22.07.2014 / Inland / Seite 4 Inhalt

Atomausstieg light

Betriebe wie Urananreicherungsanlage Gronau werden nicht abgeschaltet. Dort ist Halle für 60000 Tonnen Atommüll geplant. Proteste gegen Castortransport aus Jülich angekündigt

Von Reimar Paul
Atomkraftgegner in Gronau fordern – wie hier im Frühj
Atomkraftgegner in Gronau fordern – wie hier im Frühjahr 2012 – seit Jahren die Abschaltung der Uranfabrik

Der deutsche Atomausstieg ist bekanntlich allenfalls ein halber: Nach Beginn der Reaktorkatastrophe von Fukushima vor gut drei Jahren wurden lediglich acht der damals noch 17 in Betrieb befindlichen nuklearen Kraftwerke abgeschaltet. Die anderen AKW dürfen weiterlaufen – zum Teil bis zum Jahr 2022, an einigen Standorten gibt es Bestrebungen der Betreiber, die Laufzeiten weiter zu verlängern.

Gänzlich unberührt vom Ausstieg sind die Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen und die Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau, die Reaktoren auf der halben Welt mit »Brennstoff« versorgen. Letztere gehört der Firma Urenco. Sie ist im Mitbesitz der Energiekonzerne E.on und RWE, die ihre Anteile allerdings seit einiger Zeit abzustoßen versuchen.

Bei der Anreicherung von Uran entstehen gewaltige Mengen strahlenden Abfalls, vor allem in Form abgereicherten Urans. Bis zu 50000 Tonnen davon dürfen in Gronau unter freiem Himmel lagern. Nun hat Urenco eine riesige Lagerhalle gebaut, die 60000 Tonnen fassen kann. Gegen Flugzeugabstürze ist die Halle nach Angaben von Atomkraftgegnern nicht gesichert. Einen Antrag auf Inbetriebnahme der Lagerhalle will Urenco dem Vernehmen nach 2015 stellen. Weitere Bauwerke sind offenbar schon geplant, denn die erste Halle wird nach Angaben der Bundesregierung bereits nach zehn Betriebsjahren gefüllt sein.

Eine zeitliche Befristung der Lagerung in Gronau ist derzeit weder vorgesehen, noch erscheint sie technisch oder politisch machbar. Die Diskussion über eine Endlagerung des Uranmülls wird von der Regierung, vom Bundestag und auch der kürzlich installierten Expertenkommission bislang nicht geführt – auch wenn Nord­rhein-Westfalens Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) angab, er habe in dem Gremium darauf gedrungen, die Entsorgung des Gronauer Mülls bei der Endlagerplanung zu berücksichtigen. In die ehemalige Eisenerzgrube Schacht Konrad, das einzige nach Atomrecht genehmigte Endlager Deutschlands, können die Gronauer Abfälle schon aus Kapazitätsgründen nicht gebracht werden.

»Die Zwischenlagerung von Atommüll ist ein Flug ohne Landebahn«, beschreibt Udo Buchholz vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) die Situation. Wenn in Gronau jetzt 60000 Tonnen Uranmüll zeitlich unbefristet gelagert werden sollten, drohe die schleichende Entstehung eines oberirdischen Endlagers. Die Landesregierung in Düsseldorf dürfe dies auf keinen Fall genehmigen.

Unterdessen haben Umwelt- und Antiatomgruppen aus dem gesamten Bundesgebiet am Montag massive Proteste angekündigt, falls Castorbehälter mit Atommüll aus dem nordrhein-westfälischen Forschungszentrum Jülich wie beabsichtigt in die USA transportiert werden sollen. Die 152 Behälter enthalten hochradioaktiven Müll in Form von Brennelementekugeln. Sie stammen aus dem Jülicher Versuchsreaktor AVR. Weil dieser Reaktor zwischen 1967 und 1988 auch Strom erzeugt und ins Netz gespeist hat, halten Bürgerinitiatven den Export der Castoren für illegal. Dasselbe gilt für die 305 Castoren aus dem stillgelegten Kugelhaufenreaktor Hamm-Uentrop, die derzeit in Ahaus nahe der niederländischen Grenze lagern. Diese sollen laut öffentlicher Bekanntmachung des US-Energieministeriums gleich mit in die USA geschickt werden.

Auch dies sei illegal, erklärten die Initiativen. Bei einem bundesweiten Treffen am Wochenende beschlossen sie, entlang der Transportstrecke zu protestieren, wenn es zu der Verschickung kommt. Schwerpunkte werden dabei Jülich, das Zwischenlager Ahaus sowie der Hafen Nordenham sein. Aber auch auf den möglichen Transportrouten wollen lokale Gruppen den Widerstand auf die Straße bringen – nach dem Vorbild der erfolgreichen Aktionen in Gorleben.

 

Quelle: http://www.jungewelt.de/2014/07-22/001.php

 

Ergänzung meinerseits: Und die Grünen regieren seit Jahren in NRW mit und dulden und fördern das. Schon damals in der Opposition oder unter der rot-grünen Bundesregierung taten sie nichts oder steckten tief mit drin im Atomsumpf. So viel zur Glaubwürdigkeit und zur Umweltpolitik der Grünen.

 

Sie sind voll im System angekommen.