Jean Jaurés - ein linker Geist leuchtet durch die Zeit

 

Frankreich gedenkt in diesem Jahr, anlässlich seines 100. Todestages, der Ermordung des großen französischen Sozialisten Jean Jaurés, der zeit seines Lebens, auch unter Inkaufnahme von Haftstrafen und unter Einsatz seines Lebens für den Sozialismus eintrat.

Am Vorabend des Ersten Weltkrieges wurde er kaltblütig aus dem Hinterhalt erschossen. Stunden zu vor wandte er sich an die Bevölkerung, sich dem Kriegsdienst zu verweigern und einen Generalstreik durchzuführen.

Zur Biografie von Jean Jaurés:

 

 

Jaurés wurde am 3. September 1859 in der französischen Gemeinde Castrés, im Kanton Department Tarn, als Sohn eines Textilarbeiters geboren.

 

So erfuhr er aus den Erzählungen seines Vaters schon früh die grobe Ungerechtigkeit, die dem werktätigen Volk im Kapitalismus widerfährt.

 

Harte, unmenschliche Arbeitsbedingungen, Hungerlohn, keinerlei soziale Absicherung, kein Arbeitsschutz und keine gesetzlich festgelegten Arbeits- und Urlaubszeiten sowie massenhafte, wohlgemerkt unbezahlte, Überstunden gehörten zu dieser Zeit zum Alltag der Arbeiter.

 

Dies prägte Jaurés sein ganzes Leben und so wuchs in ihm ein starkes Gerechtigsbewusstsein und eine soziale Ader heran. Ausbeutung, Unterdrückung, Kadavergehorsam gegenüber dem Staat und seinen Organen, insbesondere gegenüber dem Militär, war für ihn unerträglich und zwang ihn zur Tat.

So beschloss er Historiker zu werden. Nebenbei studierte er auch Philosophie und Literatur. Als Historiker und Philosoph nutzte er seine intellektuellen und schriftstellerischen Fähigkeiten, um fürs einfache Volk verständlich die Französische Revolution aus marxistischer Sicht aufzuarbeiten.

Ihm war es immens wichtig, Lehren aus der Geschichte zu ziehen, auch um Antworten für Gegenwart und Zukunft zu finden und begangene Fehler zu vermeiden.

 

Als es in Frankreich immer kapitalistischer und totalitärer zuging und somit auch die sozialen Probleme immer weiter zunahmen, ging er schließlich in die Politik, allerdings, wenn auch als sozialistisch denkender und handelnder Mensch, zunächst für die Republikaner, da er sich aufgrund ihrer Stärke bessere Chancen auf einen Einzug in die Nationalversammlung erhoffte und die Partei von ihrem gemäßigten sozialdemokratischen Kurs nach links rücken wollte.

 

Jaurés Rechnung ging auf, er bekam den Sitz im Parlament und bestimmte zunehmend die Politik seiner Partei und setzte mit seinen brillanten Reden und seinen Anträgen und Gesetzentwürfen die Monarchisten, Konservative und Klerikale sowie Wirtschaftsliberale massiv unter Druck und bestimmte zunehmend die Tagesordnung im politischen Diskurs.

 

Als die Bergarbeiter in Carmaux scharenweise mit massiven Lohnkürzungen und etlichen Entlassungen bedroht wurden, rief dies Jaurés sofort auf den Plan.

 

Er solidarisierte sich mit den Arbeitern, half ihnen bei der Gründung von Betriebsräten und wandte sich an die Gewerkschaften, um tatkräftige Unterstützung ihrerseits zu ersuchen. Gemeinsam mit den Gewerkschaften rief er zum Generalstreik auf, um einerseits die Entscheidungen der Arbeitgeberseite rückgängig zu machen und andererseits auch ein politisches Kampfmittel auszuüben, um ein solidarisches und demokratisches System in Frankreich zu erzwingen.

Nach dem er von seinen eigenen Parteileuten im Stich gelassen und verraten wurde, sie sich immer stärker von linker Politik verabschiedeten und die massive Polizei- und Militärgewalt gegen Volksaufständler und streikende Arbeiter stillschweigend hinnahmen, verließ er seine Partei, arbeitete als Partei- und Fraktionsloser weiter und gründete mit Arbeitern, Gewerkschaftsführern, linken Intellektuellen und Journalisten gründete er die sozialistische Tageszeitung L´Humanité.

Der Inhalt dieser Zeitung und die Themenpalette ist vergleichbar mit der heutigen jungen Welt in Deutschland und Neues Deutschland. Er wollte für Aufklärung sorgen über  all die Missstände und Machenschaften und für linke Alternativen werben und kämpfen. Die Gründung der Zeitung war im Jahre 1904, 1905 erfolgte dann die Gründung der vereinigten sozialistischen Gruppen, seine neue Partei.

 

Vor der Verabschiedung des Programms durch die Basis, legte Jaurés großen Wert darauf, dass man sich in diesem nicht zu sehr auf das Parlament fixiert. Vielmehr sei es notwendig, die Selbstbefreiung des Volkes zu organisieren durch eine breite Massenbewegung, an dessen Spitze die revolutionäre sozialistische Partei stehen müsse. Er erkannte das ein von oben verordneter Sozialismus niemals funtionieren kann. Er wollte, dass das Volk das Recht auf Staatsmacht und Souveränität erlangt. Er war ein großer Verfechter der Räterepublik.

 

Denn nur in einer Räterepublik hätte das Volk endlich die Möglichkeit, sich aus dem Joch fremdbestimmter Interessen zu befreien, wirdin politische Entscheidungen einbezogen und hat das Recht auf Gegenwehr. Jaurés wollte stets eine Politik vom Volk fürs Volk. Dies sagte er auch in seinen revolutionären Reden vor den Arbeitern und auf den Marktplätzen: ,,Erst kommt das Volk, dann der Einzelne. Die größten Menschen sind doch jene, die anderen noch Hoffnung geben können!"

In seiner Partei setze er zwischen den unterschiedlichen Strömungen einen klugen und richtigen Kompromiss, nämlich die Synthese von parlamentarischer und außenparlamentarischer Arbeit sowie von Reformismus und Revolution, durch.

 

Seiner Auffassung und Ansicht nach müsse man bereits im Hier und Jetzt sich auf den Weg machen, für grundlegende Veränderungen zum Wohle der Menschen zu kämpfen und die Alternativen so ausgestalten, dass sie über das System hinausgehen und die kapitalistischen Macht- und Eigentumsverhältnisse überwunden werden. Die soziale, die demokratische, aber auch die ökologische und die Friedensfrage beschäftigten ihn sein ganzes (politisches) Leben lang.

 

Als alle Zeichen auf die Gefahr eines Weltkrieges deuteten, war Jaurés einer der Wenigen, wenn nicht sogar der Einzige, der sich mit seiner Partei, jeglichen Bestrebungen nach Krieg, Rüstung und Militär konsequent entgegen stellte.

Für ihn war klar: ,,Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen!" ,,Nicht der Krieg ist revolutionär, revolutionär ist der Friede!"

 

Ihm war völlig klar, dass es nur darum geht, mit militärischer Gewalt eine Ordnung aufzubauen, anderen überzustülpen, von denen die Banken, Konzerne und Reichen der kapitalistischen Staaten profitieren und dass die Eroberung von Rohstoffen, Bodenschätzen und Absatzmärkten sowie die Profite der Rüstungsindustrie einzig und allein im Vordergrung kriegerischer Bestrebungen steht. Er hielt zahlreiche Reden zum Thema Krieg und Frieden, schrieb Kolumnen, gerade in seiner eigenen Zeitung, organiserte Kundgebungen und rief zum Generalstreik auf.

Enttäuscht appellierte er an seine ehemaligen republiknaischen Weggefährten, sie sollen doch zu linker Politik zurück kehren, zu der auch ohne jeden Zweifel die Friedensfrage zähle. Jaurés warf den Republikanern Verrat an ihrem Programm und den Menschen vor und meinte, dass die Linke doch in einer großen, bewahrenswerten Tradition stehe: ,,Einer Tradition treu zu sein, bedeutet der Flamme treu zu sein und nicht der Asche!"

 

Am Vorabend des 1. Weltkrieges, am 31. Juli 1914, wurde Jaurés, nachdem er tagsüber eine Friedenskundgebung abhielt und Kolumnen gegen den Krieg verfasste, durch ein geöffnetes Fenster des berühmten Pariser Restaurants ,,Restaurant du Croissants" erschossen. Es ist bis heute ungeklärt, ob es Nationalisten oder Leute des Staatsapparates waren.

 

Seine Ermordung erfolgte um 21.40 Uhr. Bereits um 22 Uhr kamen zehntausende von Leuten zum Ort des Geschehens und wollten Abschied nehmen von ihrem großen Idol und Freiheitskämpfer.

 

Jean Jaurés war und ist ohne jede Frage einer der scharfsinnigsten Vordenker der Linken. Seine politischen Theorien sind bis heute die Grundlage aller Parteiprogramme der europäischen LInksparteien.

 

Möge die Linke in Europa seiner gedenken, sein Werk fortsetzen und seinem Geist und der Flamme der Tradition treu bleiben, dann wird der Sozialismus siegen.