Brief an Poroschenko: Die Linke verurteilt das Verbot der KP Ukraine 

Schlag gegen die Demokratie

Der stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion Die Linke, Wolfgang Gehrcke, wandte sich am Freitag angesichts des angedrohten Verbots der Kommunistischen Partei der Ukraine (KPU) an den Präsidenten des Landes, Petro Poroschenko, den Justizminister in Kiew, Pawlo Petrenko, und an Mitglieder der Werchowna Rada. Dem Brief schlossen sich weitere Linke-Politiker an:



Mit Interesse und Anteilnahme verfolgen wir, Abgeordnete des Deutschen Bundestags und des Europäi­schen Parlaments, die Entwicklungen in Ihrem Land, insbesondere das Streben vieler Menschen nach einer demokratischen Gesellschaft. Wir wünschen uns für die Ukraine, daß sich die Sehnsucht der Menschen, die sich in den vergangenen Jahren für mehr Demokratie, für soziale Gerechtigkeit und Frieden eingesetzt haben, erfüllen möge.

Alle Entwicklungen, die dazu im Widerspruch stehen, beobachten wir sehr kritisch. In diesem Zusammenhang erfüllt uns die Situation unserer Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion der KPU mit großer Sorge.

Die körperlichen Angriffe auf den Vorsitzenden der KPU-Fraktion, Petro Simonenko, während seiner Rede im Parlament am 8. April 2014 waren auch in unseren Medien zu sehen. Wir kennen Berichte von zahlreichen Übergriffen gegen Einrichtungen und Repräsentanten der KPU. Nun wird die KPU, die im Jahr 2012 die Stimmen von mehr als 13 Prozent der Wählerinnen und Wähler erhielt, mit einem Verbotsverfahren bedroht. Sollte es tatsächlich dazu kommen, daß die KPU verboten wird, wäre dies ein herber Schlag gegen die Demokratie.

Dabei geht es uns nicht darum, daß wir die Meinungen und Ziele der KPU teilen, sondern um die demokratische Gestalt der Gesellschaft der Ukraine. Widersprüche müssen ausgehalten werden, und ein Verbot der KPU schränkte die Meinungsfreiheit, die Breite der gesellschaftlichen Diskussionen und Auseinandersetzungen, die Demokratie und Freiheit ein.

Wir sind uns sicher, daß Parlamentarier in ganz Europa diese Entwicklungen mit großer Sorge und Aufmerksamkeit betrachten. Viele Länder in Europa, darunter auch unseres, haben schlechte Erfahrungen mit der Einschränkung der demokratischenWillensbildung gemacht, und wir sind froh, daß wir diese überwunden haben.

Wir bitten Sie, dafür Sorge zu tragen, daß die Abgeordneten der KPU ohne Gefahr für Leben und Gesundheit ihr Mandat, das ihnen die Bürgerinnen und Bürger übertragen haben, ausüben und daß sie sich und ihre politischen Überzeugungen auch künftig zur Wahl stellen können, wie das in einer Demokratie üblich ist. Das kann für die demokratische, soziale und friedliche Entwicklung der Ukraine nur von Nutzen sein.

Den Brief unterzeichneten: Gregor Gysi, Wolfgang Gehrcke, Heinz Bierbaum, Christine Buchholz, Eva Bulling-Schröter, Sevim Dagdelen, Diether Dehm, Cornelia Ernst, Diana Golze, Annette Groth, Heike Hänsel, Andrej Hunko, Ulla Jelpke, Kerstin Kassner, Katja Kipping, Jan Korte, Katrin Kunert, Stefan Liebich, Sabine Lösing, Fabio De Masi, Martina Michels, Niema Movassat, Richard Pitterle, Bernd Riexinger, Helmut Scholz, Petra Sitte, Kersten Steinke, Axel Troost, Willi van Ooyen, Katrin Vogler, Sahra Wagenknecht, Harald Weinberg, Gabi Zimmer

http://www.jungewelt.de/2014/08-02/028.php