Israelis bomben trotz 72 Std.- Waffenruhe weiter - 8 Tote in Rafah 

Ungeachtet des Beginns einer 72-stündigen Feuerpause im Gazastreifen haben die israelischen Streitkräfte nach Angaben von palästinensischen Ärzten bei einem erneuten Granatangriff acht Menschen getötet.

Unter Vermittlung von UN und USA hatten Israel und die Palästinenser - Rebellen  darüber hinaus auch sofortigen Verhandlungen in Ägypten für eine dauerhafte Waffenruhe zugestimmt. Die am Freitagmorgen begonnene Kampfpause soll die Bergung der Toten, die Versorgung der Verletzten und die Reparatur der Wasser- und Stromversorgung ermöglichen. Auch soll sie der Bevölkerung erlauben, sich mit Lebensmitteln einzudecken. Doch sie ist schon wieder Makulatur.

Bei dem Beschuss östlich der Stadt Rafah seien zudem 15 weitere Menschen verletzt worden, sagten der Sprecher der Gesundheitsbehörden in Gaza, Aschraf al-Kidra, und der örtliche Polizeisprecher Ajman Batnidschi. Ein israelischer Militärsprecher teilte mit, der Zwischenfall werde untersucht.

 

 

Der israelische Rundfunk berichtete von heftigen Feuergefechten zwischen israelischen Soldaten und militanten Palästinensern in Rafah im südlichen Gazastreifen. Israelische Artillerie feuere Granaten in das Gebiet. Auch die israelische Luftwaffe sei im Einsatz. Der Warenübergang Kerem Schalom sei angesichts schwerer Kämpfe geschlossen worden.

Seit Beginn des Gazakonflikts am 8. Juli wurden mindestens vier kurze humanitäre Feuerpausen angekündigt. Doch jede wurde binnen kurzer Zeit gebrochen. Nach palästinensischen Angaben starben bislang mehr als 1.450 Palästinenser, auf israelischer Seite wurden 61 Soldaten und drei Zivilisten getötet.

Heute haben uns Informationen aus dem SOS-Kinderdorf Rafah im Gazastreifen erreicht, die - abseits aller politischen Fragen - deutlich machen, was der Alltag und das tägliche Sterben für die Menschen und vor allem für die Kinder bedeuten. Eine SOS-Kinderdorf-Mutter drückt es so aus: "Meine Kinder, 4 und 7 Jahre alt, fragen mich, warum so viele Menschen getötet werden, warum so viele Häuser zerstört? Und ich finde keine Antworten. Es ist alles wie ein Albtraum, es gibt keine Worte, um dieses Leid und den Schmerz zu erklären".

Sami Ajjour, Leiter des SOS-Kinderdorfs Rafah über die aktuelle Lage: "Das Leben im SOS-Kinderdorf ist derzeit schwierig. Die Kinder können nicht mehr draußen spielen. Die SOS-Kinderdorf-Mütter sind ständig in Sorge um ihre Kinder, niemand kann schlafen. Das Büro im Dorf mussten wir schließen, weil unsere KollegInnen wegen der Gefahr auf den Straßen nicht ins SOS-Kinderdorf können. Wir alle haben Angst um unsere Kinder und unsere Familien. Auch die Kinder haben Angst. Sie hören Bomben einschlagen und fragen, was passiert. Wir sagen ihnen die Wahrheit über den Konflikt mit Israel, aber auch, dass das SOS-Kinderdorf der sicherste Ort der Welt ist und sie sich nicht zu sorgen brauchen."

Was es laut Sami Ajjour aber dringend braucht, sind Psychologen,
die sich um die traumatisierten Kinder und MitarbeiterInnen kümmern. Das sei derzeit noch nicht möglich, weil sie in gefährlichen Gebieten wohnen und nicht herkommen können. "Manche Mitarbeiter, die außerhalb des Dorfes wohnen, mussten ihre Häuser verlassen und zu Verwandten ziehen, wo es sicherer ist. Oft fehlt es auch dort an Strom oder Lebensmitteln. Die Schwester eines unserer Kollegen und ihre acht Kinder sind letzte Nacht getötet worden. Viele bleiben momentan ganz zu Hause, um sich um ihre Kinder zu kümmern."

Die Menschen in Gaza haben Angst und fühlen sich verlassen - und viele mussten ihre Häuser, ihr Zuhause verlassen. Der Zugang zu Benzin und Strom ist begrenzt, ein Kraftwerk wurde erst gestern bombardiert. "Ich glaube nicht, dass sich das bald ändern wird. Ich mache mir Sorgen, dass die nächsten Tage noch schlimmer werden könnten. Viele Erwachsene und Kinder mussten schon sterben, wenn nicht durch Granaten, dann an den Folgen von Leid und Schmerz sowie fehlender medizinischer Versorgung. Wenn ich es schaffe, diesen Krieg mit meiner eigenen und der großen SOS-Kinderdorf-Familie in Rafah zu überleben, bin ich der glücklichste Kinderdorf-Leiter der Welt," so Sami Ajjour...

www.sos-kinderdorf.at