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Asozial: Macron will Finanztransaktionssteuer in der EU abschaffen 

Der neue französische Präsident Macron will nicht nur die Agenda 2010 kopieren und Dumpinglöhne zugunsten der Top Wirtschaft in Frankreich einführen. 

Er will auch die Finantransaktionssteuer für Spekulationen an der Börse ausserhalb des reinen Börsen-Aktienhandels abschaffen.

Scharfe Kritik an den Steuerplänen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron kommt von der Kampagne Steuer gegen Armut. In Macrons europapolitischer Rede findet sich auch eine Passage zur Finanztransaktionsteuer.

„Schaut man etwas genauer hin, erkennt man das Kuckucksei. Macron will die Finanztransaktionssteuer beerdigen. Er verabschiedet sich von dem, was auf Vorschlang der EU-Kommission nun schon jahrelang in der Verstärkten Zusammenarbeit von zehn EU-Ländern verhandelt wird“, sagt Detlev von Larcher, Attac-Steuerexperte und Moderator der Kampagne „Steuer gegen Armut“.

Stattdessen schlägt Macron vor, entweder die in Frankreich unilateral eingeführte Aktiensteuer oder die von Großbritannien jahrzehntelang erhobene Stempelsteuer (stamp duty) in ganz Europa einzuführen. „Was zunächst sehr positiv anmutet, weil das Aufkommen dieser Steuer im Vorschlag Macrons ganz für die Entwicklungshilfe gedacht ist, entpuppt sich im Vergleich zum Modell der Verstärkten Zusammenarbeit als Wohltat für die Finanzindustrie“, stellt Pia Schwertner fest, für Oxfam in der Steuerungsgruppe der Kampagne.

Beide von Macron vorgeschlagenen Modelle erfassen nur den Handel mit Aktien. Der Löwenanteil der Transaktionen entsteht aber durch Derivate. Hier sind auch die spekulativen Risiken am größten.

Da geht es um das reine Zocken von Tradern auf steigende oder fallende Kurse z. B mit Währungen, Rohstoffen und Indizes, die garnicht mehr erfasst würden - aber den Löwenteil am täglichen Börsengeschehen ausmachen. 

„Soll eine Finanztransaktionssteuer wirklich dem Kasinobetrieb etwas entgegensetzen, muss sie unbedingt die Derivate erfassen“, sagt Raoul Didier, Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes in der Kampagne. „Macrons Vorschlag ist nicht nur ein Papiertiger, sondern macht auch die vier Jahre mühsame Verhandlungen zunichte. Europa geht anders. Die Finanzindustrie wird diesen Vorschlag begeistert aufgreifen. Die Möglichkeiten der Staaten, das Geschehen auf den Finanzmärkten zu steuern, geben diese Vorschläge auf.“

Detlev von Larcher: „Die Kampagne Steuer gegen Armut spricht sich gegen die Vorschläge Macrons aus. Sie wird auch die neu zu bildende Bundesregierung drängen, die Verhandlungen in der Verstärkten Zusammenarbeit fortzusetzen und eine Finanztransaktionsteuer durchzusetzen, zu deren Hauptbestandteilen die zehn Länder schon im Dezember 2016 ja gesagt haben. 

Während die Vorschläge Emmanuel Macrons zur Reform der EU eine Reihe von Reaktionen hervorriefen, blieb es am Mittwoch im linken Lager Europas auffallend ruhig.

Weder die spanische Podemos noch die griechische Regierungspartei Syriza äußerten sich bis zum Redaktionsschluss. Dasselbe gilt für die Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/ Nordischen Grünen Linken (GUE/NGL) im Europaparlament. Das Schweigen dürfte auch der Tatsache geschuldet sein, dass die Haltung zu EU und Euro - ebenso wie zu Macron - in der europäischen Linken eine umstrittene war und ist.

Deutliche Kritik an den Plänen des französischen Präsidenten kam von Fabio De Masi, wirtschaftspolitischer Sprecher der Linken im Europaparlament. »Präsident Macrons Forderungen nach einen Euro-Finanzminister und einem Haushalt für die Eurozone sind gut gebrüllt, aber Schattenboxen in den deutschen Koalitionsverhandlungen«, erklärte De Masi. Denn die Einführung eines gemeinsamen Haushalts für die Eurozone erfordere eine Vertragsänderung und müsse die Hürden des Bundesverfassungsgerichts nehmen. Die wirklichen Probleme der Eurozone wolle Macron nicht antasten, so De Masi. Dies seien »vor allem der chronische deutsche Leistungsbilanzüberschuss«. Statt eines Eurofinanzministers, der Lohn- und Rentenkürzungen durchsetze, brauche die Eurozone eine Korrektur der deutschen Wirtschaftspolitik. Sinnvoll wären finanzielle Sanktionen gegen chronische Exportüberschüsse.

Gregor Gysi, Präsident der Europäischen Linken, schloss sich der Kritik an. Es sei zwar zu begrüßen, so Gysi, dass die Diskussion um die Zukunft der in der Krise steckenden EU nun endlich begonnen werde. Trotzdem gingen die Vorschläge Macrons, genauso wie die von Kommissionspräsident Juncker, in eine »komplett falsche Richtung« und änderten nichts an den Ursachen für die Krise der EU.

»Die Sparpolitik und das Fehlen verbindlicher sozialer Rechte haben der EU die Luft ausgehen lassen - die Krise der EU ist vor allem eine soziale Krise.

Eine Neugründung der EU auf neoliberaler Grundlage würde die Zerstörung der europäischen Idee beschleunigen«, so Gysi. Zudem würden Abschottung und der Aufbau einer europäischen Interventionstruppe europäischen Werten widersprechen.