die Finanzbranche staatlich subventioniert die Taschen vollgemacht hat.

Diese Kritik ist nicht nur rechts-populistisch, sie ist sogar  pseudo-antikapitalistisch, ebenso wie Forderungen nach Begrenzung der Leiharbeit und Rückdrehen der Hartz-Gesetze, die man auch von jedem aufrechten Sozialdemokraten hören kann.

Was an Zuständen  aber wirklich antikapitalistisch sein soll, mit denen der bundesdeutsche Kapitalismus jahrzehntelang hervorragend gefahren ist, versucht der Chef-Wirtschaftsexperte der einflussreichen Zeitung nicht einmal ansatzweise zu erklären.

Nebenher wird noch die angekündigte linke Sammlungsbewegung um Sahra Wagenknecht  im Schnellverfahren verunglimpft und mit Nazi-Wurzeln versehen, weil sie die von Hank bevorzugte Wahl der USA ablehnt, und lieber den Sozialstaat bewahren als die Grenzen für alle öffnen wolle:

„Ihre Wurzeln hat sie in Deutschland im sogenannten Tat-Kreis der dreißiger Jahre und beim linken Flügel der NSDAP, die sich das Ziel eines deutschen Sozialismus auf die Fahnen geschrieben haben.“

Voll Nazi also. Eine echte Frechheit des Ideologen des Neoliberalismus.   Es ist schon ungewöhnlich, dass sich damit der FAS-Ressortleiter implizit der grotesk übersteigerten Kritik der Linksmilitanten der RAF und ihrer Unterstützer aus früheren Zeiten anschließt, wonach die Bundesrepublik ein im Kern faschistischer Staat war.

Denn sie hat ja bis vor kurzem im allgemeinen Konsens die Grenzen geschützt und den Sozialstaat verteidigt.

Dass Hanks Text so extrem daherkommt, wenn man ihn durchdenkt, liegt an der totalitär-neoliberalen Grundeinstellung des Autors.

Für ihn kann es keine vernünftige Alternative zum Kapitalismus angelsächsisch-neoliberaler Prägung geben. Der  neoliberale Kapitalismus soll alternativlos erscheinen. 

Interessengegensätze werden einfach weggeleugnet. Wer nicht einsieht, dass der neoliberale Kapitalismus das einzig Wahre ist, ist dumm, Populist, Faschist oder Schnorrer.

Mit diesem Text hat Hank zweifellos Augstein als Top-Wahlkämpfer der AfD überflügelt.

Aber was stören aufrechte Neoliberale schon ein paar Prozent mehr für die AfD, wenn sie dafür den Sozialstaat leichter abbauen können, weil keiner ihn mehr verteidigen will, aus Angst als Populist oder gar  als Pseudo-Nazi abgestempelt zu werden.