Die wohl gekaufte Sommermärchen-Fußball-WM 2006 rückt jetzt Kaiser Franz Beckenbauer in den Fokus

Nach Berichten, für den Zuschlag der Fußball-WM 2006 sei Geld aus einer schwarzen Kasse des Bewerbungskomitees geflossen, um damit vier entscheidende Stimmen im Fifa-Exekutivkomitee zu kaufen, leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den bisherigen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach, Vorgänger Theo Zwanziger und den früheren DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall ein. Mit seinem Rücktritt hat Niersbach die Konsequenzen aus dem Skandal um die WM-Vergabe gezogen

Der Chef des damaligen Organisationskomitees der Fußball-Weltmeisterschaft von 2006, Franz Beckenbauer, könnte am Kauf der Vergabe der  WM an Deutschland für das Sommermärchen im Jahre 2006 beteiligt gewesen sein. 

Jetzt taucht ein Brief von Beckenbauer an das Organisationskomitees auf, dass wenige Tage vor der WM- Vergabe verfasst worden war und auf einen möglichen Stimmenkauf hindeutet, dessen Urheberschaft zuerst unklar war.

Vorher war bekannt geworden, dass 6,7 Mio. €uro des DFB an die Uefa für Zahlungen im Vorfeld der Vergabe der WM nicht zugeordnet werden konnten und womöglich als Bestechungsgeld für asiatische Sportfunktionäre gedient haben könnte. 

Ex-Verbandspräsident Theo Zwanziger schickt Anfang der Woche einen brisanten Brief an den DFB. Mit einer pikanten Empfehlung. Jetzt erklärt Zwanzigers Anwalt, wie der Brief gemeint ist.

Zuletzt hatten dortige Notizen auf einem Briefentwurf aus dem Jahr 2004 für erneuten Wirbel in der WM-Affäre gesorgt. Sollten diese von Niersbach stammen, wäre klar, dass er nicht wie behauptet erst diesen Sommer von den Millionentransfers im Zuge der Vorbereitungen für die Weltmeisterschaft 2006 erfahren hätte.

Danach ist dann auch noch der aktuelle DFB- Präsident Niersbach zurückgetreten.

Der Ratschlag des früheren Verbandspräsidenten Theo Zwanziger an den Deutschen Fußball-Bund (DFB) in der WM-Affäre zur Überprüfung von Ansprüchen gegen Franz Beckenbauer soll keine Anschuldigung gegen den WM-Chef von 2006 gewesen sein.

Das erklärte Zwanzigers Anwalt Hans-Jörg Metz in der Bild-Zeitung. "Keinesfalls ist damit, nicht einmal ansatzweise, behauptet, das Geld befinde sich bei Beckenbauer", sagte Metz.

Zwanzigers Empfehlung in einem Brief an den DFB vom Wochenanfang hatte trotzdem für Aufsehen gesorgt. Aus Sicht des 70-Jährigen ist eine Forderung des Verbands gegen Beckenbauer in Höhe von 6,7 Millionen Euro zumindest vorstellbar, weil die ungeklärte Zahlung des WM-Organisationskomitees von 2005 in gleicher Höhe an den Weltverband FIFA nach bisherigen Darstellungen "möglicherweise zu Unrecht" eine persönliche Schuld des früheren Rekordnationalspielers getilgt habe. Entsprechend wäre Beckenbauer ebenfalls zu Unrecht der Begünstigte der Überweisung.

Franz Beckenbauer und der Schuldschein über 6,7 Millionen Euro

Beckenbauer hat eigenen Angaben zufolge schon 2002 beim früheren adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus einen Schuldschein über 6,7 Millionen Euro unterschrieben. Der Franzose soll demnach dem WM-OK die Summe für eine angeblich von der FIFA geforderte Zahlung vorgeschossen haben, um einen späteren FIFA-Zuschuss für die WM-Macher über 170 Millionen Euro abzusichern.

Erst 2004 jedoch soll Beckenbauer seine OK-Kollegen über den Schuldschein informiert haben. Seltsam.  Das Gremium hat sich danach 2005 offenbar dazu entschlossen, Beckenbauers Schulden bei Dreyfus durch die als "Kulturprogramm-Beitrag" verschleierte Zahlung zu tilgen.

Für die mutmaßliche Dreyfus-Zahlung von 2002 existieren außer Beckenbauers Angaben aber keine Belege.

Die FIFA bestreitet für ihre Konten Zahlungseingänge des Franzosen in der betreffenden Höhe. Der momentan suspendierte FIFA-Präsident Joseph S. Blatter dementierte außerdem die Darstellung, mit Beckenbauer vorbehaltlich eines weiteren Gespräches des "Kaisers" mit der FIFA-Finanzkommission den 170-Millionen-Zuschuss ausgehandelt zu haben. Auch sind bislang noch keine Nachweise für Beckenbauers Schuldschein bekannt.

Der DFB geht angesichts Beckenbauers Unterschrift unter den jetzt bekannt gewordenen Warner-Vertrag ( Vizepräsident  des Fußball-Weltverbandes, der ebenfalls wegen Bestechungsverdacht vom Weltverband suspendiert worden war) von einem möglichen Bestechungsversuch aus. "Das muss man so werten, dass zumindest über diese Fragen nachgedacht worden ist", sagte Reinhard Rauball, der gemeinsam mit Rainer Koch den DFB interimsmäßig führt, beim TV-Sender Sky. "Wenn etwas schriftlich konzipiert ist, egal ob es dann formwirksam geworden ist oder nicht, dann ist das etwas, was diese Vermutung zulässt."

Franz Beckenbauer hat nach DFB-Angaben vier Tage vor Vergabe der WM 2006 eine vertragliche Vereinbarung mit dem früheren Fifa-Vizepräsidenten Jack Warner unterschrieben. In diesem Dokument seien der Konföderation des stimmberechtigten Exekutivmitglieds "diverse Leistungen" von deutscher Seite zugesagt worden, sagte DFB-Interimspräsident Rainer Koch in München.

Dies seien jedenfalls offiziell "keine direkten Geldleistungen" gewesen, sondern unter anderem Vereinbarungen über Spiele, Unterstützung von Trainern beim Kontinentalverband CONCACAF oder Ticketzusagen für WM-Spiele an Warner selbst, erklärte Koch.

Es bestehe keine Erkenntnis, ob dieser Vertrag formal in Kraft getreten sei. Beckenbauer sei damals nicht allein vertretungsberechtigt für den DFB gewesen. Daher seien alle festgehaltenen Absprachen abhängig von einer Zustimmung des DFB-Präsidiums gewesen. Und das bringt  wiederum Niersbach unter Verdacht.

Zuvor hatten die "Bild" und die "Süddeutsche Zeitung" über die Unterschrift Beckenbauers berichtet. Das Management von Beckenbauer wollte diese Berichte zunächst auf Anfrage nicht kommentieren.

Im Umkehrschluß bedeutet es, dass wenn Manipulationen durch Beckenbauer als Organisationschef für die Fußball-WM passiert sein sollten, der DFB - Vorstand also der deutsche Fußball darin verwickelt sein mußte.