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Bilanz - Die Linkspartei hat im Osten verloren, wo sie im Windschatten der SPD segelt - Im Westen hat sie dazu gewonnen

Bilanz - 4,3 Mio. Wählerstimmen insgesamt

In Ostdeutschland hat die Linkspartei als ehemalige Protestpartei mit Alleinstellungsmerkmal massiv an die AfD verloren, die ca 20 % im Osten erreichte und viele Wähler der Linken gewinnen konnte . Aus einer 30 % Volkspartei wurde eine ca. 15 % Partei. Im Osten verlor die Linke 260 000 Wähler. 

Besonders in Thüringen und Brandenburg verlor die Linke also da wo sie zusammen mit der SPD systemisch regiert. Hier verlor sie bis zu 6,6 % ( Thüringen). 

Im Westen ist die  Linkspartei eher Protestpartei geblieben - hier hat sie stark hinzu gewonnen und ca eine Million Stimmen gewonnen.  

 
Gemischte Gefühle: Wie Die Linke die Wahlen bilanziert
 
Die Spitzenkandidaten der Partei Die Linke zogen heute eine gemischte Bilanz: Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch auf der Bundespressekonferenz in Berlin am 25. September 2017.
 
Auch zehn Jahre nach ihrer Gründung hadert Die Linke mit unterschiedlichen Konzepten und Ergebnissen in Ost und West. Das Ergebnis der Bundestagswahlen zeigt jedoch, wie die Verhältnisse sich verändert haben. Gestern war Die Linke im Westen erfolgreicher als im Osten - da wo sie Protestpartei ist. 

Als die Spitzenkandidaten die Bundespressekonferenz betraten, war zumindest Dietmar Bartsch die Katerstimmung anzusehen. Gemeinsam mit Sahra Wagenknecht führt der ostdeutsche Realo die größte Oppositionspartei durch den Wahlkampf.

Die Vorsitzende der Fraktion im Bundestag  Wagenknecht konnte zunächst positive Ergebnisse vermelden:

Wenn wir das Ergebnis isoliert betrachten, haben wir Grund zu Freude. Wir haben das zweitbeste Ergebnis in der Parteigeschichte erreicht, mehr als eine halbe Million Stimmen hinzugewonnen.“ 

Laut vorläufigem Endergebnis stimmten gestern knapp 4,3 Millionen Wähler für Die Linke. Im Jahr 2013 waren es knapp 3,5 Millionen. Allerdings gebe es auch andere Ergebnisse, so Wagenknecht, über die man sich nicht freuen könne.

So habe ihre Partei zwar in den alten Bundesländern stark zugelegt, jedoch in den neuen Bundesländern verloren. Dort hat Die Linke auch Stimmen an die AfD abgegeben.

 

Hier liegt vermutlich die Katerstimmung von Dietmar Bartsch. In den ostdeutschen Bundesländern ist Die Linke an drei Regierungen beteiligt. In Thüringen stellt Die Linke gar den Regierungschef in einem Bündnis mit den Grünen und Sozialdemokraten, in Brandenburg regiert Rot-Rot und in der Hauptstadt seit einem Jahr Rot-Rot-Grün. Im Westen nimmt Die Linke hingegen eher die Rolle der konsequenten Opposition ein.

Dass die alten Verhältnisse vorbei sind, als die ostdeutsche PDS einigen westdeutschen Aktivisten in die Parlamente half, zeigen schon die ersten Ergebnisse der gestrigen Bundestagswahlen. 

In den zehn westdeutschen Bundesländern stimmten mehr als 2,6 Millionen Wahlberechtigte für Die Linke. In den ostdeutschen Ländern erhielten die Sozialisten mehr als eine Million Kreuze weniger. Westberlin mitgerechnet, waren es gerade 1,6 Millionen Stimmen. Dass die westdeutschen Landesverbände längst nicht mehr am Rande stehen, zeigen aber auch die Verluste, auf die Wagenknecht verwies. 

In allen ostdeutschen Bundesländern fuhren die Linken gestern Verluste ein. Nur in der Hauptstadt konnte die Partei ihr Ergebnis halten. Dort spielte allerdings auch das alte Westberlin eine wichtige Rolle.

Auch wo Die Linke an der Regierung beteiligt ist, in Brandenburg (-5,3) und Thüringen (-6,6), lassen sich die Verluste nicht übersehen. In Sachsen hielten sie sich zwar in Grenzen (-3,9), allerdings wurde dort die AfD die stärkste Partei überhaupt: Mit 27 Prozent verwiesen die neuen Rechtsradikalen alle anderen Parteien auf die hinteren Plätze.  

Dietmar Bartsch, den die Situation in den ostdeutschen Bundesländern besonders beunruhigen müsste, steigt auf dieser Bundespressekonferenz jedenfalls nicht in eine Debatte über Fehler der Linken ein. Er sieht die Verantwortung für den AfD-Erfolg auch bei den Journalisten:

Wenn man das Ergebnis betrachtet, müssen wir nachdenken. Aber in der Gesellschaft müssen auch andere nachdenken - über die Dinge, die in Berichterstattung und Beschreibung im Vorfeld gelaufen sind.“

Katja Kipping, die Parteivorsitzende aus dem Landesverband Sachsen, betont, dass durch den Wahlkampf der Linken die gesellschaftlichen Missstände immerhin angesprochen worden seien. Probleme mit der Rente, bezahlbares Wohnen oder Personalmangel in der Pflege, seien vor allem durch den Wahlkampf der Linken thematisiert worden, weil sie „in den großen Talkshows keine Rolle spielen“, so Kipping. Aber als Abgeordnete aus Sachsen kommt sie um eine Einordnung der AfD-Erfolge nicht umhin:

Wir haben in Sachsen Orte, in denen die AfD mit den Positionen, die sie jetzt vertreten hat, über 50 Prozent gekommen ist. Wir haben in Sachsen seit der Wende eine CDU-Regierung mit einem Landesverband, der Argumentationsmuster der Rechten übernommen hat, eher auf Kumpanei und Verharmlosung gesetzt hat.“

Dieses Beispiel zeige, dass genau dieser "Kurs der Verharmlosung und Kumpanei" am Ende die AfD stärke. Dass auch das linke Politikpersonal Fehler gemacht haben muss, wenn eine rassistische udn rechtsradikale Partei in ihrem Hinterhof derartige Erfolge feiert, das wird an diesem Montag leider nicht direkt angesprochen. Man will es lediglich in der Zukunft analysieren. 

Mit dem Slogan
 

Horst Kahrs, Parteiforscher der Rosa-Luxemburg-Stiftung, benennt in einer Analyse vom Montag immerhin das Problem für Die Linke, ohne allerdings Lösungsvorschläge zu machen. Aus seiner Wahlanalyse geht klar hervor, dass die eigentliche Basis der Linken, nämlich Arbeiter und Arbeitslose und auch Unzufriedene , zur AfD abwandern.

Von der Abwendung erwerbstätiger Arbeiter und Angestellter von den beiden alten Volksparteien profitieren 2017 vor allem AfD und FDP. Die Linke verliert ebenfalls an Zustimmung unter Arbeitern und Arbeitslosen.“

Zwar habe Die Linke bei den unter 30-Jährigen deutlich zugelegt. Die AfD hat ihre „überdurchschnittlichen Werte“ aber bei den 30- bis 60-jährigen Wählern, die „mitten im Erwerbsleben“ stehen, so der Soziologe.

Dabei würden vor allem Wähler mit einer mittleren Qualifikation „überdurchschnittlich zur AfD-Wahl neigen“, also Menschen mit einer fachberuflichen Ausbildung. Kahrs vermutet, dass die Entwicklung der letzten Jahre insbesondere Menschen benachteiligt, deren eigene Qualifikation und soziale Position entwertet wird. 

 

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