Die Linkspartei stimmt Hartz IV - Gesetzesverschärfung zu - Parteivorsitzende Kipping bloßgestellt

Obwohl die Parteivorsitzende Katja Kipping gegen die Hartz-IV Gesetzesverschärfungen polemisiert, stimmt ihre Partei in den Ländern wo sie mitregiert, den Gesetzesverschärfungen zu.

Und sie weiß nichts davon. Im Bundestag wird sie daraufhin vorgeführt und bloßgestellt.

So kam es zum peinlichen Eklat: Wie das SWR-Magazin Report Mainz aufdeckte, sieht die angestrebte ALG II-Reform von Nahles vor, dass Hartz-IV-Empfänger in ihren Rechten künftig substantiell eingeschränkt werden. Wie Sozialvereine berechnet haben, sind rund 50 Prozent aller Hartz IV-Bescheide fehlerhaft. Bislang können die Leistungsempfänger auch nach Ende der einmonatigen Widerspruchsfrist einen Überprüfungsantrag stellen, wenn der Jobcenter-Mitarbeiter Angaben nicht berücksichtigt hat oder die hauseigene Software mal wieder falsche Berechnungen durchführte.

In Knapp 60 Prozent der Fälle erhalten Hartz IV-Empfänger bei ihren Widersprüchen oder den anschließenden Klagen Recht. Die Leistungsempfänger erhalten dann auch rückwirkend, was ihnen zunächst fälschlicherweise versagt wurde. Dies soll künftig in vielen Fällen nicht mehr möglich sein.

Bis dato verklausuliert im neuen Gesetzestext verankert, und nun von Report Mainz entschlüsselt, plant das Nahles-Ministerium, dass gegen das Vorenthalten von Leistungen oder das Kürzen dieser nur noch einen Monat lang rückwirkender Widerspruch eingelegt werden kann. Fällt der Fehler erst später auf, ist jede Chance auf Korrektur vertan.

Konkret heißt das, dass das Recht zwar auf der Seite der Leistungsempfänger ist, diese jedoch Geld, welches ihnen eigentlich zusteht, nicht mehr erhalten sollen. Für einen Hartz IV-Empfänger bedeutet das schnell das Abrutschen in die Schuldenfalle und der finanzielle Ruin. Das Prinzip der Rechtssicherheit wird gleichsam über den Haufen geworfen.

So ist sich Stefan Sell, Professor für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Hochschule Koblenz, gegenüber Report Mainz in seiner Einschätzung der Nahles-Pläne auch sicher: Die Gesetzesinitiative sei eine „unglaubliche Schweinerei“.

Rechtsanwalt Dirk Feiertag kommentiert:

Das Gesetz ist ein Skandal! Das wichtige Instrument der Überprüfungsanträge wird hier so stark beschnitten, dass wir es in vielen Bereichen gar nicht mehr anwenden können.

Die SPD und SPD-Arbeitsministerin Nahles ficht die harsche Kritik an dem erneuten Versuch des Sozialkahlschlags nicht an. Zur Begründung des eigenes Vorgehens wird lieber auf einen bewährten Trick zurück gegriffen. Bei den geplanten Änderungen handele es sich lediglich um eine "klarstellende Anpassung", so die Sozialdemokraten. Die Wähler scheint das nicht zu überzeugen. In der neuesten Forsa-Umfrage rutscht die SPD auf nur noch 19 Prozent.

So stellt sie auf ihrer Webseite richtig fest:

Es ist erschreckend, dass die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD zu Befehlsempfängern der Bundesregierung degradiert werden, die „Formulierungshilfen“ der Bundesregierung in Anträge umsetzen sollen.

Und was formuliert die Bundesregierung zum Beispiel?

​Die sogenannte Rechtsvereinfachung bei Hartz IV soll sich noch weiter zur Repressionsverschärfung entwickeln. So sollen diejenigen, die sich der Zwangsverrentung widersetzen, per gesetzlich vorgeschriebenem Leistungsentzug dazu genötigt werden.

Außerdem: Rechtsvereinfachung nennt es die große Koalition, wenn Müttern mit Hartz IV der Lebensunterhalt für ihre Kinder gekürzt wird, weil das Kind ein paar Tage beim umgangsberechtigten Vater ist, der kein Hartz IV bezieht. Davon mal abgesehen, lässt sich der monatliche Lebensunterhalt nicht tagegenau aufschlüsseln, weil viele Dinge, wie Spielsachen, Kleidung usw. immer da sein müssen. Auch das Essen kann man nicht tagegenau portioniert kaufen. Auch hier also eine Rechtsverschärfung zu Ungunsten der Betroffenen.

Doch genau dieser Rechtsverschärfung der Hartz IV - Gesetze haben die mitregierenden Linksparteien in Brandenburg und Thüringen zugestimmt, obwohl die Linkspartei Hartz IV zugunsten einer Grundsichering für alle ganz abschaffen will.

Die Linken-Parteivorsitzende Katja Kipping startete zur Buindestagsdebatte über die Verschärfung  der Hartz IV-Gesetze eine Kurzintervention.  Die brachte Erhellendes zu Tage. Denn Kipping wollte wissen, ob Schiewerling ausdrücken wollte, dass linke Landespolitiker die Gesetzesnovelle mitgetragen hätten.
 
Und da wusste Schiewerling Interessantes zu berichten. Denn das Abstimmungsergebnis der Ländervertreter in der Bund-Länder-Gruppe zum neuen Kürzungspaket aus dem Hause Nahles war 15 zu 0 zu Gunsten des Vorhabens der Bundesarbeitsministerin ausgegangen. Im Klartext: Ein Vertreter einer Rot-Roten Landesregierung hatte nicht gegen die Gesetzesverschärfungen zu Lasten der SGB-II-Bezieher gestimmt, ein anderer Vertreter dem Verschärfungsvorhaben sogar explizit zugestimmt. Mit versteinertem Gesicht verzichtete Kipping auf weitere Nachfragen.
 
Allerdings berief sich Thüringen im nachhinein darauf, dass diese Zusage  zur Sozialkürzung schon vor der Regierungszeit von Bodo Ramelow erfolgte. Allerdings ist das kein Grund für eine neue Regierung dem jetzt zuzustimmen, wenn sie eine andere Position in der Sache hat.