Ramelow geht gegen unwahre Behauptungen in der Thüringer Allgemeine vor

Erfurt. Bodo Ramelow, Vorsitzender der Linksfraktion im Thüringer Landtag, geht gegen unwahre Behauptungen der Thüringer Allgemeinen (TA) vor. Eine Unterlassungsaufforderung wurde an den Chefredakteur der TA, Paul-Josef Raue gesandt, die hier vollständig veröffentlicht wird. Für den Inhalt dieser Aufforderung ist die Redaktion nicht verantwortlich.

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Raue,

in den Printausgaben der Thüringer Allgemeinen vom 16.08.2014 auf der Titelseite sowie auf Seite 3 (TCPL 3), der Ausgabe vom 20.08.2014 auf Seite TFTH 3 und der Ausgabe vom 23.08.2014 auf den Seiten Thüringen-Sonntag 4 (TCBL 4) sowie in den jeweiligen E-Paper-Ausgaben verbreiten Sie in Bezug auf meine Person verschiedene unwahre Tatsachen. Da Sie ankündigen diese Artikel zum Inhalt eines E-Books zu machen, besteht die Gefahr, dass Sie erneut die unwahren Tatsachen behaupten werden.

Hierzu im Einzelnen:

1.
In dem Artikel vom 16.08.2014 auf Seite 1 wird behauptet, dass ich aufgrund der bestehenden Legasthenie nur schlecht lesen und schreiben konnte. Dies ist eine falsche und irreführende Behauptung.
Lesen konnte und kann ich und zwar sehr gut.

Weiter wird in dem Artikel wird auf Seite 3 behauptet, dass ich in Marburg Lehrling gewesen sei. Dies ist falsch.
Ich war nie in Marburg Lehrling, ganz im Gegenteil, ich habe in Marburg bei der Jöckel Vertriebs GmbH (einem Rewe Vertragspartner) Lehrlinge ausgebildet.

Im Text vom 16.08.2014 auf Seite 1 führen Sie dann weiter aus, dass ich als Gewerkschafter oft in die DDR gefahren sei. Das entspricht nicht den Tatsachen.
Ich war nur einmal zu einem offiziellen Besuch in der DDR. Dies war entweder Ende 1989 oder gar erst im Januar 1990 zusammen mit Käthe Dinnebier, der damaligen DGB-Kreisvorsitzenden Marburg, in Eisenach im Rahmen der Städtepartnerschaft beim FDGB. Meine übrigen Fahrten in die DDR waren rein privater Natur.

Sie stellen sodann weitere die Behauptung auf, dass ich im Jahr 1985 an der Beerdigung von Prof. Wolfgang Abendroth teilgenommen habe. Dazu stelle ich fest, diese Behauptung ist falsch.

2.
In dem Artikel vom 20.08.2014 behaupten Sie, dass ich für den Mitarbeiter zur Durchsetzung seiner Ansprüche aus dem Tarifvertrag vor Gericht gezogen sei. Diese Behauptung ist falsch.
Im Jahr 1978 galt in der Bundesrepublik für den Handel ein allgemeingültiger Tarifvertrag, welcher auf alle Beschäftigten des Handels Anwendung fand. Das Unternehmen Jöckel Vertriebs GmbH war darüber hinaus auch verbandsgebunden, so dass der Tarifvertrag des Handels ohnehin für alle Mitarbeiter des Unternehmens galt. Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis können nur durch den jeweiligen Arbeitnehmer selbst gegenüber dem Arbeitgeber durchgesetzt werden. Ich habe in der Angelegenheit nur als Betriebsratsvorsitzender die gesetzlich normierte Pflicht zur Einhaltung der bestehenden Gesetze und Tarifverträge (TVtrgG, BtrVG) ernst genommen. Das Arbeitsgericht hat schlussendlich dem Kläger die Ansprüche aus dem Tarifvertrag gegen den Arbeitgeber zugesprochen.

In dem Artikel wird weiter behauptet, dass ich gegenüber dem Arbeitgeber eine überdurchschnittliche Inventurdifferenz akzeptiert habe. Dies ist falsch.
Im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wurde geklärt, dass die vermeintliche Inventurdifferenz nicht durch mich zu vertreten war und dass diese Unterstellung nicht mehr behauptet wird.

Weiter wird behauptet, dass ich die vom Arbeitgeber erfolgte Versetzung und dessen ausgesprochene Kündigung akzeptiert hätte. Diese Behauptung entspricht ebenfalls nicht den Tatsachen.

3.
In dem Artikel vom 23.08.2014 wird ausgeführt, dass Herr Helmut Schomber im Jahr 1999 aus seinem Haus ausgezogen sei. Dies ist falsch.
Die Jahrtausendwende feierten wir noch bei ihm zu Hause.

Weiter behaupten Sie in dem Artikel, durch mich sei mein Glauben erst „um 1999“ öffentlich gelebt worden. Dies ist falsch.
So habe ich beispielsweise bereits schon seit dem Arbeitskampf in Bischofferode 1993 an den dortigen ökumenischen Gottesdiensten teilgenommen.

Außerdem wird behauptet, dass ein Foto von Papst Benedikt XVI. und mir, aufgenommen am 23.09.2011 in Erfurt, existiere. Zudem sei von mir die Nähe zum Papst bei dessen Besuch in Erfurt gesucht worden. Beides ist falsch.
Das einzige Foto, das Papst Benedikt XVI. und mich sowie alle religionspolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen gemeinsam zeigt, ist während eines Besuchs der religionspolitischen Sprecher aller Bundestagsfraktionen (ich hatte dieses Amt 2005-2009 in der Linksfraktion inne) am 27.6.2007 in Rom entstanden. Während des Papstbesuchs in Erfurt habe ich Benedikt XVI. nicht getroffen.

Es wird behauptet, durch mich seien über Nacht die Schlösser der Büros von WASG-Verbänden ausgetauscht worden. Dies ist falsch.
Weder durch mich noch von mir veranlasst ist jemals (also weder am Tag noch in der Nacht) das Schloss irgendeines WASG-Büros ausgetauscht worden.

Bezüglich der Nominierung des Direktkandidaten Dr. Thomas Hartung in Weimar wird unter Berücksichtigung des Kontextes dargestellt, dass durch mich Einfluss auf Beginn und Ende von „Polit-Karrieren“, allgemein und speziell im Fall Hartung, genommen worden sei. Dies ist falsch.
Die Passage, in der behauptet wird, durch mich oder mein Umfeld sei eine Rede Hartungs ver- oder behindert worden, ist frei erfunden. Ich hatte auch keinen Pressesprecher. Diese nicht vorhandene Person kann also das von Ihnen geschilderte Verhalten nicht gezeigt haben.

Solcher behaupteter Einfluss wurde durch mich nicht ausgeübt. Die Wahl der Direktkandidaten erfolgte entsprechend des Landeswahlgesetzes, die Auftritte im Wahlkampf wurden über das Landeswahlbüro und den jeweiligen Kreisverband organisiert. Als Fraktionsvorsitzender habe und hatte ich darauf nie Einfluss.

Ich habe Sie daher aufzufordern, zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung die anliegend beigefügte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung bis Donnerstag, den 28.08.2014, 12.00 Uhr, (bei mir eingehend) abzugeben.

Ich mache Sie bereits jetzt darauf aufmerksam, dass ich mir für den Fall der nicht rechtzeitigen oder nicht fristgemäßen Abgabe der Erklärung gerichtliche Schritte zur Durchsetzung meiner Ansprüche vorbehalte.

Ich hätte mir gewünscht, dass die Privatsphäre der Familie Schomber respektiert und auf die Nennung des vollständigen Namens verzichtet worden wäre.
Es ist für mich weiterhin nicht verständlich, dass Sie daran festhalten, meiner ehemaligen Ehefrau Leonie Ramelow im Hinblick auf die Unterstützung einer politischen Partei abzusprechen, eine eigene Entscheidung getroffen zu haben, und unterstellen, ihre Entscheidung sei von mir geleitet worden bzw. sei stellvertretend gewesen.
Auch ist es nicht nachvollziehbar, dass Sie Ralf-Uwe Beck und meiner damaligen Ehefrau Ortrun unterstellen, sich für einen öffentlichen Auftritt hergegeben zu haben.
Der Abbruch des Interviews mit dem Spiegel-Journalisten Fleischhauer war aufgrund der durch diesen ausgesprochen Beleidigung während eines Gespräches in meinem Büro notwendig. Ein solches Verhalten, insbesondere wenn es um die Beobachtung durch den Verfassungsschutz ging, musste ich nicht hinnehmen.

Die Freigabe der privaten Fotos erfolgte am 19.08.2014 durch mich ausdrücklich unter der Maßgabe, dass die bereits mit Schreiben vom 18.08.2014 gerügten Falschdarstellungen berichtigt werden und bei weiteren Veröffentlichungen mit deutlich mehr journalistischer Qualität vorgegangen wird. Dies ist nicht erfolgt, vielmehr bin ich gezwungen, meine Ansprüche auf dem Wege einer Unterlassungsforderung geltend zu machen. Deshalb stimme ich einer Verwendung der Fotos für weitere Artikel (Print und Online) sowie für das angekündigte E-Book nicht zu.

Ich behalte mir vor, weitere Ansprüche hinsichtlich der genannten Artikel und eines Artikels in der Thüringer Allgemeinen vom 22.08.2014 auf Seite TFTH 3 (jeweils Print und Online) sowie des angekündigten E-Books geltend zu machen.

Mit freundlichen Grüßen

Bodo Ramelow