EU Spardiktat: Syriza senkt Mindestrente auf 350 €

Ein versprochenes Ende der Kürzungen wird gebrochen - Massenproteste gegen Tsipras 

Die linke Syriza-Regierung senkt  trotz massiver Proteste und Demonstrationen die Mindestrente auf knapp unter 350 €uro . Für hunderttausende Rentner, die bisher über 350 € erhalten haben, sinkt die  Grundrente jetzt entsprechend in den Keller. 

Über Rentenkürzungen von bis 18 Prozent sollen ab 2019 etwa 1,8 Milliarden Euro eingespart werden. Das entspricht ungefähr einem Prozent des BIP. Von den Einschnitten wären etwa 1,1 Millionen Rentner betroffen, die mehr als 700 Euro im Monat erhalten. Für Empfänger niedriger Renten sind das die umfassendsten Kürzungen seit der Unterzeichnung des ersten Sparpakets im Jahr 2010.

Seit 2010 wurde das Einkommen der Rentner ganze 23 Mal gekürzt, so dass die Renten innerhalb von nur sieben Jahren im Durchschnitt um 40 Prozent gesunken sind. Laut dem griechischen Vereinten Rentnernetzwerk belaufen sich die Kürzungen auf insgesamt 50 Milliarden Euro.

Der Präsident des Rentnernetzwerks Nikos Chatzopoulos erklärte zu den jüngsten Sparplänen: „Es geht nicht nur um die Kürzungen bei unseren Renten, sondern auch um die Erhöhungen der Sozialversicherungsbeiträge und der Steuern, durch die sich die Einkommen der Rentner um mehr als 50 Prozent verringert haben. [...] Manche können ihre Medikamente nicht mehr bezahlen. Wir haben kein Geld mehr für Strom- und Telefonrechnungen.“

Der Steuerfreibetrag wird von 8.636 Euro auf 5.681 Euro gesenkt, sodass die Einkommen vieler Geringverdiener und Rentner nicht mehr darunter fallen. Die Maßnahme wird auch Rentner mit geringem Einkommen betreffen, die nur 500 Euro im Monat bekommen. Für diejenigen, die zum jetzigen Zeitpunkt gerade noch unter den Freibetrag fallen, bedeutet dessen Senkung eine Verringerung des Renteneinkommens um etwa 650 Euro.

Die Senkung des Steuerfreibetrags soll ebenfalls Einsparungen in Höhe von einem Prozent des BIP bringen und wird ab 2020 in Kraft treten, sofern der derzeitige Haushaltsüberschuss im festgelegten Rahmen bleibt. Andernfalls würde der Freibetrag bereits 2019 gesenkt werden.

Nächstes Jahr werden weitere Sparmaßnahmen in Höhe von 450 Millionen Euro in Kraft treten, darunter eine 50-prozentige Senkung des Heizkostenzuschusses, der Arbeitslosenhilfe und eine Senkung des Steuernachlasses für medizinische Kosten. Außerdem ist der Verkauf von Kohlegruben und Kraftwerken der griechischen Stromgesellschaft geplant, was insgesamt etwa 40 Prozent der Kapazitäten des Unternehmens betrifft.

Die Syriza-Regierung hat in den letzten Jahren die Privatisierung des Staatsbesitzes in rasantem Tempo vorangetrieben. Davon profitierte auch Deutschland, die treibende Kraft hinter den Spardiktaten gegen die griechische Arbeiterklasse. Nachdem der deutsche Flughafenbetreiber Fraport bereits 14 Regionalflughäfen, darunter auch Thessaloniki, übernommen hatte, erhält jetzt eine deutsche Firma einen Zuschlag am Hafen von Thessaloniki. Die Regierung verkauft die Rechte des zweitgrößten griechischen Hafens an ein internationales Konsortium mit deutscher Beteiligung.

Das jüngst vereinbarte Abkommen umfasst neben den Sparmaßnahmen auch Angriffe auf das Arbeitsrecht. Die griechische Regierung hat in großen Teilen die Forderungen des IWF nach einer weiteren Aushöhlung des Arbeitsrechts akzeptiert. Zwar wurde die Forderung, Arbeitgebern die Aussperrung ihrer Belegschaft zu erlauben, vorläufig fallengelassen. Aber dafür nähert sich Griechenland mit dem Abkommen einer Abschaffung der Gesetze gegen willkürliche Massenentlassungen an. Diese sind zwar weiterhin auf fünf Prozent der Belegschaft beschränkt, bzw. auf maximal 30 Arbeiter am Tag, müssen aber nicht mehr vom Finanzminister und dem Obersten Arbeitsrat (ASE) genehmigt werden. Bei dem neuen Verfahren wird der ASE nur prüfen, ob alle juristischen Voraussetzungen eingehalten werden.

Das Abkommen beinhaltet auch die Verpflichtung, Gesetze gegen Streiks einzuführen, darunter eine Beschleunigung des Verfahrens zur Feststellung der Rechtmäßigkeit von Streiks.

Nicht nur die KKE also die Kommunistische Partei und die linken Gewerkschaften haben dagegen massiv protestiert. Auch der bürgerlichen Opposition geht dieses Rentenniveau-Massaker zu weit. Sie stimmte im Parlament dagegen. 

Scharfer Kritik muss sich Tsipras stellen, der zum wiederholten Mal ein »Ende der Kürzungen« versprochen hatte. Die Abgeordneten der Regierungspartei Syriza (Koalition der radikalen Linken) brachten das jüngste Diktat aus Brüssel über die Runden, um Tsipras im Juni eine neue »Hilfszahlung« der europäischen Geldgeber in Höhe von rund sieben bis zwölf Milliarden Euro zu sichern – die dritte Rate aus dem Gesamtpaket in Höhe von rund 86 Milliarden Euro. EU, Europäische Zentralbank und der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) verlangen im Gegenzug Kürzungen von bis zu fünf Milliarden Euro. Das »Rentenmassaker« hat einige hunderttausend Alte auf ein Minimum von weniger als 350 Euro Monatseinkommen reduziert; beschlossen wurden auch die Herabsetzung des Steuerfreibetrags sowie eine neuerliche Senkung der Gehälter im öffentlichen Dienst.

Für viele Linke enttäuscht Syriza seit Jahren  auf ganzer Linie.

Die hohe Zahl der Nichtwähler ist auch weitgehend ein Ausdruck der Unzufriedenheit mit dem bürgerlichen politischen System. Teile der Werktätigen und der Jugend sind wütend und enttäuscht, bei ihnen ist der Eindruck entstanden: „Es passiert nichts“ und „Man kann sowieso nichts ändern“. Dieser Eindruck ist durch die Syriza-Anel-Regierung noch verstärkt worden.

Die hohe Wahlenthaltung hat sich auch auf das Ergebnis der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) ausgewirkt – nicht zur Wahl zu gehen bedeutet keineswegs, eine aktive Haltung einzunehmen, die heutige Situation in Frage zu stellen und Widerspruch gegen die Ursachen dieser Situation einzulegen.

Aber die geringe Wahlbeteiligung hängt auch damit zusammen, dass viele Wählerinnen und Wähler in Griechenland ihr Wahlrecht ausschließlich am Geburts- bzw. Heimatort ausüben können, unabhängig vom Wohnort. Doch für viele von ihnen ist es wegen ihrer Armut unmöglich diese Reise zu machen.

Die KKE hat wiederholt verlangt, dass Maßnahmen ergriffen werden, um diese Ziele einfacher zu erreichen.  Aber die bisherigen Regierungen haben nichts dafür unternommen.

Die KKE meint, dass man alle kleinen und großen Kämpfe nützen müsse aber auch die Wahlen. Sie wollen so die Risse, die bei den heutigen, negativen Kräfteverhältnissen entstehen, zum Sturz des Systems nutzen.

Tsipras und Syriza haben nicht im Interesse des Volkes verhandelt, sondern im Interesse der Monopolgruppen, die „heißes Geld“ brauchten, also einen leichteren Zugang zu Krediten, um ihre Profite zu steigern. Ihre Verhandlungsführung war zu 100 Prozent gegen die gesamte werktätige Bevölkerung gerichtet – das Ergebnis war ein drittes Memorandum, dem auch ND, PASOK und To Potami zugestimmt haben. Dieses Memorandum beinhaltet harte Maßnahmen, und es hält die vorangegangenen zwei Memoranden und die über 400 Durchführungsgesetze zu den Memoranden aufrecht.

Syriza berteiligt sich daran,  das Parlament zu einem Altar zu machen, auf dem die verbliebenen Rechte der Arbeiterklasse und des Volkes geopfert werden.