Sahra Wagenknecht erklärt, warum wir eine Neue Linke brauchen 

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Aus einem T-Online-Interview: 

„Es gibt eine Ideologie, die manche für links halten, obwohl sie eigentlich die Ideologie der Gewinner der kapitalistischen Globalisierung ist. Sie verachtet nationale Regelungen und Institutionen. Ein Weltkonzern kennt keine sozialen Verpflichtungen in irgendeinem Land, er sucht sich weltweit die billigsten Arbeitskräfte und möchte am liebsten nirgendwo mehr Steuern zahlen. Auch sehr Wohlhabende können sich eine solche Weltsicht leisten. Ihre Lebensqualität hängt nicht davon ab, ob es in ihrem Heimatland gute Schulen, Krankenhäuser und anständige Löhne gibt. Sie haben oft Wohneigentum in verschiedenen Ländern, ihre Kinder studieren auf renommierten internationalen Universitäten, wenn sie krank werden, können sie sich die besten Privatkliniken heraussuchen. Die normale Bevölkerung dagegen ist darauf angewiesen, dass es in ihrem Land gute Schulen, gute Krankenhäuser, gute Löhne und eine gute Infrastruktur gibt. Wer auf diese Sicht der Dinge arrogant herabblickt, ist alles aber kein Linker. Wir haben keine Weltregierung, wir haben keine europäische Regierung, und wir haben keine Voraussetzungen dafür, dass transnationale Regierungendemokratisch kontrolliert werden könnten. Die einzige Form von Demokratie, die wir haben, ist die innerhalb der einzelnen Staaten. Sie funktioniert nicht gut, weil sie durch das große Geld ausgehöhlt wird, aber sie ist immer noch das wichtigste Instrument, das die Bevölkerung hat, um ihre Interessen durchzusetzen.“

Also der Begriff links ist klar definiert. Wer die Eigentumsfrage nicht stellt und die Konzernherrrschaft der Oligarchen nicht in Frage stellt, kann nicht links sein . Das sag ich seit Jahrzehnten und das sagte jetzt auch Oskar Lafontaine am 14. Januar in Berlin, wo er mit Gysi zusammentraf. Umverteilung ist völlig unzureichend, Es geht um Rückverteilung enteigneten Volkseigentums. .Und es geht um die Friedensfrage in der Erkenntnis, dass Kapitalismus immer Kriege schafft.

Wie würde sich das Programm der neuen Partei von dem der Linken unterscheiden?

Eine Volkspartei muss eine breite Wählerschaft ansprechen. Wir müssen den Fokus auf soziale Themen legen und eine Sprache sprechen, die die Leute verstehen. Ein ganz einfaches Beispiel: Im akademischen Milieu ist völlig klar, was mit dem Begriff Weltoffenheit gemeint ist. Er ist positiv besetzt und bedeutet die Ablehnung von Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus. Wenn ich im Ruhrgebiet oder im Osten mit Leuten diskutiere, die nicht unbedingt studiert haben, verstehen sie unter Weltoffenheit oft etwas ganz anderes, nämlich dass der Staat sie und ihre Arbeitsplätze nicht mehr vor grenzenlosem globalem Wettbewerb schützt. Parteien für die Gewinner des entfesselten Globalkapitalismus haben wir genug. Wir brauchen eine starke Partei, die vor allem die anspricht, deren Lebensqualität unter der konzerngesteuerten Globalisierung leidet. Das ist die Mehrheit, und sie darf man nicht den Rechten überlassen.