Nobelpreisträger Krugman: Deutsche Top-Wirtschaft und Politik zerstört Europa 

"Europa steuert in Zeitlupe auf das Desaster zu, und schuld ist nicht die Peripherie, sondern Deutschland", wettert Krugman in der "New York Times".

 

Zwar stehe außer Frage, dass sich einige Länder wie Griechenland nicht regelkonform verhalten hätten. Aber das wirkliche Problem Europas seien nicht die griechischen Schulden oder die italienischen Altlasten: "Wenn es ein Land gibt, das aus der bisherigen Krise nichts gelernt hat, dann ist das Deutschland."

Krugman befürchtet ein Deflation im Euro-Raum, die an Japans Wirtschaft erinnere. Deutscher Exportüberschuß ist Gift für Europa 

Die Politik von Kanzlerin Angela Merkel und ihrem Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält er für desaströs. Die Forderung Berlins nach mehr Wettbewerbsfähigkeit solle eigentlich nur davon ablenken, dass die deutsche Industrie zulasten der anderen Mitgliedsstaaten immense Exportüberschüsse erwirtschaftet. Er spricht bewusst von einer "Beggar thy neighbour"-Politik, ein Begriff aus der Großen Depression der 1930er-Jahre.

Doch so verliert die Wirtschaft in Südeuropa weiter an Boden und irgendwann fehlen die Gelder diese Waren in Nord- und Mitteleuropa zu kaufen und das führt dann auch  zur Stagnation der deutschen Wirtschaft und zu einem möglichen massiven Einbruch beim Export. Wichtig ist auch die Stärkung der Binnenachfrage im Lande, damit die Massenkaufkraft steigt. 

Damals hatten die Länder versucht, ihre eigene Wirtschaft über Exporte zulasten der anderen Staaten aus der Krise zu holen.

Krugman ist mit dieser Meinung nicht alleine. Gerade unter ausländischen Ökonomen sorgt die harte deutsche Haltung gegenüber den europäischen Nachbarn immer wieder für Kopfschütteln. Einig sind sich die Experten auch darin, dass es Europa weitaus besser gehen würde, wenn Deutschland sich statt um die Staatsfinanzen der anderen eher darum kümmern würde, die eigenen hohen Exportüberschüsse abzubauen.

"Die Euro-Zone sieht sich größeren Herausforderungen gegenüber als Japan zu Beginn der verlorenen Dekaden", meint etwa Jacques Cailloux, Chefökonom Europa bei Nomura. Die von Deutschland verordnete Austeritätspolitik mache es praktisch unmöglich, dass der Staat die Nachfrageausfälle der Privatwirtschaft kompensiert. "Europa hat keinerlei Vorkehrungen getroffen, um sich gegen eine mögliche Deflation zu schützen."

Andere Spitzenökonomen wie der Citi-Chefökonom Willem Buiter sehen die Euro-Zone auf eine jahrelange Stagnation zusteuern, wenn sich nichts Wesentliches am Kurs ändere.

"Was wir momentan beobachten, ist die zerstörerische Kraft schlechter Ideen", warnt der Nobelpreisträger. Auch der  Rest Europas habe in den fatalen Sermon vom Sparen selbst in schlechten Zeiten schließlich längst mit eingestimmt. "Man muss sich schon fragen, wann Europa endlich der Realität ins Auge blickt", schreibt Krugman. Und meint damit auch – endlich auf einen wie ihn hören wird.