Hat Söder (CSU) 32000 landeseigene Wohnungen an Spekulanten verscherbelt, Geldwäsche ermöglicht  und dabei selber Provision abkassiert?

Neue Details zum Verkauf der bayerischen Wohnungsgesellschaft GBW im Jahr 2013 bringen die bayerische Landesregierung und den designierten Ministerpräsidenten Markus Söder in Erklärungsnot. Das berichten das ARD-Magazin MONITOR (Donnerstag, 22.00 Uhr, Das Erste) und Handelsblatt (Donnerstagausgabe) unter Berufung auf interne Ermittlungsdokumente. Danach gingen das bayerische Landeskriminalamt und das Zollfahndungsamt München während des Verkaufs einem Geldwäsche-Verdacht im Umfeld der PATRIZIA Immobilien AG nach, dessen Überprüfung sie für „dringend notwendig“ hielten. Der Augsburger Wohnungsbaukonzern hatte seinerzeit die Federführung beim Kauf der GBW für ein Konsortium von 27 Investoren. Sie hatten das Wohnungsunternehmen mit rund 32.000 Wohnungen für einen Bruttopreis von knapp 2,5 Milliarden Euro von der Bayern LB erworben. Die Identität dieser Investoren ist bis heute unbekannt, da sie die GBW über Beteiligungsgesellschaften in Luxemburg halten.

Auslöser der Ermittlungen, an denen auch das Bundeskriminalamt beteiligt war, waren mehrere Geldwäsche-Verdachtsanzeigen. Mehrfach wurde darin der Verdacht geäußert, dass Geschäftspartner der PATRIZIA AG im Rahmen von Immobiliengeschäften illegales Geld aus Russland waschen könnten. In den Akten finden sich Vermerke über auffällige internationale Geld-Transfers sowie Hinweise russischer Ermittlungsbehörden auf Personen und Unternehmen, „die im Verdacht stehen, Kapital aus Russland illegal nach Deutschland und in andere EU-Staaten zu bringen“. Die Ermittler stellten den Verdacht damals auch in einen Zusammenhang mit dem geplanten Verkauf der GBW-Wohnungen an das von der PATRIZIA AG geführte Konsortium, da es sich bei einer in den Verdachtsmeldungen genannten Firma offenbar „um einen Kooperationspartner der PATRIZIA und hier speziell für russische Investoren“ handele: „Aufgrund der Hintergründe zu dieser Firma und den dort handelnden Personen ist eine Überprüfung des Sachverhaltes dringend notwendig“, heißt es im Schlussbericht der Ermittler.

Die PATRIZIA AG bestreitet dagegen vehement, dass beim Kauf der GBW Schwarzgeld oder russische Investoren im Spiel waren. „Bei den Investoren handelt es sich ausschließlich um berufsständische Versorgungswerke, Pensionskassen, Versicherungen und Sparkassen aus der so genannten DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz)“, teilt das Unternehmen mit. Der Vorgang sei zudem durch die Bayern LB und Finanzbehörden geprüft worden. Fragen zu den in den Dokumenten genannten Geschäftsbeziehungen und dem daraus resultierenden Geldwäscheverdacht in ihrem Geschäfts-Umfeld beantwortete die PATRIZIA AG auch nach mehrmaliger Aufforderung bisher nicht.

Die Ermittlergruppe aus Landeskriminalamt und Zoll nahm die Verdachtsanzeigen offenbar äußerst ernst und empfahl der Staatsanwaltschaft München im Juni 2013, die Verdachtslage „im Zuge tiefergreifender Ermittlungen“ aufzuklären. Diese stellte das Verfahren jedoch nach kurzer Zeit und ohne nennenswerte Ermittlungstätigkeiten ein. Geldwäsche-Experten kritisieren die Einstellung gegenüber Handelsblatt und MONITOR. Für Sebastian Fiedler vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) drängt sich ein Anfangsverdacht der Geldwäsche förmlich auf: „Ich hätte weitere Ermittlungen für zwingend gehalten“, so Fiedler gegenüber Handelsblatt und MONITOR.

Ein Bekanntwerden der Ermittlungen hätte den ohnehin umstrittenen Verkauf an das PATRIZIA-Konsortium gefährden können und Finanzminister Söder zusätzlich in Bedrängnis gebracht.

 

Die Opposition im bayerischen Landtag vermutet daher politische Einflussnahme auf das Ermittlungsverfahren: „Der Verdacht ist da“, so Florian Streibl von den Freien Wählern in Bayern. Streibl fordert daher, den Fall neu aufzurollen – notfalls per Untersuchungsausschuss.Georg Restle meint: „Bühne frei für den künftigen bayerischen Ministerpräsidenten. Am Aschermittwoch ließ er sich schon mal mit dem bayerischen Defiliermarsch feiern. Doch jetzt könnte Markus Söder von der Vergangenheit eingeholt werden. Guten Abend und willkommen bei Monitor.

 

 

Es war ein Milliardengeschäft, für das der bayerische Finanzminister 2013 verantwortlich war. Der Verkauf von 32.000 landeseigenen Wohnungen zum Preis von 2,5 Milliarden Euro. Ein höchst umstrittener Deal, der jetzt in einem ganz neuen Licht erscheinen könnte. Nach Recherchen von MONITOR und Handelsblatt gab es nämlich im Umfeld des Immobiliengeschäfts den ernsthaften Verdacht der Geldwäsche. Ein Verdacht, der von bayerischen Behörden genau in der Zeit ermittelt wurde, als der Verkauf gerade über die Bühne ging. Ausgerechnet der bayerische  Finanzminister Söder will damals nichts davon mitbekommen haben. Schwer zu glauben. Christina Zühlke, Jan Keuchel und Achim Pollmeier klären Sie auf.“

Das ist die Geschichte einer Ermittlung, die nie zu Ende geführt wurde. Eine Ermittlung im Umfeld eines der größten Immobiliendeals in Deutschland. Monitor und Handelsblatt liegen zahlreiche Dokumente dazu vor. Beteiligt: Der Zoll, Landes- und Bundeskriminalamt, sogar russische Behörden. Es geht um den Verdacht der Geldwäsche, um Immobilien, und um die Frage, was der künftige bayerische Ministerpräsident darüber wusste. Rückblick: Bayern vor fünf Jahren. Unter Federführung von Finanzminister Söder wird die staatliche Wohnungsgesellschaft GBW verkauft - 32.000 Wohnungen, 80.000 Mieter. Der Protest gegen den Verkauf ist groß, Finanzminister Söder verkauft trotzdem. An ein geheimes Bieter-Konsortium hinter der Augsburger Patrizia Immobilien AG. Den Mietern gab Markus Söder ein Versprechen.

Markus Söder, Finanzminister Bayern, Oktober 2016: „Die Patrizia ist ein bayerisches Unternehmen nach wie vor, die GBW ist ein bayerisches Unternehmen.“

Alles bleibt bayrisch? Schon 2016 enthüllen Recherchen vom Bayrischen Rundfunk ein Firmengeflecht, wonach Beteiligungsfirmen in Luxemburg die Anteile der Investoren halten. Vor allem ein undurchsichtiger Fonds mit Namen „Oscar Diversify Umbrella“. Die Patrizia schreibt uns:

Zitat: „Bei den Investoren handelt es sich ausschließlich um berufsständische Versorgungswerke, Pensionskassen, Versicherungen und Sparkassen aus (...) Deutschland, Österreich, Schweiz.“

Doch seit dem Verkauf kennen die Mieter ihre wahren Vermieter nicht mehr. Wie Familie Wagner. Bisher wohnen sie zu günstigen Bedingungen, doch mit dem Verkauf hat sich für sie vieles geändert, sagen sie.

Frau Wagner: „Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass ich jemals noch in dem Alter noch Sorgen um die Wohnung habe, wie es da weitergeht.“

Sorge vor neuen Profiterwartungen. Seit dem Verkauf wurde die Miete schon zweimal erhöht - um jeweils 10 Prozent. Nun soll auch noch modernisiert werden. Bezahlen müssten das die Mieter.

Herr Wagner: „Sollte die Miete dann explodieren, dass man vielleicht 500,- Euro, wo wir etzt bezahlen, vielleicht 1.000,- Euro dann anstehen, dann wird es für uns schwierig.“

Die GBW teilt uns mit, niemand müsse ausziehen, weil er sich eine Modernisierung nicht leisten kann. Die Mieterhöhungen seien im gesetzlichen Rahmen. Doch seit dem Verkauf häufen sich die Klagen der Mieter über die einstmals gemeinnützige GBW. Viele haben das Gefühl, die Landesregierung und der Finanzminister hätten sie meistbietend verkauft.

Doch nun wird bekannt, damals gab es noch ganz andere Vorwürfe im Umfeld des milliardenschweren Immobiliendeals. Handelsblatt und Monitor liegen Ermittlungsdokumente aus dem Jahr 2013 vor. Von Zoll und Bayerischem Landeskriminalamt. Sie zeigen, während der Finanzminister das Beste für die Mieter versprach, gab es einen ernsthaften Geldwäsche-Verdacht im Umfeld der Patriza AG. Im Fokus unter anderem Felix und Alexander N., geborene Ukrainer mit deutschem Pass. Sie stehen laut Ermittlungsunterlagen im Zentrum eines Firmengeflechts, das von Bayern bis nach Russland reicht.

Immer wieder erscheint in den Unterlagen auch der Name der Patrizia AG. So heißt es in einer der Anzeigen: „Die Patrizia verkaufe

Zitat: „in nicht unerheblichem Umfang Objekte an Kunden aus Staaten der ehemaligen UdSSR.“

Die Patrizia teilt uns dazu mit:

Zitat: „Wohnungskäufe über die Patrizia Immobilien AG bzw. ihre Tochterunternehmen wurden zu keinem Zeitpunkt mit Geld aus Russland finanziert.“

Einen konkreten Geldwäscheverdacht gegenüber der PATRIZIA gibt es in den Dokumenten nicht. Aber gegenüber einer anderen Firma. In den Ermittlungsunterlagen ist immer wieder von der Alma Assets GmbH die Rede. Laut LKA dürfte es den Tatsachen ziemlich nahekommen, dass die Alma Assets

Zitat: „Kooperationspartner der Patrizia speziell für russische Investoren“

sei. Im Zusammenhang mit der Alma Assets erstattete eine große Deutsche Bank gleich zweimal Anzeige wegen des Verdachts der Geldwäsche. Darin auffällige Transaktionen mit Russland und Zypern, insgesamt über mehrere Millionen Euro, über die Konten der Gesellschaft. Die Alma Assets sitzt in München, direkt im Zentrum. Auf unsere schriftlichen Anfragen gab es keine Reaktion. Einmal vor Ort klingeln wir. Niemand meldet sich. Nur auf einen Anruf reagiert jemand.

Reporter (am Telefon): „Wir hatten auch schon … vom WDR, der Sendung Monitor und Handelsblatt. Wir hatten auch schon eine Anfrage Interview-Anfrage, an Sie geschickt. … Sie geben allgemein keine Interviews, aha, okay.“

Auffällig: Unter dem Klingelschild des Unternehmens viele andere Firmennamen, auch eine weitere, die wir aus den Geldwäsche-Anzeigen kennen.

Und auch diese Firma gehört zum Netzwerk. MDF Logistik. In Russland bereits aufgefallen im Zusammenhang mit illegalen Steuertricks, auch sie macht Immobiliengeschäfte. Geschäftsführer der MDF ist Felix N., gleichzeitig Prokurist der Alma Assets.

Also eine direkte Verbindung zwischen der Alma Assets und der MDF. Das russische Innenministerium schreibt auf Anfrage des BKA, die Firma werde genutzt für Betrugshandlungen und Geldwäsche. Die Russen bitten sogar um gemeinsame Ermittlungen.

Andreas Frank, Finanzexperte: „Nach den Unterlagen, die ich gesehen habe, die handelnden Personen, wo sie herkommen, wie die Strukturen sind, verschachtelt über mehrere Gesellschaften, sind das typische Hinweise für Geldwäsche.“

So der Experte. All das steht in diesen Unterlagen. All das ermitteln Zoll und bayerisches LKA, während Markus Söder mit der Patrizia verhandelt. Die Ermittler erkennen die politische Brisanz des Verdachts - explizit weisen Sie auch auf den Verkauf der 32.000 Wohnungen hin. Zusammenfassend heißt es: Der Verdacht der Geldwäsche könne weder erhärtet noch ausgeräumt werden. Deshalb regen die Ermittler an, im Zuge tiefergreifender Ermittlungen die Verdachtslage aufzuklären. Und empfehlen unmissverständlich:

Zitat: „Auf Grund der Hintergründe (…) und handelnden Personen ist eine Überprüfung des

Sachverhaltes dringend notwendig.“

Am 7. Juni 2013 übergeben die Beamten von Zoll und LKA ihren Schlussbericht der Staatsanwaltschaft. Doch zu den gewünschten tiefergreifenden Ermittlungen kommt es nicht. Die Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlungen schon nach wenigen Wochen ein. Begründung:

Zitat: „Tiefergreifende Ermittlungen setzen voraus, dass ein Anfangsverdacht für eine Straftat

besteht. Dies war vorliegend (…) zu verneinen.“

Sebastian Fiedler vom Bund Deutscher Kriminalbeamter ist Spezialist für Geldwäsche. Wir zeigen ihm die Unterlagen.

Sebastian Fiedler, Bund Deutscher Kriminalbeamter: „Nach meiner Bewertung hätte die Staatanwaltschaft hier zwingend ein Ermittlungsverfahren eröffnen müssen und die Polizeibehörden in Bayern mit der Ermittlung beauftragen müssen, weil ich finde, dass gerade die Ausgangsposition äußerst günstig gewesen ist, weil die russischen Behörden ja ebenfalls ein Ermittlungsinteresse bekundet haben. Und das ist in einer solchen Sachlage wirklich eine denkbar günstige Ausgangsposition. Im Übrigen kann ich nicht erkennen, wie man hier wirklich keinen Anfangsverdacht erkennen kann.“

Die Staatsanwaltschaft München erklärt heute, dass es in dem Verfahren weder eine Weisung noch sonstige politische Einflussnahme gegeben habe. Die Frage bleibt aber: Was wusste Markus Söder damals von den Ermittlungen, die zeitgleich zu den Verkaufsverhandlungen stattfanden - und die den Deal womöglich gefährdet hätten?

Monika Schmid-Balzert, Deutscher Mieterbund Bayern: „Herr Söder war bei allen Verhandlungen ja auch dabei. Das war schon Chefsache. Das kann ich mir nicht vorstellen, dass der nix gewusst hat. Das behauptet er natürlich.“

Wir bitten Markus Söder um ein Interview. Doch weder er noch jemand anderes im Finanzministerium will mit uns reden. Schriftlich teilt man uns mit: Weder Finanz-, noch Justizministerium seien über die Vorermittlungen informiert worden.

Sebastian Fiedler, Bund Deutscher Kriminalbeamter: „Es gibt sowohl für Polizeibehörden als auch für Justizbehörden konkrete Meldeverpflichtungen, und das bedeutet, dass in Fällen, die von öffentlichem Interesse sind, von denen ein Minister auch erfahren muss, solche Meldeverpflichtungen bestehen. Und ich könnte jetzt nicht erkennen, warum das nicht in diesem Sachverhalt auch der Fall gewesen sein sollte.“

Eine Staatsanwaltschaft, die nicht gründlich ermittelt? Eine Landesregierung, die nichts weiß? Und das mitten in einem der größten Immobilien-Deals Deutschlands? Auch Florian Streibl von den Freien Wählern Bayern findet das fragwürdig:

Florian Streibl (Freie Wähler Bayern), Landtagsabgeordneter: „Man hat sich da nicht größer damit beschäftigt, sondern man hat die Verfahren dann letztlich, die angeleiert worden sind, dann wieder eingestellt, wieder einschlafen lassen und eigentlich den Mantel des Schweigens drübergestülpt.“

Reporterin: „Das heißt, es ist möglich, dass Ermittlungen dem Verkauf der Wohnungen im Weg standen und man dann gesagt hat, wir möchten nicht, dass ihr da drauf guckt?“

Florian Streibl (Freie Wähler Bayern), Landtagsabgeordneter: „Dieser Verdacht ist da.“

Für Florian Streibl steht fest: Wenn Markus Söder nicht bald selbst für Aufklärung sorgt, dann werden die Freien Wähler gemeinsam mit Grünen oder SPD einen Untersuchungsausschuss fordern. Markus Söder drohen stürmische Zeiten - für ihn beginnt der bayrische Wahlkampf. Unter anderem will er eine neue staatliche Wohnungsbaugesellschaft gründen. Mit 2.000 Wohnungen.

Georg Restle: „Markus Söder blieb auch uns gegenüber viele Antworten schuldig. In einem möglichen Untersuchungsausschuss dürfte er den Fragen dann nicht so leicht ausweichen.“