Die Medienmacht der PR Agenturen - Jörg Becker klagt Medien an

Reflexionen des Politikwissnschaftles Jörg Becker über die Untergrabung der Demokratie durch vier mächtige PR- Agenturen

Medien im Krieg - Rezension 

Zeitungsverleger, Medieninhaber und Medienbetreiber sehen sich in ihrer Sonntagsrhetorik gerne als Wächter der Demokratie. Doch dieser Anspruch ist nichts anderes als dreist. Erstens gibt es in keiner journalistischen Redaktion verbindliche Statuten, die den Journalisten Freiräume gegen ihre Chefs garantieren. Und zweitens wären unsere Medien nur dann wirklich eine vierte Gewalt, wenn sie plural und umfassend sowie kontrovers berichteten und ein breites, repräsentatives Meinungsspektrum vorhielten. Doch genau das tun sie nicht.

Stattdessen fallen sie auf Kampagnen herein und lassen sich vor den Karren von Partikularinteressen oder Konzerninteressen spannen, erläutert der Politikwissenschaftler Jörg Becker im Interview mit Jens Wernicke für das aktuelle Buch "Lügen die Medien? Propaganda, Rudeljournalismus und der Kampf um die öffentliche Meinung“. Becker meint: Die Macht manipulativer PR, die sich auch und insbesondere der Medien bemächtigt, ist inzwischen so groß, dass sie die Demokratie infrage stellt.  

In der Tat sind viele PR-Agenturen inzwischen übermächtig geworden und lenken als ein gewichtiger Akteur die Geschicke der Welt aus dem Hintergrund mit.

Konkret beherrschen vier gigantische PR-Verbundsysteme die gesamte Welt von Werbung, Public Relations, Medien und Consulting.

Im Grunde kann jeder sie für jeden denkbaren Zweck anheuern: einen Präsidenten stürzen, die blutige Niederschlagung eines Aufstandes aus den Medien heraushalten, einen von langer Hand beabsichtigten und geplanten Krieg endlich lostreten, indem man ihn auf manipulativste Art und Weise der Bevölkerung „schmackhaft“ macht, und so weiter.

Wer sich noch an den Begriff „Jubelperser“ erinnern kann, der kursierte, als bei der großen Anti-Schah-Demonstration im Juni 1967 von der iranischen Regierung bezahlte Krawallmacher mit Latten auf Linke einschlugen, der sollte zur Kenntnis nehmen, dass heute selbst seriöse PR-Agenturen NGOs und Bürgerinitiativen eigenständig gründen und Demonstranten für jede x-beliebige Demonstration anmieten. Hauptsache, der Auftraggeber zahlt. Die PR-Agenturen nennen dieses Vorgehen „Astroturfing“ und täuschen hierdurch das Aufkommen sozialer Bewegungen und Kommunikation von unten vor. Über diese neue Lobbyingstrategie gibt es inzwischen sogar wissenschaftliche Fachliteratur.

Unter den PR-Gruppen ist Omnicom weltweit und eindeutig die mächtigste im Geschäft. Mit einem Jahresumsatz von geschätzten 20 Milliarden Euro ist sie in New York ansässig. Der zweite wichtige Akteur ist die englische WPP-Gruppe mit einem geschätzten Jahresumsatz von 14 Milliarden Euro und 160.000 Mitarbeitern in 200 Büros und 108 Ländern.

Zur französischen Gruppe Publicis, dem global drittwichtigsten PR-Akteur, gehören zum Beispiel die Firmen Leo Burnett Worldwide, Saatchi & Saatchi und Publicis Pixelpark. Unter Leitung von Maurice Lévy in Paris hat diese Gruppe 77.000 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von fast 10 Milliarden Euro.

An vierter Stelle schließlich rangiert die Interpublic Gruppe in New York mit einem Umsatz von sieben Milliarden Euro und den Werbeagenturen McCann Erickson, Weber Shandwick und FCB.

Nun, zunächst einmal sei der Hinweis erlaubt, dass allein die Jahresumsätze dieser Agenturen den Staatshaushalt sehr vieler Staaten übertreffen. Doch ein großer Teil der Macht dieser Agenturgruppen ist gar nicht monetärer, sondern politischer Natur. Denn die Chief Executive Officers dieser Agenturen sind essentialer Bestandteil westlicher Elitenetzwerke – man sieht und trifft sich, beispielsweise auf dem jährlichen Weltwirtschaftsforum in Davos.

So ist zum Beispiel Lévy, CEO von Publicis, gleichzeitig Präsident der französischen Arbeitgeber und sitzt in den USA im Beirat des mächtigen Council on Foreign Relations. Ex-Außenminister Dietrich Genscher war gleichzeitig sowohl Ehrenvorsitzender des Beirats der PR-Agentur Consultum Communications als auch Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats der PR-Agentur WMP Eurocom. Und der frühere Berliner SPD-Stadtentwicklungssenator Peter Strieder arbeitet gegenwärtig als Seniorberater der PR-Agentur Ketchum Pleon.

Während WMP Eurocom beispielsweise im Auftrag der türkischen Regierung das Türkeibild in der deutschen Presse aufhübschen sollte, hatte Ketchum Pleon es zum Beispiel übernommen, für die russische Regierung ein positives Russlandbild in den deutschen Medien herzustellen.

 Es gibt hier keinen Unterschied mehr zwischen einer „normal“ westlichen, der russischen oder der chinesischen Regierung. Lassen Sie mich dazu vielleicht einige Beispiele geben und diese dann einordnen und bewerten. Als erstes Beispiel fällt mir die linke Regierung unter Jonas Savimbi in Angola ein, die 1985 das US-amerikanische Consulting-Unternehmen Black & Manafort unter Vertrag genommen hatte, ihr eigenes Image in den USA zu verbessern.

Ich kann aber auch an den rechten Jörg Haider denken, den früheren Landeshauptmann von Kärnten und in den neunziger Jahren einer der wortgewaltigsten Rechtspopulisten in Europa. Er ließ sich von der US-amerikanischen PR-Agentur des 2015 verstorbenen Peter D. Hannaford beraten, der dem konservativen Flügel der republikanischen Partei angehörte und enger Berater von Ronald Reagan war.

Seit China und Russland Mitglieder der WTO sind, also seit 2001 respektive 2012, und sich damit dem globalen kapitalistischen Handelssystem angeschlossen haben, arbeiten auch sie unter anderem mit großen, westlichen PR-Firmen zusammen. Russland vergab seinen ersten großen Auftrag an eine westliche PR-Firma im Jahr 2006. Und zwar in Höhe von zwei Millionen US-Dollar an GPlus Europe in Brüssel, eine Tochterfirma von Ketchum, um Russlands Image als Gastgeber des G8-Gipfels in St. Petersburg zu verbessern.

Dieselbe Agentur war für Russland auch während des Georgienkrieges im Sommer 2008 tätig – wohingegen Georgien während dieses Krieges von der Agentur Aspect Consulting betreut wurde. Das Medienergebnis dieses Wettstreits zweier Agenturen ist bekannt: Aspect war „besser“ als GPlus, sodass das Medienbild „Russischer Bär überfällt kleine Demokratie“ bei den Rezipienten haften blieb.

Im Sommer 2008 gab es im Übrigen zwischen zwei weiteren westlichen PR-Agenturen ein Hauen und Stechen um die globale mediale Vorherrschaft bei der Interpretation zweier anderer Konflikte. Da ging es zum einen im Vorfeld der Olympischen Spiele in China im März 2008 um Berichte über chinesische Repressionen gegen tibetische Demonstranten in Lhasa und den vermeintlich deswegen von interessierter Seite erwünschten Olympia-Boykott in China. Und da ging es zum anderen um die Olympischen Spiele selbst.

Auf der Seite der pro-tibetanischen und anti-chinesischen Aktivisten standen zahlreiche NGOs, darunter auch die sogenannten „Reporter ohne Grenzen“, deren Medienaktivitäten von der Werbeagentur Saatchi & Saatchi gemanagt werden. Auf der chinesischen Seite war die PR-Agentur Hill & Knowlton, die die Spiele zu verherrlichen suchte. Wiederum war der Medienrezipient lediglich Spielball von zwei miteinander konkurrierenden westlichen Agenturen, erhielt jedoch weder über Tibet noch über China, geschweige denn über die realen Interessen und Konflikte im Hintergrund irgendwelche Realinformationen.

Erstens gibt es eine historische Dimension. Zur selben Zeit, als Marx und Engels im „Manifest der kommunistischen Partei“ vom Ende der „nationalen Selbstgenügsamkeit“ und der „Entwicklung eines allseitigen Verkehrs“ sprachen – also über Globalisierung redeten –, gründete sich 1864 in den USA mit dem Unternehmen von J. Walter Thompson die weltweit erste Werbeagentur, die in der WPP-Gruppe noch heute existiert. Mit anderen Worten: Gegenüber Spätzündern wie Russland und China haben westliche Länder im Werbe- und PR-Sektor einen Erfahrungsvorsprung von rund 150 Jahren.

Zweitens muss man nüchtern festhalten, dass die internationalen russischen und chinesischen PR-Kampagnen reaktiver und nicht aktiver Natur sind. Ein russischer TV-Sender wie Russia Today etwa ist chronologisch und kausal nur als Reaktion auf viele sogenannte bunte Revolutionen in Osteuropa wie zum Beispiel in der Ukraine oder in Georgien zu begreifen, die mit vielen Hunderten von Millionen US-Dollar – etwa von der Soros-Stiftung oder der National Endowment for Democracy – aus den USA finanziert wurden.

Dasselbe gilt für China. Der englische TV-Sender CCTV-9 aus China begann seinen Sendebetrieb im Jahr 2009, nachdem die für die chinesische Regierung tätige US-amerikanische PR-Agentur Hill & Knowlton die weltweite Imagekampagne für die Olympischen Spiele 2008 in den Sand gesetzt hatte und weltweit gehässige Bilder und Texte über die Spiele die internationale Medienszene beherrschten.  Chinas Antwort auf deren Versagen im Sommer 2008 war dann das englischsprachige CCTV-9.

Lassen Sie mich exemplarisch zwei besonders krasse Fälle hervorheben, in denen PR-Agenturen Krieg und Terrorismus angeheizt haben. Erstens: Mitten im Bosnienkrieg, genauer gesagt am 15. August 1992, veröffentlichte die New York Times eine ganzseitige, also riesige Anzeige der drei wichtigsten jüdischen Verbände in den USA, nämlich des American Jewish Committee, kurz AJC, des American Jewish Congress, ebenfalls in Kurzform AJC, und der Anti-Defamation League, kurz ADL. Wo alle ernstzunehmenden jüdischen Stimmen von der Einzigartigkeit von Auschwitz sprechen, behaupteten nun auf einmal drei große jüdische Verbände, dass sich im Bosnienkrieg Auschwitz ein zweites Mal ereigne.

Was war geschehen? Befragt nach seinem größten PR-Erfolg bei der Vermarktung der Kriegsinteressen der Regierung von Bosnien und Herzegowina, antwortete 1992 James Harff von der US-amerikanischen PR-Agentur Ruder Finn, dass es seiner Agentur gelungen sei, mit dieser Anzeige „die Juden auf unsere Seite zu ziehen“. Namentlich machten die drei Verbände „die Serben“ für ein zweites Auschwitz verantwortlich. Damit wurde Auschwitz zu einer jederzeit von PR-Agenturen käuflichen Ware verwandelt und in den übelsten Dreck gezogen, um jemand anderen mit der stärksten Waffe, die man im Westen kennt, zu verteufeln, ihn zu entmenschlichen, einen Krieg gegen ihn nicht nur gutzuheißen, sondern diesen gar zur befreienden „Pflicht“ zu erklären.

Beckers zweites Beispiel ist, bitte entschuldigen Sie meine heftige Sprache, leider genauso ekelhaft. Nach Recherchen des Bureau of Investigative Journalism vom Februar 2016 hatte die britische PR-Firma Bell Pottinger von 2007 bis 2011 Kontrakte mit dem Pentagon in Höhe von 540 Millionen US-Dollar und im Jahr 2006 einen anderen Vertrag über 120 Millionen US-Dollar. Bell Pottinger produzierte erstens negative TV-Werbung über Al-Qaida, zweitens Nachrichtenmaterial, das so aussehen sollte, als sei es von arabischer Hand gemacht, und stellte drittens Fake-Videos her, die von Al-Qaida stammen sollten. Diese Filme auf CD, die nach einem Bombardement abgeworfen wurden, enthielten einen Code, der an Bell Pottinger eine Rückmeldung schickte, wann und wo die CDs abgespielt worden waren.

Andere Stimmen zur sogenannten " Lügenpresse" 

Seit Jahren geistert der Begriff "Lügenpresse" durch das Land. Im Jahr 2014 wurde er sogar zum "Unwort des Jahres" gekürt, wobei die auf diese Weise versuchte Stigmatisierung dieses Ausdrucks das Faktum sinkenden Vertrauens der Bürger in die Medien nicht aus der Welt zu schaffen vermag. Lügen die Medien? – Dieser Frage widmet sich ein gleichnamiges Buch, das am Freitag im Westend-Verlag erschienen ist. Herausgeber Jens Wernicke sprach dafür mit Journalisten, Wissenschaftlern, Medienkritikern und Stimmen aus der Zivilgesellschaft.

Zu Wort kommen die Wissenschaftler Noam Chomsky, Daniele Ganser, Rainer Mausfeld, Uwe Krüger, Jörg Becker, Michael Walter, Erich Schmidt-Eenboom, Klaus-Jürgen Bruder und Kurt Gritsch. Außerdem haben die Journalisten Walter van Rossum, David Goeßmann, Ulrich Teusch, Volker Bräutigam, Ulrich Tilgner, Stephan Hebel, Werner Rügemer und Eckart Spoo mit Wernicke Fragen rund um die Medienverdrossenheit erörtert. Mit Maren Müller, Hektor Haarkötter, Sabine Schiffer, Gert Hautsch, Rainer Butenschön, Markus Fiedler und Daniela Dahn runden wichtige Stimmen aus der Zivilgesellschaft das Potpourri ab.

Herausgekommen ist ein Kompendium der Medienkritik, das sich unter verschiedenen Blickwinkeln mit der Medienlandschaft auseinandersetzt. Wernicke spricht von einer "Kernschmelze des Vertrauens" der Menschen in die Medien und beruft sich dabei unter anderem auf die Studie des Edelman Trust Barometers 2017.

Eine umfassende und vielstimmige Medienkritik tue daher not, betont Wernicke auch gegenüber RT Deutsch. Es gehe darum, den Bürgern die erforderlichen "intellektuellen Waffen" an die Hand zu geben, um zu erkennen, was wirklich geschieht. Und diese Debatte müsse notfalls eben erzwungen werden. Schließlich befänden wir uns heute "mitten im Informationskrieg", wie der Schweizer Historiker und Publizist Daniele Ganser in dem Buch konstatiert. Das würden immer mehr Menschen erkennen und sozusagen aufwachen:

Diese wachen Menschen lehnen Kriegspropaganda ab und versuchen, sich ein eigenes Bild von der Welt und den politischen Ereignissen zu machen, zum Beispiel indem sie verschiedene alternative Medien konsumieren. Es ist heute wichtig, zu verstehen, dass die Massenmedien in diesem laufenden Informationskrieg benutzt werden, um die Menschen zu lenken und zu steuern.

Daniele Ganser: Illegale Kriege - Deutschlands völkerrechtswidriger Einsatz in Syrien

 

Der Einbindung hiesiger meinungsführender Journalisten in transatlantische Think Tanks und Netzwerke widmete der Medienwissenschaftler Uwe Krüger mit "Meinungsmacht" bereits vor vier Jahren ein eigenes Buch. Im Gespräch mit Wernicke geht Krüger darin der Frage auf den Grund, warum den Medien nicht zu trauen ist. In Hintergrundkreisen, elitären Vereinen, Think Tanks, exklusiven Konferenzen und an anderen Orten vertraulicher Begegnung finde ein Abgleich der Perspektiven statt. Dieser lasse Journalisten oft zu Politiker-Verstehern werden, die die Fragen des Publikums nicht mehr stellen:

Eine solche 'Verantwortungsverschwörung', wie ich es zugespitzt nenne, sah man in jüngster Zeit bei Themen wie Ukraine und Russland, Griechenland und Schuldenkrise sowie bei der so genannten 'Flüchtlingskrise': Journalisten im Gleichklang mit der Regierung gemeinsam gegen Putin, Syriza, Pegida, oft ohne ernsthaft die Perspektiven und Interessen dieser Herausforderer unseres Establishments zu spiegeln und die Gültigkeit ihrer Argumente zu erörtern.

Die Macht im Hintergrund: PR-Agenturen

Politikwissenschaftler Jörg Beck wirft hingegen einen kritischen Blick auf das Wirken von PR-Agenturen. Diese seien inzwischen übermächtig geworden und lenkten die Geschicke der Welt aus dem Hintergrund mit. "Konkret beherrschen vier gigantische PR-Verbundsysteme die gesamte Welt von Werbung, Public Relations, Medien und Consulting". Jeder könne diese für jeden denkbaren Zweck anheuern:

Einen Präsidenten stürzen, die blutige Niederschlagung eines Aufstandes aus den Medien heraushalten, einen von langer Hand beabsichtigten und geplanten Krieg endlich lostreten, indem man ihn auf manipulativste Art und Weise der Bevölkerung 'schmackhaft' macht, und so weiter.

Laut empirischen Studien stammen nahezu zwei Drittel aller in den Medien verbreiteten Meldungen aus Pressestellen von privaten und öffentlichen Institutionen oder PR-Agenturen und werden demnach nicht selbstständig recherchiert:

80 Prozent aller Nachrichten in den Medien stützen sich auf lediglich eine einzige Quelle, die sich bei weiteren Recherchen dann als ebenjene Pressestelle entpuppt, die die Meldung in Umlauf gebracht hat.

Um die innere Pressefreiheit ist es schlecht bestellt

Das Buch kommt auch auf einen weiteren wichtigen Punkt in Sache Pressefreiheit zu sprechen, der oftmals unbeachtet bleibt: Die innere Pressefreiheit in den Redaktionen. In seinem Vorwort zitiert Wernicke den ehemaligen Spiegel-Mitarbeiter Harald Schumann, laut dem es – wie er am eigenen Leib erfahren musste – in der deutschen Presse gang und gäbe sei,

dass Chefredakteure oder Ressortleiter ihren Untergebenen sagen, was sie zu denken haben, dass Vorgaben gemacht werden, was sie recherchieren dürfen und was nicht, und dass viele junge Kollegen daran gehindert werden, überhaupt kritische Journalisten zu werden, weil ihre Vorgesetzten das gar nicht wollen.

Journalist Rainer Butenschön kommt in diesem Zusammenhang auf den Tendenzschutzparagraphen zu sprechen. Dieser räumt den Eigentümern eines Medienunternehmens das Recht ein, die politische Tendenz der Berichterstattung zu bestimmen. Redakteure und Journalisten können mit einer Betriebsvereinigung dazu verpflichtet werden, Inhalte einer bestimmten politischen Sichtweise zu produzieren. Sich nicht an die vorgegebene Linie zu halten, ist ein Kündigungsgrund. "Kein Angestellter ist so leicht auf die Straße zu setzen wie ein Redakteur", so Butenschön, der zu einem vernichtenden Fazit kommt:

Um es kurz zu machen: Innere Pressefreiheit gibt es nicht. Macht und Ohnmacht sind im Medienbetrieb auf verschiedene Rollen verteilt. Das gilt es im Interesse der Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft nicht länger zu ignorieren.

Der Filmemacher Markus Fiedler, der sich kritisch mit Wikipedia auseinandergesetzt hat, gibt in diesem Zusammenhang zu Bedenken, dass jeder Journalist, Autor und Redakteur auch eine Familie zu ernähren hat. "Und jeder weiß: Wenn er zu viel nachforscht in Themenbereichen, die unbequem für die herrschenden Eliten sind, dann ist er seinen Job los. Will man das? Nein!" Die Folge sei eine Anpassung an vorgegebene Linie.

Das Mauscheln mit den Mächtigen

In ihrer Bereitschaft, das Weltbild transatlantischer neoliberaler Eliten zu vermitteln, hätten die Leitmedien jedes Maß verloren, befindet der Professor für Allgemeine Psychologie, Rainer Mausfeld. Das habe zur Folge, dass die Medien Fakten, die nicht in dieses Weltbild passen, immer hemmungsloser verschweigen oder verzerren:

So erschaffen sie medial eine gesellschaftliche und soziale Realität, in der die wichtigsten Fragen gar nicht erst vorkommen und die tatsächlichen Konflikte vernebelt und verschleiert werden.