German Foreign Policy sieht Revisionisten in der Linkspartei auf dem Vormarsch 

"German Foreign Policy" betont eine Stärkung der Revisionisten und Rechtsreformisten in der  Linkspartei, die in letzter Zeit angeblich gestärkt worden seien.

Nicht erwähnt die Publikation allerdings die Absage der SPD und von Gabriel an Rot-Rot-Grün. Diese Tatsache wird schlicht ausgeblendet. Selektiv werden die Anzeichen herausgepickt, die diese Absicht untermauern sollen. 

Informationen zur deutschen Außenpolitik“ (www.german-foreign-policy.com) ist ein sich als „staatsfern“ verstehendes „linkskritisches[1] Internetportal, dessen Aufgabe nach eigener Darstellung die „kritische Berichterstattung über hegemoniale Taktiken und Strategien des vereinigten Deutschland“ ist.[2]

Wochentags erscheint eine Analyse und unregelmäßig zusätzlich Rezensionen, Kurzmeldungen und Hintergrundberichte. Nachrichten erscheinen neben Deutsch auch noch auf Englisch. Früher wurde ebenfalls ins Französische und Polnische übersetzt (im Archiv noch einsehbar). Seine Informationen bezieht das Portal aus „öffentlich zugänglichen Quellen, aus Korrespondentenberichten sowie Expertisen assoziierter Wissenschaftler, die das Kontinuum der deutschen Außenpolitik in Einzelaspekten untersuchen“.

Als Chefredakteure nennt die Website die Namen Horst Teubert und Andreas Plake. Für die Dokumentation ist Jörg Kronauer (Journalist, schreibt u.a. für konkret und jungle World) zuständig. Karl Heinz RothWolfgang Popp,Wolfgang DreßenSusanne Schunter-Kleemann (ehemaliges Mitglied der PDS-Grundsatzkommission) und Martin Bennhold (ehemaliger Professor für Rechtssoziologie an der Universität Osnabrück) bilden den Beirat des Projektes, welches 2002 gegründet wurde.[3] Weitere Autoren sind David X. Noack (ehemaliges Mitglied des Bundesvorstandes von Die Linke.SDS), Sebastian Carlens[4] und Peer Heinelt (Journalist und Wissenschaftsberater).

Zu den zahlreichen Interviewpartnern des Portals gehören unter anderem Hans-Christian StröbeleErich Schmidt-EenboomWolfgang NeškovićSabine Leutheusser-Schnarrenberger und Max Stadler.

Regelmäßig berichtet der Online-Dienst über die Geschichte der Deutschen Reichsbahn bzw. das Projekt Zug der Erinnerung.

 

Mehrfach haben die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti,[5][6][7] die Tageszeitung junge Welt,[8][9][10] die Tageszeitung Neues Deutschland,[11] der Online-Dienst Heise online[12][13][14] und die schweizerische Wochenzeitung Zeit-Fragen[15][16][17] auf www.german-foreign-policy.com verwiesen.

Foreign Policy im Wortlaut: 

 

Systematische Revision

 

 
(Eigener Bericht) - Die Führung der als kriegsablehnend geltenden Partei "Die Linke" sucht den Anschluss an die offizielle deutsche Außen- und Militärpolitik. Erst unlängst erklärten leitende Funktionäre der Organisation, eine künftige Koalition mit der zur Zeit an der Regierung beteiligten SPD werde "an der Außenpolitik nicht scheitern". Vorangegangen war ein zunächst geheim gehaltenes Treffen der Parteispitze mit dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel. Regelmäßig nimmt zudem der Obmann der Linkspartei im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, Stefan Liebich, an sogenannten rot-rot-grünen Gesprächen teil, die der Annäherung an SPD und Bündnis 90/Die Grünen dienen sollen. Bei dieser Gelegenheit erklärte Liebich unter anderem, er wolle "Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht ausschließen". Im April dieses Jahres stimmte die Bundestagsfraktion der "Linken" zum ersten Mal nicht geschlossen gegen eine Auslandsoperation der deutschen Streitkräfte. Gleichzeitig wurde ein Passus des Europawahlprogramms der Partei, in dem die EU als "militaristische Macht" bezeichnet wird, ersatzlos gestrichen. Umgekehrt müssen Kriegsgegner damit rechnen, dass sich die Organisationsspitze öffentlich von ihnen distanziert.
"Aktivere Außenpolitik"
In einem vor wenigen Tagen von der deutschen Presse publizierten Interview spricht sich der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, für eine "aktivere deutsche Außenpolitik" aus. Auch er wolle "mehr Verantwortung" im globalen Maßstab übernehmen, erklärt Bartsch - und schließt damit direkt an programmatische Äußerungen von Bundespräsident Joachim Gauck, Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Außenamtschef Frank-Walter Steinmeier (SPD) an. Diese hatten bei der wichtigsten deutschen militärpolitischen Tagung, der Münchner Sicherheitskonferenz, gleichlautende Formulierungen benutzt, um ein forciertes kriegerisches Engagement Deutschlands zu begründen. Zwar spricht sich Bartsch gegen "mehr deutsche Soldaten in der Welt" aus, betont jedoch zugleich, dass "keine Bundesregierung" von der BRD "zugesagte Einsätze im Rahmen von UN-Mandaten" einfach "abbrechen" könne: "Entschieden wird dann, wenn im Bundestag die Verlängerung von solchen Einsätzen ansteht. Es geht immer um den Einzelfall." Damit einhergehend fordert der Funktionär der Linkspartei offen den Schulterschluss mit der Sozialdemokratie: "An der Außenpolitik wird eine Koalition von SPD und Linkspartei 2017 nicht scheitern."[1]
"Verständigung in der Verteidigungspolitik"
Ähnlich hatte sich Anfang vergangenen Monats der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi, geäußert. In einem Rundfunkinterview behauptete der Politiker wahrheitswidrig, die SPD habe "begriffen", dass die von ihr bis heute legitimierten und unterstützten Kriege gegen Jugoslawien und Afghanistan "die Probleme der Menschheit nicht gelöst, sondern verschärft haben". Auch Gysi zeigte sich von der Möglichkeit einer Regierungsbildung mit der deutschen Sozialdemokratie überzeugt: "Wir bekämen eine Verständigung in der Außenpolitik hin, auch in der Verteidigungspolitik."[2]
Gesprächsfäden geknüpft
Gysis Ausführungen war ein zunächst geheim gehaltenes Treffen der Linksparteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger mit SPD-Chef Sigmar Gabriel am 2. Juni vorangegangen. Zweck sei es gewesen, die "Funkstille" zu beenden und auf lange Sicht einen "Gesprächsfaden" zu knüpfen, ließen die Parteien erst knapp einen Monat später verlauten [3] - und betonten zugleich, über die behandelten Inhalte strengstes Stillschweigen wahren zu wollen. Gleichwohl ließ Gabriels Stellvertreter Ralf Stegner durchblicken, dass sich die Sozialdemokraten in erster Linie an der Kriegsgegnerschaft der Linkspartei stören: "In der Außenpolitik ist bei den Linken vieles nicht von dieser Welt."[4]
Imperialer Liberalismus
In den Räumlichkeiten der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "taz" finden unterdessen regelmäßig öffentliche Diskussionen zwischen Vertretern der Linkspartei, der SPD und der Grünen statt. Der Obmann der "Linken" im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, Stefan Liebich, machte bei dieser Gelegenheit erst Ende vergangenen Monats weitgehende Zugeständnisse an die offizielle deutsche Außen- und Militärpolitik. Wie der Politiker erklärte, schließe die Linkspartei "Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht aus", etwa wenn es um die Absicherung einer "Waffenstillstandslinie", den "Katastrophenschutz" oder die Verhinderung eines "Völkermords" gehe.[5] Liebich ist Mitautor eines von der regierungsnahen Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und dem German Marshall Fund of the United States (GMF) publizierten Papiers, in dem "Elemente einer außenpolitischen Strategie für Deutschland" skizziert werden. Um ihre politischen und ökonomischen Interessen weltweit durchzusetzen, müsse sich die BRD "der gesamten Palette der außenpolitischen Instrumente bedienen, von der Diplomatie über die Entwicklungs- und Kulturpolitik bis hin zum Einsatz militärischer Gewalt", heißt es hier (german-foreign-policy.com berichtete [6]). Ähnliche Aussagen finden sich in dem von Liebich herausgegebenen Band "Linke Außenpolitik". Darin bekennt sich eine Autorin explizit zur Strategie des "imperiale(n) Liberalismus"; diese beinhalte, dass "liberale politische Ziele auch unter Einsatz militärischer Gewaltmittel oder durch den Aufbau hegemonialer Strukturen verfolgt werden".[7]
EU-Kritik gestrichen
Die auf diese Weise systematisch vorangetriebene Revision antimilitaristischer Positionen der Linkspartei hat bereits praktische Konsequenzen gezeitigt. Als der Bundestag im April dieses Jahres darüber zu entscheiden hatte, ob sich die Bundeswehr per Entsendung einer Fregatte ins Mittelmeer an der Vernichtung des syrischen Chemiewaffenarsenals beteiligt, stimmte die Linksfraktion erstmals nicht geschlossen gegen eine deutsche Militäroperation: 19 Abgeordnete enthielten sich, fünf votierten dafür. Fast zeitgleich setzte die Parteiführung die Entfernung einer zentralen Passage aus dem Europawahlprogramm der "Linken" durch: Die Qualifizierung der EU als "neoliberale, militaristische und weithin undemokratische Macht" wurde ersatzlos gestrichen.[8]
Preis für eine Regierungsbeteiligung
Unterdessen müssen Antimilitaristen innerhalb der Linkspartei damit rechnen, dass sich die Parteiführung bei nicht genehmem Verhalten von ihnen distanziert. Zuletzt war der brandenburgische Landtagsabgeordnete Norbert Müller hiervon betroffen; er hatte Bundespräsident Gauck einen "widerlichen Kriegshetzer" genannt.[9] Auch die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen handelte sich unlängst eine Rüge der Parteispitze ein. Nachdem die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, den Verweis auf die Beteiligung neofaschistischer Organisationen an der ukrainischen Regierung als "billigste(n) Populismus" abqualifiziert hatte, hatte ihr Dagdelen ein Zitat des Dichters Bertolt Brecht vorgehalten: "Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher!"[10] Die Führung der Linkspartei ist nun offenbar ihrerseits auf dem Weg, den Antimilitarismus dem politischen Anschluss an die offizielle deutsche Außen- und Militärpolitik zu opfern - als Preis für eine künftige Regierungsbeteiligung.