Berlin: #We are Holm -15 000 Unterschriften fordern Holm bleibt - doch Holm geht

Die Fraktionsvorsitzende Antje Kapek (l-r, Bündnis90/Die Grünen), der Sprecher der Volksentscheid-Initiative, Rouzbeh Taheri, und der Fraktionsvorsitzende Udo Wolf (Die LINKE) übergeben Unterschriften der Petition "#holmbleibt für ein soziales und bezahlbares Berlin"

Der junge rot-rot-grüne Senat in Berlin steckt in einer existenziellen Krise. Keine Frage. Die kommenden Tage werden zeigen, ob sich SPD, Linkspartei und Grüne in der Hauptstadt zusammenraufen können.

Sie können es nicht und deshalb sollte Rot-Rot-Grün auch sofort beendet werden

# We are Holm

Die Basta-Ansage des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) vom Wochenende zur Entlassung des Baustaatssekretärs Andrej Holm hat aber die ohnehin ernste Lage verschärft. Holm hat jetzt seinen Rücktritt erklärt.

Interessant ist vor allem die Begründung, warum Holm aus SPD-Sicht gehen soll: weil er angeblich in seiner Rolle als Staatssekretär polarisiere und dies der Umsetzung einer glaubwürdigen Wohnungspolitik des Senats schade. Die Vorwürfe zur Stasi-Vergangenheit Holms spielen dagegen in der verbreiteten Erklärung nur am Rande eine Rolle. Dafür, dem ausgewiesenen Stadtentwicklungsexperten Holm nach knapp vier Wochen im Amt die Eignung abzusprechen, braucht es einige Chuzpe. Schließlich waren es einige Jahrzehnte sozialdemokratischer Wohnungspolitik, die den Mietenwahnsinn in der Hauptstadt erst möglich gemacht haben.

Für die Linkspartei, aber auch für Rot-Rot-Grün ist ein stadtpolitischer Kurswechsel zentrales Anliegen. Wie kein anderer stand Holm für die Kritik an der bisherigen Ausrichtung der Politik, die vor allem den Bau von teuren Wohnungen favorisierte, die sich nur wenige leisten können. Mit dem Rauswurf Holms steht dieser Paradigmenwechsel zur Disposition. Ein stadtpolitischer Neuanfang ist dann nicht möglich.

Während die CDU nach 1949 sogar Altnazis zu Bundespräsidenten, Bundeskanzler, Geheimdienstchefs und quasi Kanzleramtschefs machte - wie den Rassenideologen Hans Globke, der die rechte Hand von Kanzler Adenauer wurde- ist ein kleiner 16 jähriger DDR Geheimdienstanwärter  einer Spezialeinheit des Staatsschutzes für diese bürgerliche Opposition heute angeblich nicht tragbar.

Es ist beschämend und peinlich, was mit Holm geschieht. Freiheit für Holm 

Die neue sozialere Stadtentwicklungspolitik in Berlin erleidet einen heftigen Schlag. Sie wird nun wohl doch eher nicht  mieterfreundlicher werden. Der Staatssekretär der Mieter ist jetzt Geschichte.

Immerhin gibt es noch einen rot-rot-grünen Koalitionsvertrag. Der kündigt zum Beispiel an, "der Bodenspekulation entgegenzutreten" und liest sich auch sonst sehr knackig: Mit dem Abverkauf städtischer Immobilien soll ebenso Schluss sein wie mit einer Politik, die den Sozialwohnungsbestand behandelt wie einen totgeweihten Patienten, dem man nur noch das Händchen halten kann.

Statt zuzusehen, wie die Betongoldgräberstimmung die Hauptstadt in eine Metropole der Superreichen verwandelt, die sich Normalverdiener nicht mehr leisten können, und in der Arme keinen Platz haben, sollten die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften neue bezahlbare Wohnungen für alle bauen.

Mit Andrej Holm hatte Rot-Rot-Grün einen Mann zu Hand, der wie kein zweiter für eine solche, neue Politik hätte stehen können.

Als Blogger, Buchautor und aktivistischer Berater von Initiativen wie Kotti & Co. oder dem Berliner Mietenvolksentscheid ist er in Sachen Gentrifizierung die Glaubwürdigkeit in Person – was die Personalie in Zeiten des Geschimpfes auf Eliten und Volksverräter doppelt interessant gemacht hat.

Dass der parteilose Wissenschaftler sich dem Amt allzu sehr angepasst hätte, ist schwer vorstellbar.

Holm kommt aus sozialen Bewegungen und fühlt sich diesen verpflichtet – kein Wunder also, dass die CDU und die Immobilienlobby Zeter und Mordio über seine linkradikale Vita schrien, als er berufen wurde – und dass umgekehrt eine Petition auf Change.org in wenigen Tagen über 16.000 Stimmen für den Verbleib Holms sammelte.

Kurzum: Ausgerechnet Deutschland profiliertesten Gentrifizierungskritiker zum wichtigsten Beamten von Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) zu berufen – das war eine deutliche Ansage des rot-rot-grünen Berliner Senats. Wenn Bürgermeister Müller (SPD) ihn jetzt wieder aus dem Amt werfen lässt, ist das ebenfalls eine Ansage. Bloß: Was für eine eigentlich? Eine entlarvende allemal..

Die angebliche Staatsschutz Vergangenheit in der DDR reicht als Grund für den Rauswurf nicht aus.

Dass der 46-Jährige ab September 1989, also im zarten Altern von 18 Jahren, zunächst eine militärische Ausbildung bei der DDR Ehrenbrigade Felix Dscherschinsky absolvierte  ( im gleichen Gebäudekomplex übrigens wo auch Angela Merkel am Zzentralintitut der Wissenschaften der DDR  in Berln Adlershof saß) und dann noch ein paar Wochen als hauptamtlicher Mitarbeiter des sich auflösenden Ministeriums für Staatssicherheit  also praktisch für den " Verfassungsschutz der DDR) Berichte las und Radio hörte – all das war seit 2007 bekannt.

Man hätte es als Lebensweg  eines  guten Teenagers in der DDR verbuchen können, der aus einer SED-treuen Familie kommt und ein eher positives Bild von der DDR hatte.

"Die DDR schien mir nicht ein Ort zu sein, in dem man nicht für Veränderungen eintreten kann", sagte Holm im Interview mit der ZEIT ONLINE. "In meinem Umfeld gehörten Überwachung und Diskussionen um IMs nicht zum Alltag."

Statt sich darauf zurückzuziehen, in jugendlicher Naivität und auf Druck des Elternhauses gehandelt zu haben, übernimmt er Verantwortung für seine Entscheidung und erklärt, warum für ihn die Ausbildung bei der Stasi damals in Frage kam.

Diese Sätze zeigen einen bemerkenswert ehrlichen Umgang mit der eigenen Biografie in der SED-regierten DDR, die von Ehrlichkeit und offenen Umgang mit seiner Biografie zeugt. Es ist beschämend, das holm deswegen zurücktreten muß.