Grüner BaWü MP Kretschmann höhlt Asylrecht aus 

Ausgerechnet ein grüner Ministerpräsident ist dafür verantwortlich, dass im Bundesrat das Asylrecht weiter geschleift und ausgehöhlt wurde und selbst Serbien, was die Nato vor einigen Jahren noch mit Krieg überzogen hatte und viele Sinti und Roma beheimatet, zu einem sicheren Herkunftsland deklariert wurde, was die Abschiebung entsprechender Asylbewerber weiter erleichtert. Schon jetzt liegt die Abschiebungsquote bei über 99 %.

Die Stimmen des grün regierten Bundeslandes waren dabei sogar entscheidend und das Zünglerin an der Waage. Die Wut bei Grünen ist grenzenlos.

Dabei steht Kretschmann als Ex-KBW-Maoist von seiner Herkunft her  für eine internationale Solidarität der Völker, die jede Abschiebung  grundsätzlich abgelehnt hatte. Doch es regt sich innerparteilicher Widerstand. 

Baden-Württembergs Zustimmung zum Asylkompromiss reißt einen Pfeiler grüner Grundsätze ein: dass jeder Flüchtling willkommen sei. Der Ärger über Kretschmann ist groß.

 

 An diesem Freitag brauchte es ausgerechnet einen SPD-Mann, um die aufgewühlte grüne Seele ein wenig zu streicheln. "Unser Boot ist noch lange nicht voll", rief der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig ins Plenum des Bundesrats. "Unsere Verantwortung ist unser Boot. Wie können wir sagen, dass die eine Grenze hat?" Der SPD-Politiker fand noch weitere deutliche Worte: "Die Tinte, mit dem dieser Kompromiss geschrieben wurde, kommt gerade aus dem Gefrierschrank. Sie lässt einen gefrieren." Deshalb werde seine Landesregierung dem Kompromiss mit der Bundesregierung zum Asylrecht im Bundesrat nicht zustimmen. Ganz im Gegensatz zum grün regierten Baden-Württemberg.

Dessen Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte einige Minuten zuvor an selber Stelle seine Zustimmung gerechtfertigt. Eine Entscheidung, die von vielen Grünen als Verrat, als nicht zu rechtfertigender Alleingang empfunden wird. Ein Stich ins grüne Herz. "Ich bin enttäuscht, wütend, sprachlos", sagte etwa die Grüne-Jugend-Sprecherin Theresa Kalmer zu Medien.

 "Kretschmann bricht mit grüner Flüchtlingspolitik."

Doch bei den Grünen herrscht am Freitag nicht heitere Gelassenheit, sondern ohnmächtiger Zorn. Die Bundestagsfraktion debattiert am Vormittag auf einem „Freiheitskongress“ über ihre grüne Identität und Selbstverständnis.

Um den Ärger und Frust der Grünen über Kretschmanns Entscheidung zu verstehen, muss man um den hohen Stellenwert der Flüchtlingspolitik für die Partei wissen. Ähnlich wie einst die Friedenspolitik oder noch immer der Ausstieg aus der Kernenergie ist eine liberale Asylpolitik Kern grüner Identität: Jeder Flüchtling ist ohne Ausnahme willkommen und hat den Anspruch auf individuelle Überprüfung seines Falls, so lautet bislang der Leitsatz grüner Flüchtlingspolitik. Kretschmann hat ihn aus Sicht vieler in der Partei nun mit Füßen getreten.

Grüne lehnen Drittstaaten-Reglung ab

Die mit der Groko-Regierung aus CDU und SPD ausgehandelte Änderung des Asylrechtes sieht zwei wesentliche Änderungen vor: Zum einen erhalten anerkannte Flüchtlinge damit angeblich mehr Rechte, wie erleichterte Arbeitsmöglichkeiten, mehr Geld statt Sachmitteln oder die Abschaffung der Residenzpflicht.

Zum anderen werden mit dem Gesetz Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien als sogenannte sichere Drittstaaten anerkannt. Damit können Asylanträge aus diesen Ländern künftig sehr viel schneller als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt werden. Die Grünen hatten die Drittstaatenregelung deshalb schon bei ihrer Einführung 1993 abgelehnt und diese Ablehnung bis heute als Herzstück ihrer Flüchtlingspolitik aufrechterhalten.

 "Der Bundesrat hat heute eine falsche Entscheidung getroffen", sagte Grünen-Chefin Simone Peter. Die Festlegung "vermeintlich sicherer Herkunftsstaaten" löse keines der Probleme der Flüchtlingspolitik. Sie helfe weder den Flüchtlingen noch den Kommunen, "sondern beschneidet das Grundrecht auf Asyl". Und Luise Amtsberg, flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, twitterte: "Der Alleingang von Kretschmann im Bundesrat macht diesen Tag zu einem traurigen Tag für die grüne Flüchtlingspolitik."

 

Video: Bundesrat - Kretschmann stimmt für Asyl-Kompromiss
 

Zur gleichen Zeit zeigt Winfried Kretschmann ein paar hundert Meter weiter, wie weit seine Freiheit reicht. Der Ministerpräsident Baden-Württembergs stimmt im Bundesrat dem Asylgesetz zu, das die drei Balkanstaaten Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien zu sicheren Herkunftsländern erklärt. In Wirklichkeit werden hier Sinti und Roma massiv in diesen Ländern unterdrückt.

Kretschmann hat sich auf einen Kompromiss mit der Bundesregierung eingelassen. Doch seine Politik spaltet die Grünen, die sich ähnlich wie die FDP ihrer Kern-Identität immer mehr beraubt sehen udn einen ähnlichen Absturz nach einer Sinn-Krise auch für ihre Partei befürchten.  

Bereits vor der Sommerpause traf sich Kanzleramtsminister Peter Altmaier drei Mal mit Spitzen der Bundes- und Landesgrünen. Denn um ihr Asylgesetz durch den Bundesrat zu bekommen, brauchte die Koalition mindestens ein von Grünen mitregiertes Land. Öffentlich feuerte die Öko-Partei gegen den Regierungsplan. Doch in den Runden ging es, das bestätigen beide Seiten, durchweg kooperativ und kungelnd zu.

Altmaier, als Schwarz-Grüner der ersten Stunde mit seinen Gegenübern gut vertraut, bot einen Tausch an: Wir verbessern die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Flüchtlinge, die schon in Deutschland sind – dafür sagen die Grünen Ja.