Cuba bleibt  sozialistisch 

Vergesellschaftung der Produktionsmittel und Kern-Betriebe bleibt erhalten

Kuba gibt sich eine neue Verfassung. Am kommenden Wochenende soll das Parlament in Havanna über einen ersten Entwurf beraten, aus dem die Tageszeitung Granma am Sonnabend Auszüge vorstellte. Anschließend sollen die Reformvorschläge in der Bevölkerung diskutiert werden.

Wie das ­Zentralorgan der KP Kubas am Sonnabend berichtete, soll das Land künftig als »sozialistischer, demokratischer, unabhängiger und souveräner Rechtsstaat« definiert werden.

Zu den wichtigsten Verfassungsgrundsätzen gehören demnach »die Freiheit der Bürger, die Garantie von individuellem Recht und sozialer Gerechtigkeit, Solidarität und Humanismus«. Die derzeitige Verfassung, die 1976 per Volksentscheid angenommen und 1992 sowie 2002 teilweise reformiert worden war, entspreche nicht mehr den aktuellen Bedingungen, begründete Staatspräsident Miguel Díaz-Canel das Projekt.

Zu den Kernpunkten gehört die Anerkennung eines privaten Wirtschaftssektors und des »freien Marktes« in einem eingeschränkten und kontrollierten Umfang.

Mit der Verankerung von nichtstaatlichem Eigentum und Genossenschaften in der Verfassung soll ein Rechtsrahmen für den vor gut zehn Jahren eingeleiteten Prozess der Zulassung kleiner und mittlerer Privatbetriebe geschaffen werden.

Diese werden dem Bericht in der Granma zufolge aber auch künftig nur ergänzenden Charakter haben. Die Produktionsmittel und das Eigentum der strategisch wichtigen Wirtschaftssektoren blieben weiterhin in den Händen des Staates. Auch der sozialistische Charakter des politischen Systems und die führende Rolle der Kommunistischen Partei in Gesellschaft und Staat sollen in der künftigen Verfassung festgeschrieben bleiben. Vorgesehen ist auch die Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten und anderer führender Repräsentanten auf zweimal fünf Jahre sowie die Aufteilung der politischen Macht zwischen dem Staatsoberhaupt (Präsident) und einem Regierungschef (Premierminister). Zur Debatte steht ferner eine Reform des Wahlsystems.

Während westliche Agenturen vor allem die »begrenzte Zulassung von Privatbesitz« in der aktuellen Verfassungsdebatte herausstellen, werden andere Punkte unterschlagen, die weltweit Modellcharakter haben könnten. So sollen der »Schutz und Erhalt der Umwelt« sowie die »Verpflichtung zur Bekämpfung des Klimawandels« Verfassungsrang erhalten. Auch die »Demokratisierung des Cyberspace«, also des Internets, sowie das Verbot von dessen »Missbrauch für subversive Aktivitäten zur Destabilisierung souveräner Staaten« sind wegweisend. An die Seite bereits bestehender fortschrittlicher Rechte wie dem der Frauen auf gleiche Entlohnung für gleichwertige Tätigkeit oder den auf Arbeit und Wohnraum sollen weitere treten, z. B. soll die gleichgeschlechtliche Ehe zugelassen werden. Festgeschrieben wird auch das Verbot der Verbreitung und Anwendung von Atom- oder anderen Massenvernichtungswaffen sowie der Unterstützung jeglicher Form des Terrorismus und Staatsterrorismus.

Die von einer 33köpfigen Kommission unter Vorsitz des Generalsekretärs der KP Kubas und früheren Staatspräsidenten Raúl Castro erarbeiteten Vorschläge werden nach der Parlamentsdebatte in Betrieben, Verwaltungen, Universitäten und Stadtteilen diskutiert. Anschließend müssen dem so debattierten und vermutlich veränderten Entwurf zwei Drittel der Parlamentsabgeordneten und die Mehrheit der Bevölkerung in einem Volksentscheid zustimmen.