Zivilklauseln an Unis bringen wenig

 

Immer mehr Universitäten in Deutschland versuchen sich, dank des unermüdlichen Engagements der Studierendengruppen, durch Zivilklauseln vor Rüstungsforschung zu schützen, sich gegen sie zu wehren. Doch offenbar werden sie von den zuständigen Stellen und Leitungen der Universitäten so schwammig und dehnbar ausformuliert, dass sie nichts weiter als eine kurzzeitige Beruhigungspille und pure Augenwischerei sind.

Die Rüstungsforschung wird somit jedenfalls keineswegs unterbunden, es wird nur häufiger darüber breichtet, da die Studis ein Auge darauf haben, aber das war es dann schon.

Es wird wirklich höchste Zeit, dass der Staat Rüstungsforschung und Rüstungsproduktion verbietet und sie auf andere alternative Produktionsformen umstellt. Dafür könnte und müsste geforscht werden.

 

Hier nun noch nachfolgend der Artikel der jw zum Thema:

 

10.07.2014 / Inland / Seite 8 Inhalt

»Unverbindlich formuliert und weit auslegbar«

Verführbar durch Unterfinanzierung: Zivilklauseln an Hochschulen konnten Militärforschung bisher nicht stoppen. Ein Gespräch mit Cornelia Mannewitz

Interview: Gitta Düperthal
Cornelia Mannewitz ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Greifswald, Bundessprecherin der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) und Mitglied des geschäftsführenden Landesvorstands der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Mecklenburg-Vorpommern

Das Verteidigungsministerium hat seine jährlichen Ausgaben für Rüstungsforschung mehr als verdoppelt. Während Studierende für verantwortungsbewußte und zivile Hochschulen kämpfen, betreiben Universitäten weiter Militärforschung. Wie kommt es zu dieser Entwicklung?

Viele Universitäten müssen sich Kritiklosigkeit nachsagen lassen. Sie haben außerdem den Plan, durch Drittmittel geförderte Forschung zu betreiben und sind stark von außen bestimmt: Jegliche Form des Einwerbens von Finanzen wird meist mit Qualität gleichgesetzt. Geldgeber kann dann auch die Bundeswehr sein. Ursächlich für diese Entwicklung sind auch schwindende Zuschüsse der öffentlichen Hand.

Laut Süddeutscher Zeitung sollen 41 Hochschulen seit 2010 von der Rüstungsforschung profitieren: 120 Aufträge im Wert von 28 Millionen Euro! Ist die Friedensbewegung an den Unis nicht stark genug?

Es gibt große Defizite. In den vergangenen Jahren ist aber auch ein gegenläufiger Prozeß zu beobachten. An mindestens 15 Hochschulen gibt es Zivilklauseln unterschiedlichen Inhalts – leider sind einige nicht unbedingt wirksam.

Fünf Universitäten – Tübingen, Konstanz, Frankfurt am Main, Rostock und Göttingen – haben sich mit der Zivilklausel gegen militärisch relevante Aufträge positioniert, halten sich aber nicht daran. Ist die Klausel ein stumpfes Schwert?

Teilweise sind die Klauseln zu unverbindlich formuliert und weit auslegbar. In Tübingen heißt es: »Lehre, Forschung und Studium an der Universität sollen friedlichen Zwecken dienen, das Zusammenleben der Völker bereichern und im Bewußtsein der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen erfolgen.« Dem haben sich mehrere Universitäten angeschlossen. So sind sogar sogenannte »Humanitäre Interventionen« der Bundeswehr zu rechtfertigen – die entsprechende Forschung natürlich auch. Obendrein gibt es heftigen Gegenwind für die Zivilklauselbewegung. Für Studierende ist es schwer, sich zu behaupten. Im vergangenen Jahr hat sie etwa Professor Joachim Krause vom Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel als Linksextremisten verunglimpft. Das derzeitige unkritische Klima in der Gesellschaft gegenüber einem starken Militär schwappt auf die Unis über: Man höre zum Thema nur den Bundespräsidenten Joachim Gauck oder Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD sind Sicherheits- und Verteidigungsindustrie als »nationales Interesse« benannt.

Wie kommt es, daß die Selbstverpflichtung, nur für zivile Zwecke zu forschen, unterlaufen wird?

Das Stichwort »Dual Use« bedeutet, Forschungsergebnisse sowohl für zivile als auch militärische Zwecke nutzbar zu machen. Ein Argument, das Universitäten gern anbringen – da Forschungsgelder seitens der Bundeswehr steigen, wird es für sie lukrativ. Zuvor hatte es halt nur einige Professoren mit guten Kontakten zum Militär gegeben. Es wird sich gar gern auf die Freiheit der Forschung und Wissenschaft berufen. Motto: Der Wissenschaftler ist frei zu tun, was er will – angeblich immer »ergebnisoffen«. Das Gegenteil ist der Fall: Die Freiheit der Wissenschaft wird eingeschränkt, indem öffentliche Mittel für militärische Zwecke gebunden werden. Wir müssen stärker politisieren: Hochschulen sollten sich vielmehr den in Zukunft relevanten Themen wie Hunger, Umwelt und Überbevölkerung widmen.

Wie beurteilt die Zivilklauselbewegung das Verhalten der IG Metall bezüglich Rüstung und Arbeitsplätze? Obgleich es in deren Satzung heißt, sie setze sich für Abrüstung ein, hatte kürzlich der Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Ingolstadt die Pläne zur Beschaffung von Kampfdrohnen als Lichtblick begrüßt…

Diese Entwicklung sehen wir auch mit Sorge. Insgesamt müssen wir als Friedensbewegung uns mehr dafür interessieren, was bei den Gewerkschaften passiert. Aber dort sind auch Fortschritte zu sehen. Der DGB-Bundeskongreß im Mai hat friedenspolitisch gute Beschlüsse gefaßt: Kooperationen der Bildungsministerien mit der Bundeswehr seien zu kündigen, Zivilklauseln an den Universitäten zu unterstützen.

 

Quelle: http://www.jungewelt.de/2014/07-10/027.php