Wer Grüne wählt, wählt Merkel

Nachdem SPD Chef Gabriel optional eine Ampelkoalition für möglich hält, die wohl aber keine Mehrheit hätte und nachdem auch die Linkspartei eine eindeutge Festlegung auf Rot-Rot-Grün mit dieser neoliberalen SPD  aufgegeben hat, stellen sich auch die Grünen mit zwei CDU kompatiblen " Realos" ( die man besser als machtorientierten und opportunistischen Flügel bezeichnen sollte) des rechten Flügels gegen eine klare Festlegung für Rot-Rot-Grün und personell sogar eher schwarz-grün auf.

Mit Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir wurde nach einer Basisfragung der linke Flügel ganz aus dem Führungsduo der Partei Bündnis 90/ Die Grünen entfernt. Derrechte Flügel wird auch thematisch den Inhalt der Grünen bestimmen und so eine schwarz-grüne Koalition mit Merkel inhaltlich den Weg ebnen.  Mit Hofreiter verschwindet auch der Flügelproporz bei den Grünen. 

Der Sieg bei der Urwahl, an der sich 59 Prozent der 60.000 Parteimitglieder beteiligt haben, war weniger eindeutig als erwartet. Der 51-jährige türkischstämmige Schwabe konnte sich nur mit einer hauchdünnen Mehrheit von 75 Stimmen gegen Schleswig-Holsteins Vize-Regierungschef Robert Habeck durchsetzen. Keine Chance hatte dagegen der Parteilinke und Fraktionschef Anton Hofreiter, der auf 26 Prozent der Stimmen kam.

Somit entwickelt sich die Partei der Grünen zu einer FDP 2.0, die Merkel zu einer bürgerlichen Mehrheit verschaffen sollte, wenn die CDU eine ebenso wahrscheinliche rechtspopulistische Koalition mit der AfD nicht eingehen sollte. Es geht also um eine zweite Option der politischen Klasse, die Merkel alternativlos erscheinen lassen soll. eine Jamaika-Koalition mit CDU und FDP wird  von diesem bürgerlichen Duo jedenfalls favorisiert. . Anders als 2013, als der Parteilinke Jürgen Trittin neben Göring-Eckardt Spitzenkandidat gewesen war, geht die Öko-Partei nun 2017 mit einem Duo in den Wahlkampf, das die "bürgerliche Mitte" oder besser gesagt das Establishment udn die politische Klasse entspricht und  anspricht.

So viel Establishment-Denken bei den Grünen war bei der Anti-Establishment Partei von früher einst undenkbar. Damit ist die Partei endgültig  im Merkel-Lager angekommen.

Die Grünen blieben aber bei ihrem Kurs der Unabhängigkeit, versichern beide Kandidaten. Aber das ist nur noch Wortkosmetik und taktisches Kalkül. Rot-Rot-Grün ist damit auch von dritter seite totgesagt. Es werde angeblich  darum gehen, die Grünen als eigenständige Kraft so stark wie nur möglich zu machen. Aber auch das ist nur Täuschung der Wähler, damit es überhaupt noch einen Grund gibt, die  ehemalige pazifistische Friedenpartei der Grünen zu wählen

Dennoch blinken Özdemir und Göring-Eckardt bereits schwarz-grün, indem sie etwa betonen, wie sehr sie auf die Unterstützung von Winfried Kretschmann bauen. Baden-Württembergs Ministerpräsident, der mit Abstand beliebteste Grünen-Politiker der Republik, kämpft auch im Bund für Schwarz-Grün. Den Sieg Özdemirs bei der Urwahl bejubelte er bei Twitter.

Andererseits gilt Özdemir jetzt als extrem angeschlagen und als Auslaufmodel der Grünen, weil er sich nur ganz knapp gegen einen weithin unbekannten Grünen durchsetzen konnte.

Damit ähnelt der Bundestagswahlkampf 2017 schon jetzt sehr dem Wahlkampf der USA, wo das Establishment Hillary Clinton als die sichere Siegerin der Wahlen im Vorfeld darstellen wollte.

Momentan verkörpert nur eine Sahra Wagenknecht der Linkspartei eine wirkliche Stimme gegen das Establishment und gegen die politische Klasse, zumal die AfD genauso neoliberal und sozialstaatsfeindlich tickt wie CDU, SPD, FDP  und Grüne.


Kommentar von Oskar Lafontaine:

Wer im Glashaus sitzt...
Das Realo-Duo der Grünen biegt rechts ab

Die Wahl von Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir zu Spitzenkandidaten der Grünen für die Bundestagswahl ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Grünen zu einer Art „FDP mit Dosenpfand“ geworden sind. Zwar werden sie, um sozial engagierte Wähler nicht zu verlieren, vor der Wahl noch behaupten, sie seien nach allen Seiten offen. Aber die beiden Spitzenkandidaten sind das Traumpaar von Winfried Kretschmann, der nach eigenem Bekunden jeden Tag für Angela Merkel betet.

Sie unterstützten die Agenda 2010, also Sozialabbau, Lohndrückerei und Rentenkürzungen, und halten diese „Reformen“ heute noch für richtig. Sie befürworten Kriege um Rohstoffe und Absatzmärkte („humanitäre Interventionen“), Waffenlieferungen, Flugverbotszonen und Bodentruppen im Vorderen Orient – also eine Politik, die die Menschen in die Flucht treibt. Beide unterstützen die konfrontative Politik der USA gegenüber Russland und haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt: Gerade jetzt braucht Europa eine selbständige Außenpolitik, die sich an der Entspannungspolitik Willy Brandts orientiert und Frieden und Ausgleich auch mit Russland sucht.

Obwohl die Nato 13mal so viel für Rüstung ausgibt wie Russland, und nicht russische Truppen an den US-Grenzen in Kanada oder Mexiko stehen, sondern US-Truppen an der russischen Grenze, sieht das Realo-Duo in Putin die größte Gefahr für den Weltfrieden. Natürlich unterstützen sie auch die Europapolitik Angela Merkels, die in den südeuropäischen Ländern zu sozialer Not und zur Re-Nationalisierung führt.

Mit Kretschmann, Göring-Eckardt und Özdemir hat sich bei den Grünen der Flügel durchgesetzt, der einer Wiederherstellung des Sozialstaates und einer friedlichen Außenpolitik im Wege steht. Um in der Schmäh-Diktion der „Qualitätspresse“ zu bleiben: Die AfD-Nähe der Grünem-Spitze ist nicht zu übersehen. Denn auch die AfD ist für Interventionskriege im deutschen Interesse, für Aufrüstung und Waffenlieferungen, für Lohndrückerei, Sozialabbau und Rentenkürzungen. Wie Frauke Petry sehen die beiden Realos in der Besteuerung großer Vermögen und Erbschaften eine Gefahr für den Mittelstand. Und die Lockerungsübungen vor allem Kretschmanns in der Asylpolitik und der Inneren Sicherheit runden das Bild ab.

Und da die Mainstream-Medien dieselbe Nähe zur AfD haben wie die Grünen, werden sie weiter versuchen, der LINKEN dieses Etikett unter dem Motto: „Die Extreme berühren sich“ an die Backe zu kleben. Wo kämen wir denn hin, wenn sie den Balken im eigenen Auge sehen würden?