Fragwürdige Aprilthesen der Linkspartei - Im Wortlaut

Kritik:

Es ist richtig, das das Erreichte der Linkspartei auf wackligen Füßen steht. Genauso richtig ist es aber auch, dass Grundsätze und Prinzpien linker Politik in der Linkspartei immer mehr  aufgeweicht und verwässert werden . Das Papier von Troost und Co. ist ein Ausruck der keynesianischen Sozaldemokratisierung der Linkspartei. Da hilft es auch nichts, Marx vollmundig und selektiv zitiert an den Anfang der Ausführungen zu stellen.

Die neoliberal-austeritäre Haushaltspolitik der bürgerlichen Parlamente darf auf keinen Fall mitgetragen werden.  Schuldenbremsen und die "schwarzen Null" als Dogma sind natürlich anzulehnen. Andererseits geht es im Kern aber um die Eigentumsfrage und um die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums, denn auch die Schulden der Verbraucher und des Staates snd gleichzeitig die Verm,ögen der superreichen Oligarchen und Oligopolkapitalisten. Deren Enteignung kommt praktisch garnicht vor. Allenfalls ist halbherzig von einer  unzureichenden Vermögenssteuer die Rede.

.....Fortsetzung folgt   

Wo wir stehen und was getan werden sollte von Alexander Recht, Paul Schäfer, Axel Troost, Alban Werner

Die Ausgangslage für DIE LINKE erscheint komfortabel: Oppositionspartei Nr. 1 im Bundestag, stabile Umfragewerte, an zwei Landesregierungen beteiligt, ein Ministerpräsident, zuletzt in Hamburg erfolgreich. Mit stabiler Massenverankerung und Mobilisierungsfähigkeit sollte das aber nicht verwechselt werden. Wir erleben in der gegenwärtigen Situation der Partei auch Stillstand, der schnell zu Niedergang führen kann, wenn wir über kein klares Konzept und keine erkennbare Strategie verfügen, wie auf die zu erwartenden Konflikte adäquat zu reagieren ist. Ausgangspunkt jeglicher Strategiebildung ist die Analyse der gegenwärtigen Hauptkonfliktlinien und die Prognose der zu erwartenden politischen Brennpunkte. Wir sehen fünf Themen, auf die wir uns konzentrieren sollten:

■ Haushaltspolitik und öffentliche Investitionen: Die Regierungsparteien werden – die CDU mehr, die SPD weniger – mit ihrer Politik der »Schwarzen Null« werben; der Streit um den »Soli« und den Länderfinanzausgleich ist eröffnet. Aber wie sollen die unabdingbaren Zukunftsinvestitionen getätigt werden, wenn an ausgeglichenen Haushalten und der Verweigerung von Umverteilung festgehalten wird? DIE LINKE wird hierzu ein kohärentes, allgemein verständliches Konzept vorlegen müssen.

■ Fortgang der europäischen Integration: Nach dem Wahlsieg von Syriza und möglichen weiteren Linksentwicklungen in Südeuropa spitzt sich die Frage immer mehr zu: Wird die destruktive Verarmungspolitik fortgesetzt, oder gelingt es, die Politik in Richtung »Solidarunion« zu verschieben? DIE LINKE muss die richtige Balance finden zwischen lautstarker Kritik an den unsozialen und undemokratischen Formen der EU in ihrer heutigen Verfassung und der Formulierung konkreter Alternativen, um die EU progressiv zu verändern.

■ Internationale Handelspolitik – Ablehnung von TTIP: Das transatlantische Handels- und Investitionsabkommen TTIP ist ein wichtiges Projekt, um neoliberal geprägte Internationalisierungsprozesse voranzubringen. Dagegen hat sich breiter Widerstand entwickelt. DIE LINKE muss ihn unterstützen und Vorschläge einbringen, wie eine an sozialen, umweltpolitischen und demokratischen Standards orientierte Globalisierung aussehen könnte.

■ De-Eskalation – Entspannung – Neue Europäische Friedensordnung: Mit der bis vor Kurzem nicht mehr für möglich gehaltenen Konfrontation zwischen »dem Westen« und Russland wächst die Gefahr militärischer Eskalation. Die ökonomischen und gesellschaftlichen Kosten sind schon heute erheblich, und der Weg zum 1990 postulierten gemeinsamen Haus Europa rückt in immer weitere Ferne. DIE LINKE muss Vorschläge präsentieren, wie man – neben der unmittelbaren Einhegung des Ukraine-Konflikts – zu einer neuen europä- ischen Friedensordnung gelangen könnte.

■ Flüchtlingspolitik/Einwanderung/Integration: Schon heute ist absehbar, dass die Frage eines Zuwanderungsgesetzes ein Alexander Recht ist Lehrer an einem kfm. Berufskolleg und Schulungsverantwortlicher im KV Köln der LINKEN. Paul Schäfer, Soziologe und Publizist, war von 2005-2013 Mitglied der Bundestagsfraktion der LINKEN, Mitglied im KV Köln. Axel Troost, Volkswirt, ist stellvertretender Vorsitzender der Partei DIE LINKE, finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Deutschen Bundestag und einer der fünf Sprecher des Instituts Solidarische Moderne. Alban Werner, Politikwissenschaftler, ist Mitglied im KV Aachen der LINKEN. Karikatur: Economist 32 Sozialismus 4/2015 www.sozialismus.de wichtiges Wahlkampfthema werden wird, denn ein Kompromiss innerhalb der Bundesregierung erscheint wenig wahrscheinlich. Damit sind zugleich Grundfragen aufgeworfen: Wie human, wie offen ist unsere Gesellschaft wirklich? Aber auch: Wie sehen Lösungen aus, die den ungeheuren Druck zur Migration in den Krisen- und Kriegsregionen abmildern und damit die Probleme ursächlich angehen?

■ Energiewende: Es bleibt umkämpft, ob der Umstieg auf erneuerbare Energien zügig vorangebracht oder gedrosselt wird. Dringend nötig ist eine Bundesregierung, die den Fuß von der Bremse nimmt. Dieses Thema darf DIE LINKE nicht anderen Parteien überlassen, sie muss ein sozialverträgliches Umbaukonzept zu ihrem Markenzeichen machen. All diese Punkte sind eng verzahnt mit der Politik der Europä- ischen Union. In der EU wiederum geht aufgrund seiner extrem starken Stellung nichts gegen die Stimme Deutschlands. Weil ein Wandel nicht ohne Änderung der Kräfteverhältnisse in den einzelnen Mitgliedstaaten zu erreichen sein wird, sind ein Politikwechsel in Deutschland und die Ablösung der Merkel-Regierung Schlüsselfragen der europäischen Entwicklung insgesamt. Wir sollten uns nachdrücklich der Brisanz dieser Situation bewusst sein, die auch ins Wahljahr 2017 hineinreichen wird.

Die nachfolgenden Thesen sollen einen Beitrag leisten, wie die dafür nötigen Weichenstellungen aussehen könnten, und sie sollen zur Debatte herausfordern.

1. These Regieren ist kein Selbstzweck, aber lustvolles Verharren in der Opposition ist Mist. DIE LINKE muss zielgerichtet aufs Regieren hinarbeiten, immer Politik für den Ernstfall machen und sich den Kopf von Regierenden zerbrechen. Es wäre fatal, wenn sich DIE LINKE unvorbereitet an Regierungen beteiligte und am Praxisschock zugrunde ginge. Auf allen politischen Ebenen muss DIE LINKE die »Kommandohöhen« politischer Entscheidungsgewalt kennen. Sie darf sich nicht in bequemer Isolation einrichten und muss versuchen, gute Bedingungen für eine LINKE Regierungsbeteiligung zu erwirken. DIE LINKE hat zwar in der Opposition einiges erreicht. Sie darf aber nicht die Augen davor verschließen, dass sich seit 2005 vieles zum Schlechteren entwickelt hat: Sozialabbau, Sparpolitik, Eurokrise, prekäre Beschäftigung. Linke haben jetzt wichtige Aufgaben in einer Regierung zu erfüllen und müssen das Fenster für ein Umsteuern in Europa nutzen, das durch den Regierungswechsel in Griechenland geöffnet wurde. Nur wenn DIE LINKE den Willen hat, ihre Inhalte in Regierungen durchzusetzen, können Wähler sicher sein: Eine Stimme für DIE LINKE steht für einen Richtungs- und Regierungswechsel in ihrem Interesse.

2. These Für den politischen Richtungswechsel muss DIE LINKE stärker werden. Aber ohne SPD und Grüne wird es nicht gehen. Auch DIE LINKE muss hierfür Kompromisse eingehen und von der eigenen Position Abstriche machen. Dennoch muss DIE LINKE dieses Bündnis wollen. Sie muss diesen Willen nach außen erkennbar kommunizieren und nach innen ihre politische Arbeit darauf ausrichten. Alles Gejammer hilft nicht: Die Kunst LINKER Politik besteht darin, den Drang von SPD und Grünen in die Mitte zu kritisieren, aber zugleich an sich selbst zu arbeiten und sich um breite Angebote, Vorschläge, Bündnisperspektiven zu bemühen. Leider wollen viele in unserer Partei bei der einfachen Negation stehen bleiben. Es reicht aber nicht, nur durch Angriffe auf die anderen gewinnen zu wollen. Wer von 50+x-Mehrheiten für DIE LINKE träumt, lebt in einem anderen Land. Leider kranken Diskussionen in der LINKEN, aber auch bei SPD und Bündnisgrünen oft an mangelnder Klarheit und Konsequenz. SPD/Grüne wollten 2013 gegen jede Realität eine eigene Mehrheit erreichen. Ihre Weigerung vor 2014, in Bundesländern mögliche rot-rote oder rot-rot-grüne Regierungszusammenarbeit einzugehen, ermöglichte Union und FDP Bundesratsmehrheiten für mehrere schädliche Gesetze (Betreuungsgeld, Kürzungen in der Arbeitsmarktpolitik usw.). Aber auch die Diskussion in der LINKEN ist zu oft unehrlich. Gegen die Realität und oft im Widerspruch zur eigenen Praxis auf kommunaler und Landesebene wird so getan, als gäbe es ohne SPD und Grüne eine Mehrheitsperspektive für fortschrittliche Politik. Eine Folge: Unser Zuspruch unter Gewerkschaftern sowie früheren Rot-Grün-Wählern ist seit 2009 rückläufig – auch weil der Bezug auf diese Parteien zunehmend abstrakter wurde. Gewiss muss DIE LINKE daran arbeiten, an eigener Stärke zuzulegen. SPD und Grüne sind Konkurrenten, DIE LINKE ist nicht deren Steigbügelhalter. Dennoch: Im Westen „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert...“ Heft 205 Ausgabe 6 | 2014 ISSN 0170-4613 K 53 61 5,00 Euro Gerd Mielke Politik im neuen Rahmen? Max Reinhardt Die SPD-Linke – Beispiele für ihre Funktion als Transmissionsriemen progressiver sozialer Milieus nach 1945 Tom Strohschneider Horchposten statt Karrierenetzwerke Michael R. Krätke Richard Löwenthal und seine „posthumen Schüler“ SPD-Linke: Politik und Strategie www.spw.de www.sozialismus.de Sozialismus 4/2015 33 wird DIE LINKE absehbar nicht in die Lage kommen, die größte Partei links der Union zu sein. Damit muss sie offen und ehrlich umgehen, statt SPD und Grüne nur als Feindbild zu betrachten und sich an deren Niederlagen zu erfreuen. Entscheidend wird sein, ob die Parteien links der Union in Summe an Überzeugung und Wählerstimmen zulegen. DIE LINKE wird Prioritäten und kluge Politik entwickeln müssen, damit Kompromisse akzeptabel sind und bleiben. Sie darf nicht bei ihren »roten Haltelinien« stehen bleiben. Vielmehr muss sie auch positive Vorhaben definieren und vorantreiben, die sie bei Eintritt in Regierungsmehrheiten durchkämpfen will. Eine Mobilisierung für positive Ziele ist meistens schwieriger als jene zur Verhinderung von Verschlechterungen. Aber gerade eine Partei, die sich den demokratischen Sozialismus auf ihre Fahnen schreibt, muss Willen, Nerven und Ausdauer haben, diese Mobilisierungsfähigkeit in »revolutionärer Kleinarbeit« (Otto Bauer) zu erlernen. Es geht bei diesem Prozess nicht nur um DIE LINKE selbst. Es geht auch darum, die Kanzlerschaft Angela Merkels zu beenden, die wie ein Alp auf Deutschland und Europa liegt. Dafür müssen sich die Menschen eine fortschrittliche Politik, die ihre Arbeits- und Lebensbedingungen spürbar verbessert, endlich wieder ernsthaft vorstellen können.

3. These »It’s the economy, stupid!« Um die wirtschaftspolitische Verfasstheit der Parteien, die sich dem linken Spektrum zuordnen, ist es nicht allzu gut bestellt. Auch DIE LINKE muss vor der eigenen Haustür kehren. Die Lautstärke LINKER Kritik an der herrschenden Wirtschaftspolitik ist richtig. Aber die eigene Kompetenz der Gesamtpartei steht in keinem guten Verhältnis hierzu. Gegen den Glaubenssatz der »schwäbischen Hausfrau« muss DIE LINKE klarstellen: Öffentliche Investitionen kurbeln die Wirtschaft an. Es ist richtig, diese auch über Kredite zu finanzieren – zumal bei niedrigen Zinsen. Die Geldpolitik der EZB ist das falsche Feindbild. Die SPD hat sich in der Großen Koalition eingerichtet. Trotz einzelner Verbesserungen gegenüber der Agenda 2010 haben Teile ihrer Führung fiskal- und arbeitsmarktpolitisch noch immer neoklassische Auffassungen. Sigmar Gabriel befürwortet TTIP gegen die Mehrheit der SPD. Teile des SPD-Vorstands lieb- äugeln damit, die Vermögenssteuer zu beerdigen – Piketty zum Trotz. Die Grünen vertreten in Teilen die irrige Auffassung, ihr bescheidenes Wahlergebnis von 2013 sei Folge linker Programmatik gewesen. Fiskalpolitisch präsentieren sie sich besonders konservativ. Sie lehnen Ausgaben »auf Pump« ab. Arbeitsmarktpolitisch teilen die Grünen viele Fehler der SPD. Und DIE LINKE? In ihrer Ablehnung der Austeritätspolitik ist ihr nichts vorzuwerfen. Aber die Debatten um Wirtschaftspolitik spielen eine zu geringe Rolle, und auch in ihren Reihen gibt es falsche Auffassungen zu den Möglichkeiten von Staatsschulden und Geldpolitik. Dabei sollte DIE LINKE sich aus zwei Gründen stärker mit diesen Themen befassen. Erstens werden damit Rahmenbedingungen gesetzt, die die tägliche Arbeit unserer Mitglieder auf kommunaler und Landesebene prägen. Zweitens muss unsere Partei nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts belastbare Vorstellungen davon haben, wie sie die Wirtschaft demokratischer, gerechter, effizienter, ressourcenschonender und krisenfester machen will.

4. These Wenn das rot-rot-grüne Bündnis gesellschaftliche Ausstrahlungskraft haben soll, muss es durch ein gemeinsames inhaltliches Projekt erkennbar werden. Dazu müssen die beteiligten Kräfte sich bereits vor dem Wahlgang auf Inhalte verständigen und dabei Gewerkschaften und die fortschrittliche Zivilgesellschaft einbinden. Das Bündnis muss für Fortschritt, Gerechtigkeit und Freiheit stehen. Aus heutiger Sicht erscheint ein Bündnis oder gar Projekt aus SPD, LINKE, Grünen nach der nächsten Bundestagswahl wenig wahrscheinlich. Doch bei dieser Betrachtung stehenzubleiben, hieße, den Politikwechsel auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben. Den Bürgerinnen und Bürgern muss im Vorfeld erklärt werden, wofür eine andere Regierung stehen soll. Die Vorstellung, sich erstmalig nach der Wahl zusammenzusetzen und um ein Regierungsprogramm zu feilschen, ist unrealistisch und nicht demokratisch. Wir schlagen Fortschritt, Gerechtigkeit und Freiheit als Orientierungsmarken vor. Fortschritt heißt, dass auf hochtechnologischer Basis ein Wachstum erreicht wird, das den Reichtum aller mehrt und ökologisch nachhaltig ist. Gerechtigkeit heißt, dass alle Arbeit haben, von der sie gut leben können; dass allen gleiche Berufs-, Bildungs- und Zukunftschancen zuteil werden; dass der Reichtum gerecht verteilt wird, um genau diese Aufgaben bewältigen zu können – von oben nach unten auf nationalstaatlicher Ebene, aber auch global von reicheren zu ärmeren Nationalstaaten. Eine Politik globaler Gerechtigkeit ist zugleich elementare Voraussetzung für die größtmögliche Freiheit eines jeden und damit auch derjenigen, die bis dato von solchen Freiheitsgütern abgeschnitten sind. Umgekehrt bedarf es der Durchsetzung politischer Grund- und Freiheitsrechte, ohne die es nicht zur Verwirklichung einer sozial gerechten und umweltverträglichen Welt kommen wird. Dementsprechend müssen wir konkrete Einstiegsprojekte benennen, an denen eine alternative Regierung zu messen ist.

5. These Fortschritt, Gerechtigkeit und Freiheit gibt es nicht ohne die Errungenschaften der bürgerlichen Gesellschaft. Der Sozialismus wird nicht auf den Trümmern des Kapitalismus, sondern aus seinem Schoße entstehen. Der Weg dahin führt über den Kampf für eine solidarische Ökonomie und für eine partizipative Demokratie. DIE LINKE nimmt emanzipatorische Potenzen der bürgerlichen Gesellschaft zu wenig zur Kenntnis, sondern zeichnet zu oft nur Bilder bürgerlichen Elends. Stattdessen sollte DIE LINKE aufzeigen, welcher Fortschritt durch moderne Produktionsverhältnisse und Produktivkräfte entfesselt werden könnte, der durch falsche Strukturen und Politik blockiert wird. Es geht nicht darum, die bürgerliche Gesellschaft abzuschaffen, sondern sie »aufzuheben«, indem ihre zerstörerischen Tendenzen beseitigt, ihre Fortschrittspotenziale aber beibehalten und ausgebaut werden. An der begonnenen Emanzipation des Individuums aus den Fesseln archaischer vormoderner Gemeinschaften muss 34 Sozialismus 4/2015 www.sozialismus.de

6. These DIE LINKE fordert zu Recht Umverteilung von Einkommen, mehr öffentliches Eigentum, mehr soziale Dienste, die sich mehr Leute leisten können sollen. Auf absehbare Zeit muss DIE LINKE daher wollen, dass es insgesamt mehr zu verteilen gibt. Sie muss also für Wachstum eintreten – auch nachhaltiges Wachstum ist Wachstum. Es stimmt, dass bislang Wirtschaftswachstum mit höherem Naturverbrauch einhergeht. Daher muss Wirtschaftswachstum künftig von erhöhter Ressourcenproduktivität begleitet werden. Doch jede Politik, die den bisher erreichten Wohlstand nicht nur halten oder gar ausbauen, sondern auch gerechter verteilen will, wird in jedem Fall mehr ökonomische Kompetenz, Steuerung und Planung benötigen. Möchte DIE LINKE hier ernst genommen werden, muss sie das Thema selbst ernster nehmen. Wachstum vergrößert den zu verteilenden Kuchen und verbessert die Kampfbedingungen der Lohnabhängigen. Dennoch ist es falsch, wenn nur die Wirkung von Wachstum auf Verteilung beachtet wird. Denn umgekehrt begünstigt eine größere Gleichverteilung auch mehr Wachstum. Daraus darf aber nicht folgen, dass LINKE die Erwirtschaftung immer schon als gegeben voraussetzen und sich daran nicht »die Hände schmutzig machen«. Es wäre hilfreich, wenn wir uns über diese Konsequenz im Klaren wären – trotz berechtigter ökologischer Kritik.

7. These DIE LINKE muss eine Politik einfordern, mit der der Trend zur De-Industrialisierung in Europa umgekehrt wird und der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der Wertschöpfung auf hochtechnologischer Basis (etwa Industrie 4.0) wieder steigt. Gewiss wird Technik im Kapitalismus zuweilen missbraucht und deformiert, aber im Ganzen ist Technik eher Teil der Lö- sung als Teil des Problems. Wir brauchen technischen Fortschritt, der Lebensqualität erhöht und Probleme löst. Dazu muss sich DIE LINKE bekennen. Qualitätsbewusste Warenproduktion und Produktivitätssteigerung durch Innovation, technischen Fortschritt und industrielle Investitionen begrüßen wir ausdrücklich. Eine solche Industriepolitik müsste auch sinnvolle private Investitionen befördern. Klar ist aber auch, dass mehr öffentliche Investitionen getätigt werden müssen und manche Privatisierung rückgängig zu machen ist. Investive, technikbasierte Aktivitäten richten sich zweifellos auch auf die Produktion materieller Güter, aber nicht ausschließlich. Es geht auch darum, für eine höhere Lebensqualität den ökologischen Umbau von Produktion, Verkehr und Infrastruktur voranzutreiben, die öffentliche Daseinsvorsorge und die Sozialsysteme zu stützen, moderne Dienstleistungen zu fördern und der digitalisierten Wissensökonomie den Weg zu ebnen. Von besonderer Bedeutung wird das Verhältnis von Industriepolitik und ökologischem Umbau sein. Wichtiges Ziel technikbasierter Investitionen ist es, den Einsatz nicht-erneuerbarer Ressourcen zu reduzieren, Energieeffizienz zu erhöhen und die Entwicklung regenerativer Energiequellen voranzutreiben. Nö- tig ist es, unmittelbare Aktivitäten von Gebietskörperschaften und öffentlichen Unternehmen in Richtung des technikbasierInformativ, knapp und klar: Die Schaubühne seit 1905 Die Weltbühne seit 1918 Ossietzky seit 1998 Arno Klönne Teilbares Deutschland Rolf Gössner Verwanzung des Grundgesetzes Wolfgang Ehmke Demonstrieren wird teuer Der Sturm auf Berlin Otto Köhler Michael Hartmann Aufstand der Kuscheltiere ? Weitere Beiträge von Ingeborg Hecht Dietrich Kittner Heinz Knobloch Andreas Kötter Lothar Kusche Horst Pöttker VERLA G O SSIETZKY 1 31. Janua r 1998 DM 4 öS 40,00 ,50 sFr 5,50 Ossietzky Z w e i w o che nschrift für Polit ik / Kultur / W irtschaft »Der Krieg ist ein besseres Geschäft als der Friede. Ich habe noch niemanden gekannt, der sich zur Stillung seiner Geldgier auf Erhaltung und Förderung des Friedens geworfen hätte. Die beutegierige Canaille hat von eh und je auf Krieg spekuliert.« Carl von Ossietzky in der Weltbühne vom 8. Dezember 1931 Ossietzky erscheint alle zwei Wochen in Berlin – jedes Heft voller Widerspruch gegen angstmachende Propaganda, gegen Sprachregelung, gegen das Plattmachen der öffentlichen Meinung durch die Medienkonzerne, gegen feigen Selbstbetrug. Ossietzky unter Mitarbeit von Daniela Dahn und Rainer Butenschön. Herausgegeben von Rolf Gössner, Ulla Jelpke, Arno Klönne, Otto Köhler und Eckart Spoo Ossietzky – die Zeitschrift, die mit Ernst und Witz das Konsensgeschwafel der Berliner Republik stört. "ÃÈiÌâŽÞÊ6iÀ>}Ê L ÊUʜÃÈiÌâŽÞJˆÌiÀ`ÀÕVŽ°iÌ Siedendolsleben ‡ Dähre ‡ www.ossietzk\.net DIE LINKE also festhalten und die Freiheitsrechte der Individuen entschlossen gegen ihre Feinde verteidigen. Als Sozialisten kritisieren wir die bürgerliche Gesellschaft nicht dafür, dass sie Freiheits- und Individualrechte hervorgebracht hat. Wir kritisieren die bürgerliche Gesellschaft dafür, dass sie in ihrem Inneren Gewalttätigkeit, Ausschluss und Ungleichheit produziert. Wenn die neue Gesellschaft im Schoße der alten entsteht, muss DIE LINKE selbst die Entfaltung der Produktivkräfte wollen. In unserer Programmatik tun wir es, aber auch in der politischen Praxis? Und wir müssen viel dichter am vorhandenen Bewusstsein der gesellschaftlichen Akteure ansetzen: Viele Menschen erleben schon heute oftmals größere Freiheitsspielräume als früher: weniger Patriarchat, weniger Fabrikdisziplin, mehr digitale Zugänge, mehr individuelle Ansprü- che, mehr Bildung, ein Zuwachs an »general intellect« (Marx). DIE LINKE tut also gut daran, das Freiheitsversprechen der bürgerlichen Gesellschaft gegen die unvollkommene Wirklichkeit zu mobilisieren und Menschen dazu einzuladen, an der gesellschaftlichen Transformation für eine bessere Welt mitzuwirken. Die Mammutaufgabe, vor der die gesellschaftliche Linke steht, ist der Einstieg in eine solidarische Ökonomie, in der sich makroökonomische Steuerung, Umverteilung von Einkommen und Arbeitszeit, hochtechnologische Investitionspolitik für moderne industrielle Kerne, Entwicklung moderner technikbasierter Dienstleistungen, individualitätsstützende Sozialpolitik und neue Formen des Öffentlichen ergänzen. www.sozialismus.de Sozialismus 4/2015 35 ten ökologischen Umbaus voranzutreiben sowie private Aktivitäten durch direkte Vorgaben und Instrumente politischer Marktsteuerung zu regulieren.

8. These Technologischer Fortschritt und ökonomischer Strukturwandel haben zu neuen Formen der Arbeitsorganisation geführt. In dieser Entwicklung steckt nicht nur Potenzial zu Entfremdung und Druck, sondern auch zu mehr Freiheit und Selbstbestimmung. DIE LINKE muss ein Angebot erarbeiten, um die neuen Potenziale der Menschen für eine emanzipatorische Politik aufzunehmen und ihre veränderten Lebensläufe sozialpolitisch gerecht abzusichern. Neue Formen von Projekt- oder Gruppenarbeit haben sich herausgebildet, ebenso neue Formen von Selbständigkeit und weitere Beschäftigungsarten, die nicht dem vertrauten Normalarbeitsverhältnis entsprechen. Unternehmerische Orientierung am Ziel der Profitabilität wird weniger als früher übers Direktionsrecht der Unternehmensführung umgesetzt. Das kapitalistische Management will vielmehr, dass die Arbeitskräfte den Ablauf ihrer Arbeit selbst gestalten und sich den Imperativen des Marktes aussetzen. Das führt zu Widersprüchen und Stress. Die Gewerkschaften wissen, wovon die Rede ist. Der Kampf gegen Arbeitsstress und für gute Arbeit ist ins Zentrum ihrer Tätigkeit gerückt. Auch bei besonders qualifizierten Fachkräften ist Eigenverantwortlichkeit Bestandteil einer Entwicklung, die über zunehmende Konkurrenz Stress produziert, mit Unsicherheit einhergeht und durch die Entwertung von Qualifikationen auch zu »Ausmusterung« und sozialem Abstieg führen kann. Doch es wäre zu kurz gegriffen, diese Entwicklung nur vom Stress her zu betrachten. Marx betonte die allgemeine Bedeutung von Arbeit fürs Menschsein: Indem der Mensch durch Arbeit »auf die Natur außer ihm wirkt und sie verändert, verändert er zugleich seine eigne Natur. Er entwickelt die in ihr schlummernden Potenzen und unterwirft das Spiel ihrer Kräfte seiner eignen Botmäßigkeit«. Im modernen Kapitalismus erreicht diese Entwicklung eine neue wissensbasierte Stufe, die den Menschen auch bereichert. Die moderne Arbeitswelt ist für DIE LINKE bisher eher unbekanntes Land. Das liegt nahe: Hoch qualifizierte Fachkräfte sind in der mitgliedermäßigen Zusammensetzung noch unterproportional vertreten. Dass sich DIE LINKE ums Prekariat und um den Öffentlichen Dienst kümmert, ist daher weder verwunderlich noch zu tadeln. Dass sie eine Kampagne startet, die auf die Einschränkung oder gar Beseitigung prekärer Beschäftigungsverhältnisse zielt, ist völlig richtig – weil es niemand anderes tut und es um die Würde von Hunderttausenden geht. Aber klar ist: Damit allein wird man nicht zu einer gesellschaftsver- ändernden Kraft! Daraus folgt, dass sich DIE LINKE intensiver um das Feld der Arbeit kümmern muss. Freiheitsräume von Beschäftigten zu wahren, die Kultur sozialer Unsicherheit einzudämmen und den Sozialstaat mit Blick auf den Wandel der Arbeit zukunftsfest zu machen, darum geht es. Diese Aufgabe betrifft nicht nur den Bereich der Erwerbsarbeit. Denn die zunehmende Flexibilisierung in der Erwerbsarbeit erwirkt eine Entgrenzung der gesellschaftlichen Arbeit insgesamt, bei der Phasen von Erwerbsund Reproduktionsarbeit sich gegenseitig durchdringen. Wenn wir also über den Stellenwert der Arbeit heute sprechen, so reden wir über Erwerbs- und Reproduktionsarbeit, die beide in eine Politik der Regulierung mit einzubeziehen sind, wenn wir wieder mehr Menschen für die Einmischung in die Politik gewinnen wollen.

9. These Europa ist nicht alles, aber ohne Europa ist alles nichts. DIE LINKE kritisiert zu Recht die neoliberale Verfasstheit der europäischen Integration und die abgehobene politische Führung der EU. Aber Hand aufs Herz: Das europäische Bewusstsein der LINKEN musste auch erst durch die wichtigen Abwehrkämpfe gegen die europäische Austeritätspolitik »wachgeküsst« werden. Die schwierige Situation von Syriza und möglichen weiteren linken Regierungen unter dem Merkelschen Austeritätsregime sollte klarmachen: DIE LINKE muss sich entschieden mehr um die Europapolitik kümmern. Die dominante und desaströse Rolle der deutschen Regierung in der EU muss von uns thematisiert werden. Zudem müssen wir auf die besondere Notwendigkeit und Möglichkeit Deutschlands für eine solidarische Entwicklung in Europa hinweisen. Diese erfordert höhere Lohnsteigerungen und die Anregung von Investitionen in Deutschland zur Reduzierung außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte in Europa. Ohne ein europäisches Aufbauprogramm, mit dem Investitionen vor allem in die notleidenden »Peripherie«-Länder gelenkt werden, kann die wachsende Spaltung innerhalb der EU nicht aufgehoben werden. Notwendig wird es aber auch sein, dass sich zentralstaatliche europäische Mechanismen auf solidarischer Grundlage entwickeln. Hierzu gehören eine abgestimmte expansive AusgabenKarikatur: Economist 36 Sozialismus 4/2015 www.sozialismus.de politik, eine expansive Geldpolitik der EZB ohne Sparvorgaben für die EU und die Nationalstaaten, eine EU-Ausgleichsunion und Wechselkursvereinbarungen zwischen der EU und anderen Teilen der Weltwirtschaft sowie eine Regulierung der Finanzmärkte. Dies setzt voraus, die europäischen Vertragswerke an jenen Stellschrauben, die europäischer Solidarität entgegenstehen, zu revidieren. An einem radikalen Umbau der EU führt kein Weg vorbei.

10. These Die Menschenrechte – individuelle Freiheitsrechte und soziale Grundrechte – sind Fundament linker Politik, und dies gilt für Innen- und Außenpolitik gleichermaßen. Denn um was sonst geht es im Sozialismus? Doch darum, die gesellschaftlichen Voraussetzungen zu schaffen, dass diese Rechte für alle umgesetzt werden. DIE LINKE muss diesen Anspruch als Menschenrechtspartei verkörpern und leben – nicht mehr und nicht weniger. Wer unterschreibt nicht den Satz »Die Menschenrechte sind universell und unteilbar«? Auch wir tun es, sehen uns aber genötigt, sofort allerlei Sätze hinzuzufügen. Menschenrechte seien Vorwand für imperiale Interventionspolitik, würden für ideologische Vernebelung durch die Herrschenden genutzt. Mitunter entsteht der Eindruck, dass wir über die richtige Kritik an diesen Sachverhalten den positiven Bezug auf weltweit und damit überall einzufordernde Rechte vergessen. Ein verquastes »Ja, aber« steht uns nicht gut zu Gesicht, wir müssen entschiedene Verfechter der Menschenrechte sein. Besonders schwierig wird es, wenn wir programmatisch feststellen, die Menschenrechte seien dem Gewaltverbot der UNCharta strikt untergeordnet. Das ist völkerrechtlich falsch und politisch-moralisch unhaltbar. Versuche, das Spannungsverhältnis zwischen kategorischer Menschenrechtspolitik und friedenssicherndem Nichteinmischungsgebot einseitig nach einer Seite hin aufzulösen, taugen nicht. Man landet unweigerlich beim Menschenrechtsbellizismus oder beim Menschenrechtsnihilismus. Beides können wir nicht wollen – es muss etwas Drittes geben, eine klügere Lösung. 11. These Wie unsere »Weltfriedensordnung« aussehen soll, bleibt noch zu unbestimmt und auf »Antimilitarismus« beschränkt. Unsere Forderung, »Frieden mit friedlichen Mitteln« erreichen zu wollen, muss endlich substanziell gefüllt werden. Den Fragen, wie man im Rahmen der Vereinten Nationen entgrenzter Gewalt entgegentreten kann, werden wir nicht endlos ausweichen können. Die Welt ist aus den Fugen geraten. Ratlosigkeit breitet sich aus, weil die bisher gegebenen, primär militärischen Antworten auf die heutigen Krisenprozesse die Probleme nur verschärft haben. Aber wissen wir, wie man Staatszerfall, Terrorismus, neuerlichen Gewalteskalationen und globalen Umweltproblemen begegnen soll? Unsere Kenntnisse über die sich wandelnde Welt und unsere Politikvorschläge bleiben hinter dem zurück, was gebraucht wird. Eine naheliegende Antwort auf die »aus den Fugen geratende Welt« lautet: Die Vereinten Nationen und ihre Regionalorganisationen müssen endlich an die erste Stelle gerückt werden, wenn es um die Sicherung des Friedens und globale Zusammenarbeit geht. Und: Es braucht verlässliche Regeln des Zusammenlebens, um die Willkür der Stärkeren durch Recht und Völkerrecht zu ersetzen. Auch der Internationale Strafgerichtshof gehört dazu. Mit diesen Fragen müssen wir uns mehr beschäftigen und klarere Vorstellungen entwickeln. Klar ist: »Zivile Antworten« auf gewaltförmige Konflikte müssen absolutes Primat haben. Bundesaußenminister Steinmeier verkündet, sein Ministerium umbauen zu wollen, um ziviler Konfliktvorbeugung die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. An der Disparität zwischen Militärausgaben und Mitteln für zivile Konfliktbearbeitung wird sich jedoch nichts ändern, die Logik »militärischer Nachsorge« steht weiter obenan. DIE LINKE hat lange gezögert, ob sie sich diesem Feld überhaupt zuwenden soll – weil »die Herrschenden« die zivile Konfliktbearbeitung längst in ihren außenpolitischen Instrumentenkasten integriert haben. Auch hier gilt es, die bloße Abwehrhaltung zu überwinden und konstruktive Ideen einzubringen.

DIE LINKE propagiert Solidarität mit denen, die existenziell durch kriegerische Gewalt und Terror bedroht sind. Und sie betont eine Politik der Gewaltfreiheit als ehernes Prinzip. Doch beide Vorsätze können zuweilen in Widerspruch zueinander geraten. Beispiel Kobane: Wenn wir zu Recht betonen, dass der militärische Widerstand von Kurden in Syrien und im Irak gegen die mörderischen Attacken des IS legitim ist, dann sagen wir implizit auch, dass es Extremsituationen gibt, in denen das Recht auf Leben mit der Waffe in der Hand verteidigt werden muss. Ein linkes Transparent gegen die US-Bombenangriffe passt dann auch nicht dazu, dass DIE LINKE im Bundestag die Befreiung Kobanes feiert, die durch das Zusammenwirken von kurdischen, irakischen und iranischen Kämpfern am Boden und US-Kampflugzeugen in der Luft erreicht wurde. Das Recht auf Notwehr und die Pflicht zur Nothilfe – wenn möglich – gehö- ren untrennbar zusammen. Nun kann man anzweifeln, ob es in der heutigen kapitalistischen Staatenwelt und einer von Groß- mächten dominierten UNO überhaupt integre, uneigennützige und legitime »Nothelfer« gibt. Andererseits kann es keine politisch und moralisch vertretbare Position sein, eine bedrängte Bevölkerung mit dem Hinweis zu vertrösten, dass sie internationale Hilfe erst zu erwarten habe, wenn erst einmal der Imperialismus überwunden und die UN wirklich demokratisch sei. (Ganz abgesehen davon, dass ein solcher Gedanke auch unlogisch wäre: Denn in diesem »Goldenen Zeitalter« wird es doch gar keinen Terrorismus mehr geben, oder?) Über diese Fragen müssen wir diskutieren und nachdenken können, ohne dass eine Seite sofort mit dem Bannstrahl der Kriegstreiberei belegt wird. Hätte die UNO nicht die Möglichkeit gehabt, den Völkermord in Ruanda vor gut 20 Jahren zu verhindern, und wenn ja, hätte sie es nicht tun müssen? Warum soll das heute anders sein? Das hindert uns ja keineswegs, immer wieder eine vorausschauende Politik einzufordern, mit der solche Zwangssituationen gar nicht erst entstehen können.