Linke Gysi,Lötzsch,Enkelmann und Gehrcke kritisieren Bezeichnung der DDR als "Unrechtsstaat" weiter  

Gregor Gysi hatte die Bezeichnung DDR Unrechtsstaat als Bezeichnung für die ehemalige DDR ebenfalls kritisiert. Linke in Thüringen drohen gar mit Austritt.

Auch Bodo Ramelow rudert in der Sprache teilweise zurück - will aber in der Sache den Konsens weiter mitragen.

Die Linkspartei geht aus der SED hervor, die praktisch ihre Herkunftspartei ist.

Deshalb grenzt dieses DDR-SED-Bashing an Selbstverleugnung. Ohne die SED Geschichte gäbe es bis heute keine gesamtdeutsche Linke imn Bundestag. Und viele Kader könnten sich keine Diäten einstecken, die sie als Abgeordnete in Europa, im Bund, den Ländern und den Kommunen erhalten. Sie verdanken der SED  also quasi auch ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage, weil viele ehemalige DDR Bürger bis heute die PDS und später die Linkspartei in Größenordnungen  von 30 Prozent und mehr  und in Ost- Berlin sogar bis zu 50 % der Bürger wählten- und  zwar seit 1990 über  Jahrzehnte.  In Ost Berlin lebte die gesamte Nomenklatura der DDR udn viele SED-Politikkader.

Deshalb ist es besonders verwerflich  die DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen und die Basis sollte dagegen rebellieren.  Immer mehr linke Mitglieder und Kader protestieren gegen diese Selbstverleugnung der eigenen Geschichte ud  Identität immer lauter.

Wer so denkt hat  auch in der Linkspartei nichts zu suchen, weil er sich selber und seine Genossen als in der Tradition des Unrechts stehend setzt und deshalb ausgerechnet dieser Partei garnicht beigetreten sein sollte oder als ex- SED ler nicht nach 1990 Mitglied geblieben wäre. Das ist eine üble Beschädiguing des Versuchs nach 1945/49 einen sozialistischen , antikapitalistischen und antifaschistischen deutschen Staat neben der  BRD auf deutschem Boden zu etablieren.    

Auch Linke-Parteichefin Katja Kipping warb für einen Erfolg der rot-rot-grünen Sondierungsgespräche in Thüringen. Das gemeinsame Papier zur Bewertung der DDR sei "nicht einfach ein Kompromiss, den wir leidvoll ertragen müssen", schrieb sie am Freitag auf ihrer Facebook-Seite. "Es zeigt, dass Rot-Rot-Grün mehr sein kann, als die parlamentarische Summe dreier Parteien. Und zwar nicht nur auf dem Feld der Geschichtspolitik." Die angestrebte Koalition würde "Thüringen ein ordentliches Stück sozialer, demokratischer und grüner machen". Die Linke-Chefin gab zu, der verabredete Begriff "Unrechtsstaat" für die DDR führe bei vielen Mitgliedern ihrer Partei und bei vielen Menschen, die in der DDR gelebt haben, zu Unverständnis, "weil sie durch diese Bezeichnung ihren Versuch nach dem Faschismus in Deutschland ein anderes, ein sozialistisches Land aufzubauen, herabgewürdigt sehen". Sie erklärte: "Das macht die Diskussion so schwierig."

 

Enkelmann spricht von Kampfbegriff

Die Chefin der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Dagmar, Enkelmann, nannte dagegen den Plan, den Begriff "Unrechtsstaat" in den Koalitionsvertrag in Thüringen aufzunehmen, einen Fehler. Unrechtsstaat sei lange als Kampfbegriff verwendet worden, sagte die langjährige Parlamentsgeschäftsführerin der Linke-Bundestagsfraktion der "taz". "Wir brauchen einen Kompromiss, der der DDR eher gerecht wird." Es müsse eine Lösung geben, die nicht nur die Verhandlungskommission um Ramelow akzeptiere, "sondern auch unsere Basis".

 

Gehrcke: Begriff entwertet Lebensleistung von DDR-Bürgern

Der stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Wolfgang Gehrcke, äußerte ungeachtet der Ermahnung der Parteispitze Kritik an dem Begriff "Unrechtsstaat" für die DDR. Dieser sei "historisch falsch, politisch interessengelenkt und wissenschaftlich unhaltbar", sagte er. "Dem Begriff ,Unrechtsstaat' folgt die Totalitarismusideologie, das heißt, die Gleichsetzung von Hitlerfaschismus und DDR auf dem Fuße". Der hessische Bundestagsabgeordnete, der zum linken Flügel seiner Partei gehört, betonte: "Gysi hat Recht." Er sagte, die "Brandmarkung der DDR als .Unrechtsstaat' entwertet, ob gewollt oder nicht, die Lebensleistung vieler Bürgerinnen und Bürger dieses Staates". Sie mache per se auch alle Gesetze, die in der DDR erlassen worden sei, zu Unrecht.

 

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Ex-Linke-Parteivorsitzende Gesine Lötzsch: "Kann man deshalb von einem Unrechtsstaat sprechen?" - FOTO: MARC TIRL/DPA

 

Lötzsch: DDR wird in unmittelbare Nähe zum Faschismus gerückt

Die ehemalige Linke-Parteivorsitzende Gesine Lötzsch verglich das Unrecht in der DDR mit dem in der Bundesrepublik. "Der Begriff ,Unrechtsstaat' ist nicht nur ein Schlüsselbegriff in der Auseinandersetzung um die DDR, es ist ein Zukunftsbegriff",schreibt sie in ihrem Newsletter - und verwies auf die angebliche Alternativlosigkeit der Politik der Bundesregierung. "Es gibt angeblich keine Alternativen zu Waffenlieferungen in Krisengebiete, zur Privatisierung von Straßen, zur Bankenrettung, zum Rentenunrecht und schon gar keine Alternative zum Kapitalismus." Sie schloss an: " Die nächste Generation soll erst gar nicht über Alternativen zum Kapitalismus nachdenken. Die DDR wird pauschal als als Unrechtsstaat definiert und in die unmittelbare Nähe zum Faschismus gerückt." Lötzsch meint: "Ja, in der DDR wurden Gesetze gebrochen, Menschenrechte verletzt und Oppositionelle schikaniert und verfolgt. Das ist unbestritten und schlimm. Doch kann man deshalb von einem Unrechtsstaat sprechen?"

Lötzsch verwies darauf, dass sie den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages um eine Analyse des Begriffes "Unrechtsstaat" gebeten habe. Der Kernsatz dieser aus dem Jahr 2008 stammenden Expertise nach ihrer Darstellung: "... es (geht) zumeist darum, die politische Ordnung eines Staates, der als Unrechtsstaat gebrandmarkt wird, von einem rechtsstaatlich strukturierten System abzugrenzen und zu diskreditieren." Die Politikerin, in Berlin-Lichtenberg direkt gewählte Bundestagsabgeordnete, kommentierte: "Das sind klare Worte!"

Thierse hat Zweifel an der Regierungsfähigkeit der Linkspartei

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) warf Gysi im Deutschlandfunkvor, er verweigere sich "einem klaren Urteil", dass die DDR ein Unrechtsstaat war. Wer so argumentiere wie Gysi, säe Zweifel an der Fähigkeit der Linken zum Mitregieren.

 

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Bodo Ramelow am vergangenen Samstag auf einer Linke-Basiskonferenz in Sömmerda - FOTO: MARTIN SCHUTT/DPA

Ramelow: Gysi-Aussagen "wenig hilfreich"

Ramelow nannte Gysis Vorbehalte gegen den "Unrechtsstaats"-Begriff "nicht gerade hilfreich". "Die DDR war eine Diktatur", sagte er im Deutschlandfunk. Es habe eine DDR-Rechtssprechung gegeben, "aber die Anwendung des Rechts endete dort, wo die Mächtigen eingegriffen haben". Dies sei "staatlich organisiertes Unrecht" gewesen. In dem Gespräch erklärte er auch: "Die westdeutschen Konzerne haben mit diesem Unrechtsstaat auch herrlich Profit gemacht." Auf die Frage, ob er klipp und klar die DDR als Unrechtsstaat sehe, sagte er: "Ich weiß weiß es nicht." Mike Mohring, CDU-Fraktionschef im Landtag von Thüringen, kommentierte das Ramelow-Interview auf Facebook: "So ein Geschwurbel. Ich frage mich wirklich, warum die Bürgerrechtler vom Bündnis 90 bei den Grünen dies durchgehen lassen."