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US Weltkonzern Chiquita finanziert rechtsradikale Terror-Milizen 

In Kolumbien finanziert der Bananen-Weltkonzern "Chiquita" ultrarechte Paramilitärs in  Kolumbien, um die Pflückung und den Vertrieb der Bananen in alle Welt zu gewährleisten. 

 In den USA könnten weitere Details über die Zusammenarbeit zwischen dem US-Agrargroßhändler Chiquita Brands International und Paramilitärs in Kolumbien bekannt werden, nachdem ein Gericht in Washington den Weg für die Veröffentlichung von über 9.000 Firmendokumenten geebnet  bereits 2015 hat.

Das Bundesberufungsgericht in der US-Hauptstadt wiesdamals eine Beschwerde des Konzerns gegen die Publikation der Unterlagen nach dem US-Informationsfreiheitsgesetz ab.

Chiquita hatte argumentiert, dass mit der Freigabe der Akten ein in den USA laufender Prozess von Opfern der kolumbianischen Paramilitärs negativ beeinflusst werden könnte. Dieser Argumentation folgte das Gericht damals  nicht.

Lateinamerika-Experten der Forschungsgruppe National Security Archive an der George-Washington-Universität, die die Akten beantragt hatten, begrüßten  seinerzeit das Urteil.

Die Forscher des National Security Archives hatten die Dokumente bei der US-Börsenaufsicht SEC beantragt.

Chiquita hatte die Akten an die SEC im Rahmen eines inzwischen beendeten Prozesses wegen der Zusammenarbeit vor allem mit rechtsgerichteten Paramilitärs in Kolumbien gesandt.

Nach vier Jahren wurde der Prozess 2007 mit einem Vergleich und einer Strafzahlung von 25 Millionen US-Dollar gegen ein Schuldeingeständnis des Konzerns beendet.

Zugleich wurde festgestellt, dass 1989 bis 1997 Gelder an die linksgerichteten Guerillabewegungen Farc und ELN geflossen waren, offenbar jedoch in einem weit geringeren Ausmaß.

Vor vier Jahren hatte die Forschungsgruppe über das US-Freiheitsgesetz schon einmal rund 5.500 Dokumente zum Chiquita-Prozess aus dem Beständen des Justizministeriums in Washington erhalten. Bei der Auswertung dieses ersten Konvoluts kam ans Tageslicht, dass Chiquita über Jahren hinweg den Schutz der Paramilitärs genossen hatte.

Dies widersprach den Aussagen der US-Staatsanwaltschaft, die sich mit einem Vergleich einverstanden erklärt hatte, weil das Unternehmen angeblich keine Gegenleistungen von den Paramilitärs erhalten hatte.

Die neuen Akten, die nun erst ausgewertet werden müssen, dürften weitere brisante Details über die Zusammenarbeit zwischen transnationalen Konzernen und Paramilitärs liefern. In Kolumbien stehen vor allem Palmölproduzenten und andere agrarwirtschaftliche Großproduzenten im Verdacht, mit Paramilitärs zusammenzuarbeiten, um Arbeiter zu unterdrücken und die lokale Bevölkerung zu vertreiben.

Die AUC wurde theoretisch zwar 2006 aufgelöst. Menschenrechtsorganisationen verweisen jedoch darauf, dass sich die Miliz unter mehreren Namen neu formiert habe und weiterhin Gewaltverbrechen begehe. Nutznießer davon könnten auch deutsche Unternehmen etwa im Energiebereich sein.

Vertreter des National Security Archives zeigten sich verständlicherweise erfreut über das Washingtoner Urteil und das zu erwartende Aktenkonvolut. "Vor acht Jahren war Chiquita das erste US-Unternehmen, das wegen Transaktionen mit einer internationalen Terrororganisation verurteilt wurde", sagte Michael Evans von der Forschungsgruppe: "Nun werden die Opfer der AUC und die Öffentlichkeit Zugang zu dem möglicherweise wichtigsten Aktenbestand über Verbindungen zwischen Unternehmen und Terroristen erhalten."

Chiquita Brands International wurde 1899 unter dem Namen United Fruit Company gegründet und firmierte unter diesem Namen bis 1990. Die United Fruit Company war in Lateinamerika berüchtigt für die Unterdrückung von Feldarbeitern. Unter anderem wird ihr die Verantwortung für ein Massaker an streikenden Bananenpflückern 1928 an der kolumbianischen Karibikküste vorgeworfen, bei dem zahlreiche Arbeiter erschossen wurden. Das "Bananenmassaker" fand auch Eingang in die lateinamerikanische Literatur und wurde unter anderem von Miguel Ángel Asturias, Gabriel García Márquez und Pablo Neruda aufgegriffen. Unter Historikern gilt zudem die Verstrickung der United Fruit Company in den Putsch gegen den demokratisch gewählten Präsidenten in Guatemala, Jacobo Árbenz, im Jahr 1954 als bewiesen.Jüngst veröffentlichte interne Dokumente haben einmal mehr die Verstrickung des US-amerikanischen Konzerns Chiquita, des auf Anbau und Vertrieb von Bananen spezialisierten Nachfolgers der United Fruit Company, mit paramilitärischen Gruppen in Kolumbien bestätigt.

An die Öffentlichkeit gebracht wurde das Material von der US-amerikanischen regierungsunabhängigen Plattform National Security Archive. Der Konzern hatte zuvor versucht, die Publikation juristisch zu unterbinden, war jedoch vor Gericht gescheitert.

Die pikanten Inhalte der Dokumente könnten nun im Zuge des kolumbianischen Friedensprozesses zu einer weiteren strafrechtlichen Verfolgung der Verantwortlichen führen. Denn nachdem die US-amerikanischen Behörden den Sachverhalt jahrelang verschleiert hatten, sind nun erstmals die Namen der Drahtzieher bekanntgeworden.

Bereits 2007 war der Konzern vom Justizministerium der Vereinigten Staaten zu einer Strafzahlung von 25 Millionen US-Dollar verurteilt worden, da ihm nachgewiesen werden konnte, dass er über Jahrzehnte ultrarechte paramilitärische Gruppen in den kolumbianischen Departamentos (Bundesstaaten) Urabá und Magdalena finanziert hatte.

Mehr als 1,7 Millionen US-Dollar sollen über die Chiquita-Tochtergesellschaft Banadex zwischen 1997 und 2004 in 100 Zahlungssätzen an die Paramilitärs geflossen sein.

Das Gericht belangte jedoch nicht die mutmaßlichen 14 Verantwortlichen in Leitungspositionen des Konzerns, die die Finanzoperationen tätigten oder aktiv gedeckt hatten. Auch wurden den Opfern der infolge der Unterstützung erfolgten Massaker keine Repara­tionszahlungen zugestanden.

Durch die Zuwendungen an die Paramilitärs hat sich Chiquita mitschuldig an der Ermordung von bis zu 4.000 Menschen gemacht. 60.000 Menschen wurden im Zeitraum, in dem die Geldzahlungen erfolgten, zudem vertrieben. Auch linke Guerillagruppen sollen vom Konzern Zahlungen erhalten haben, um die Wirtschaftsoperationen des Konzerns am Laufen zu halten.

Neueren Veröffentlichungen zufolge war der Konzern darüber hinaus umfassend über die Greueltaten und Vertreibungen in seinen Operationsgebieten informiert und schlug aus ihnen Kapital. Laut Aussagen ehemaliger Paramilitärs waren Chiquita-Unterhändler Teil der Vereinigung »La quintruple allianza«, eines Zusammenschlusses von Paramilitärs sowie lokalen politischen und ökonomischen Eliten, die systematisch Kleinbauern von ihrem Grund und Boden vertrieben und diesen besetzten.

Sie eigneten sich die Ländereien an und profitierten dann von den Wirtschaftsoperationen im jeweiligen Gebiet. Während die Paramilitärs mit der militärischen Durchführung und Sicherung beauftragt waren, übernahmen Großgrundbesitzer und die mit ihnen im Geschäft stehenden Konzerne wie z. B. Chiquita die ökonomische Ausbeutung.

In dieses schmutzige Geschäft war auch der ehemalige Präsident und heutige ultrarechte Hardliner Alvaro Uribe Vélez involviert, der die paramilitärischen sogenannten Convivir-Gruppen politisch unterstützte.

Neuere Veröffentlichungen belegen, dass der US-amerikanische Staat schon im Jahr 2000 über die illegale Finanzierung von Akteuren des bewaffneten Konflikts informiert war. So geht aus den nun veröffentlichten Dokumenten hervor, dass Chiquita-Chef Robert F. Kistinger bereits zur damaligen Zeit vor der US-amerikanischen Finanzbehörde Securities and Exchange Commission (SEC) zu den illegalen Transaktionen aussagen musste. Bis 2004 sind diese Verbindungen dokumentiert. 

In dem weltberühmten Roman "Hundert Jahre Einsamkeit" gibt es eine Episode, in der dem Autor die unerhörte Heiterkeit seiner Erzählweise urplötzlich abhanden kommt.

Was er schildert, ist mindestens so unglaublich wie der Aufstieg der Romanfigur Remedios die Schöne gen Himmel, und doch spürt der Leser: Hier hat der als notorischer Übertreiber bekannte Gabriel García Marquez nichts hinzufabuliert. Es ist die Beschreibung jenes Massakers, bei dem am 6. Dezember 1928 Kolumbiens Armee in dem Ort Ciénaga Magdalena 3 000 streikende Bananenarbeiter niedermetzelte. Um welches Unternehmen es damals ging, sagt der Autor nicht, denn wer es wissen will, weiß es ohnehin.

Es war die United Fruit Company aus den USA, einschlägig bekannt auch als Organisatorin von erfolgreichen Staatsstreichen 1910 in Honduras und 1954 in Guatemala. Sie gibt es bis heute, freilich unter einem anderen Namen: Chiquita.Weil sich aber, wenn neue Vorwürfe stimmen, außer dem Namen wenig geändert zu haben scheint, ist der Konzern jetzt zu einem Fall für die Gerichte geworden.

In New York haben knapp 400 kolumbianische Familien Chiquita auf die Zahlung von 7,8 Milliarden Dollar verklagt - Schadenersatz für "Terrorismus, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Folter und unrechtmäßige Tötungen", wie die Anwälte erklären. Der Vorwurf: Der Konzern habe jahrelang die "Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens" (AUC) finanziell unterstützt.

Diese rechtsextremen Todesschwadronen hätten Angehörige der Kläger, die als Gewerkschaftsanhänger bekannt waren, gefoltert und ermordet.Dass Chiquita die geforderte Summe zahlen könnte, ist ausgeschlossen, da sie fast das Doppelte des Jahresumsatzes ausmacht. Doch abweisen wird das Gericht die Klage wohl kaum. Denn im März dieses Jahres hat der Konzern zugeben müssen, den Paramilitärs bis 2004 Schutzgelder von 1,7 Millionen Dollar gezahlt zu haben - und das, obwohl die AUC seit 2001 auf der Terrorliste des US-Außenministeriums standen.

Menschenrechtsgruppen haben Beweise dafür vorgelegt, dass Chiquita die Todesschwadronen mit 3 000 Kalaschnikow-MPi und fünf Millionen Schuss Munition beliefert hat. Angesichts dieser belastenden Fakten kann es jetzt in New York nur noch um die Höhe der Wiedergutmachung für die Betroffenen gehen.Zu einer Bestrafung der Täter wird es hingegen nicht kommen. Soweit sie zu den offiziell mittlerweile aufgelösten AUC-Milizen gehörten, gilt für sie eine umfassende Amnestie der kolumbianischen Regierung. Und was Chiquita betrifft: Bis sich ein Gericht in den USA finden sollte, das die Konzernführung schuldig spricht, die Morde zumindest billigend in Kauf genommen zu haben, kann noch sehr viel Zeit ins Land gehen.