Wagenknecht (Linke) fordert Regeln für den internationalen Kapitalverkehr

aus dem Sahra-Newsletter 

Regeln für den Kapitalverkehr

Kommentar von Sahra Wagenknecht für die Frankfurter Rundschau 

Die Globalisierung der Wirtschaft dient vielen Regierungen als Vorwand, um eine Politik zugunsten großer Konzerne und Banken durchzusetzen. Ihr Argument: Investoren könnten ihr Kapital abziehen und Unternehmen könnten Standorte verlagern, wenn man es wagte, dem Profitstreben Grenzen zu setzen.

„Glaubt ihr etwa, Politik gegen die Finanzmärkte machen zu können?“ Diese rhetorische Frage stellte der ehemalige Außenminister Joschka Fischer einst auf einem Gewerkschaftskongress. Angesichts der bitteren Erfahrung mit unregulierten globalen Finanzmärkten, Bankencrashs und steuerfinanzierten Rettungsaktionen kann die Antwort nur lauten: Ja, was denn sonst? In einer Demokratie geht die Macht vom Volk aus, nicht von Blackrock, Goldman Sachs oder der Allianz AG.

Die Abschaffung sinnvoller Regeln für den Kapitalverkehr, die Produktion sowie den Austausch von Waren und Dienstleistungen war kein Naturereignis, sondern Ziel und Inhalt neoliberaler Politik. Ihr Ergebnis: wachsende Ungleichheit, Unsicherheit, Ohnmachtsgefühle und eine Aushöhlung der Demokratie, die rechten Kräften Aufwind verschafft.

Dabei sind die Spielräume für eine fortschrittliche Politik weit größer als uns eingeredet wird. Wir dürfen nicht länger dulden, dass transnationale Megakonzerne sich weltweit die billigsten Arbeitskräfte, die niedrigsten Steuern und die schlechtesten Standards aussuchen. Und wir brauchen keine Handelsabkommen, die Schutzrechte für Beschäftigte und Verbraucher schleifen und die Souveränität armer Staaten weiter untergraben.

„Ideen, Kunst, Wissen, Gastfreundschaft und Reisen sollten international sein. Dagegen sollten Waren lokal erzeugt werden, wo immer dies vernünftig möglich ist; vor allem aber die Finanzen sollten weitgehend im nationalen Kontext verbleiben,“ diese Auffassung von John Maynard Keynes hat nichts mit Nationalismus gemein.

Wir brauchen gemeinnützige und regional verankerte Finanzinstitute statt globaler Zockerbuden. Wir brauchen eine demokratisierte Zentralbank, die sinnvolle Investitionen fördert statt Spekulation. Wir brauchen eine Kopplung der Steuerpflicht an die Staatsbürgerschaft sowie Quellensteuern auf Finanzflüsse in Steueroasen, um dem Steuerdumping den Boden zu entziehen. Dann ließe sich auch die dringend nötige Erneuerung des Sozialstaats gerecht finanzieren.

Die Autorin ist Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag.