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CSU Verkehrsminister Dobrindt war drohende Pleite einer privaten Autobahnbetreiber-Gesellschaft bekannt. Jetzt droht Finanzdesaster 

CDU/CSU Politiker betreiben genauso wie SPD Politiker immer öfter die Privatisierung staatlicher Projekte in der Form der Schaffung von ÖPP- Projekten. 

Dabei werden privaten Konzernen und Betreibergesellschaften Aufträge nach Ausschreibungen zugeschustert.

Bei diesen lukrativen Aufträgen fliessen auch immer wieder Schmiergelder der Wirtschaft an die Politik. 

Der Linksfraktions Co-Chef Dietmar Bartsch meint:

 

Der private Autobahnbetreiber A1 Mobil fordert insgesamt 787 Millionen Euro vom Bund, da die Einnahmen aus der Lkw-Maut des vom ihm in den Jahren 2008 bis 2012 ausgebauten Teilstücks der A1 zu gering ausfallen und der Firma nun die Insolvenz droht. Jetzt wollen Medienberichten zufolge 20 bis 30 Hedgefonds die Kredite der A1-Gläubigerbanken übernehmen und damit Forderungen der Gesellschaft an die Bundesregierung aggressiv eintreiben. Die Bundesregierung, allen voran der wiederholt durch Unfähigkeit aufgefallene Verkehrsminister Dobrindt, hat mit öffentlich-privaten Partnerschaften diesen Heuschreckenschwärmen die Tore weit aufgerissen. Die neue Bundesregierung muss dieses Geschäftsmodell umgehend beenden. Der Staat sollte alle Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge erfüllen. Bei der öffentlichen Daseinsvorsorge muss ausschließlich das Interesse der Bürger und der Gesellschaft zählen, niemals das Profitinteresse in den Konzernzentralen.

Aber auch wenn diese Projekte vergeben  wurden, ist eine weitere Kostenlawine für den Steuerzahler möglich,  wie der Fall der Betreibergesellschaft des Teilstückes der A 1 Autobahn zwischen Bremen und Hamburg zeigt.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) soll schon seit Jahren von den Finanzproblemen des privaten Autobahnbetreibers A1 mobil gewusst haben. Das berichten mehrere Medien. Der Betreibergesellschaft droht die Pleite. Der Fall könnte für den Steuerzahler noch teurer werden als bisher bekannt.

Die Berliner Zeitung berichtete, dass es schon 2009 erste Krisengespräche zwischen dem Verkehrsministerium und Vertretern von A1 gegeben habe. 2013 hätten dann zwei Schlichtungsverfahren begonnen, die bis 2017 andauerten. Dobrindt ist seit Ende 2013 Verkehrsminister, zuvor hatte der CSU-Politiker Peter Ramsauer das Amt inne.

Die Zeitung schrieb unter Berufung auf das Konsortium weiter, bisher hätten drei Richter in dem Schlichtungsverfahren gegen Dobrindt geurteilt. Ihrer Auffassung nach wäre das Ministerium verpflichtet, die Verträge zugunsten des Konsortiums zu ändern.

A1 mobil betreibt im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) einen Abschnitt der Bundesautobahn A1 zwischen Hamburg und Bremen. Bei ÖPP-Projekten arbeiten Staat und Wirtschaft zusammen. Der Autobahnausbau wird privat finanziert, der Geldgeber betreibt die Strecke anschließend für mehrere Jahrzehnte. Im Gegenzug erhält er vom Bund jährlich die dort anfallenden Lkw-Mauteinnahmen.

Später war bekannt geworden, dass A1 mobil die Pleite droht. Der Betreiber warnte das Bundesverkehrsministerium in einem Brief vor einer "existenzbedrohenden Situation".
 
Offenbar blieben die geplanten Erlöse aus der Lkw-Maut aus. Das Konsortium habe deshalb Klage gegen die Bundesrepublik eingereicht.

Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge sind die Finanzrisiken für den Steuerzahler noch größer als die bisher genannten 640 Millionen Euro.

Insgesamt fordere A1 mobil nun 787 Millionen Euro vom Bund. In dieser Summe seien neben den erwarteten Einnahmeausfällen von diesem Jahr bis zum Ablauf der Konzession 2038 auch noch Ausfälle vor 2017, ein Inflationsausgleich sowie Beraterkosten enthalten.

Stillhalteabkommen

Laut Berliner Zeitung wird die Insolvenz von A1 Mobil nur durch ein Stillhalteabkommen mit den finanzierenden Banken verhindert, die die Klage gegen die Bundesrepublik unterstützten. Auch der Spiegel und die Süddeutsche Zeitung berichten über eine solche Stillhaltevereinbarung.

Das Verkehrsministerium hält sich zu Details bislang bedeckt. Ein Sprecher sagte vor einigen Tagen, dass das Risiko bei A1 mobil liege. Bei einem Ausfall gehe der Betrieb der Autobahn zurück an den Bund. Eine Erhöhung der Vergütung für die Betreibergesellschaft lehne die Bundesregierung ab.

Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir warf Dobrindt vor, einen "Scherbenhaufen" zu hinterlassen. "Zu seinem Versagen beim Abgasskandal und dem Maut-Murks gesellt sich jetzt auch noch ein Privatisierungsdebakel auf Kosten der Steuerzahler", sagte Özdemir. Dobrindt habe immer an überteuerten und undurchsichtigen Privatbeteiligungen im Straßenbau festgehalten, "obwohl die A1-Pleite anscheinend vor Jahren schon absehbar war".

SPD-Bundestagsfraktionsvize Sören Bartol sprach von einem "handfesten Skandal". Erst im Juni habe der Bundestag die Teilprivatisierungen des Autobahnnetzes erleichtert. "Wären die Fakten zur A1 bekannt gewesen, wäre es für die SPD vermutlich einfacher gewesen, eine stärkere Begrenzung von öffentlich-privaten Partnerschaften zu erreichen", sagte Bartol.

In diesem Fal ist der Verkehr weit gerimnger als erwartet und damit auch die Maut, Deshalb glaubt der Betreiber Ansprüche an den Staat stellen zu können.

Es geht nach dem Prinzip Bau gegen Maut, so lautet bei solchen Projekten oftmals der Deal zwischen öffentlicher Hand und den privaten Abzockern. Deshalb will das Baukonsortium dem Bund  jetzt auch die üppige Abschlussrechnung  in Form einer Klage schicken.

Dabei hatten Wirtschaftsforschungsinstitute jahrelang gelobt, die Öffentlich-Privaten-Projekte (ÖPP) im Autobahnbau brächten "mehr Effizienz, weil alles aus einer Hand kommt": So sagte es Thilo Schaefer, Leiter des Kompetenzfelds Infrastruktur beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Baut der Staat selbst, muss er bei der Ausschreibung solcher Projekte eine Vielzahl von Firmen berücksichtigen, die dann einzeln planieren, asphaltieren, Schilder aufstellen oder Fahrbahnmarkierungen aufmalen. Privatunternehmen müssen das nicht. Zudem seien sie besser darin, Termine einzuhalten. Der Bau gehe insgesamt schneller und es fielen später weniger Reparaturen an, so steht es in einem Gutachten des IW, das in Zusammenarbeit mit dem Gesamtverband der Versicherer (GDV) entstand. Die Forderung, die beide ableiteten: Bislang seien nur 3,6 Prozent aller Autobahnstrecken hierzulande als ÖPP-Projekte realisiert worden. Auf zehn Prozent solle dieser Anteil längerfristig steigen.

 
 

Verkehrsminister Alexander Dobrindt zeigte sich immer wieder begeistert von der Idee der Privatisierung, auch kürzlich beim Ausbau eines Teilstückes der Autobahn A6: "Mit ÖPP bauen wir schnell, wirtschaftlich und mit hoher Qualität. Damit verringern wir den größten volkswirtschaftlichen Schaden: den Stau." Auf vielen Autobahnteilstrecken sind derzeit solche ÖPP-Projekte im Gange. Laut Plattform der deutschen Bauindustrie zum Beispiel auf der A1, A4, A5, A7, zweimal auf der A8 und der A9. Auch Ortsumgehungen, Tunnel und Landesstraßen werden in Öffentlich-Privater-Kooperation erstellt. 

Die Gutachter des IW sagen, dass "bei einer ganzheitlichen Kosten- und Nutzen-Betrachtung" alle Seiten wirtschaftlich gewinnen würden. Das hätte die Auswertung von 14 Projekten mit drei Milliarden Euro Bausumme ergeben, die seit 2007 realisiert worden seien: Der Staat spare das Geld für die Finanzierung. Zudem käme er billiger an seine Straßenstrecken, selbst bei vorsichtiger Schätzung entfielen mindestens zehn Prozent der Baukosten. Bau- und Betreiberunternehmen wie Hochtief, Bilfinger Berger oder Johann Bunte sammeln dafür das Kapital von Banken und großen Kapitalunternehmen ein – den Versicherungsgesellschaften etwa.

Dass sich ausgerechnet Versicherer für solche Projekte interessieren – und in den letzten Jahren immer häufiger vorangetrieben haben – ist nicht verwunderlich: Sie sitzen auf riesigen Kapitalbergen, die sie für ihre Kunden gewinnbringend anlegen müssen, um die hohen langfristigen Auszahlungsversprechen aus Renten- und Lebensversicherungspolicen einzuhalten. An den Finanzmärkten finden sie aber immer weniger sichere und lukrative Anlagemöglichkeiten. "Aus Sicht der Versicherungswirtschaft sind langfristige ÖPP-Projekte hervorragend geeignet, um stabile und sichere Kapitalflüsse zu generieren", sagt der GDV selbst. Mit drei Prozent Rendite rechnet die Branche für solche Projekte. Dafür, dass die Versicherer und Baukonzerne dem Staat das Geld für den Autobahnbau leihen, werden sie mit den steten und regelmäßigen Mauteinnahmen entschädigt. Meist werden die vertraglich für 30 Jahre garantiert.