No-Go-Papier der Linkspartei stammte tatsächlich aus der Parteizentrale 

 
Unter den Linken kursiert ein Papier, das herablassend über Parteikader und Mitarbeiter des rechten Flügels urteilt. Es wurde Katja Kipping zugeschrieben. Die Parteichefin bestritt die Autorenschaft. Nun wurde der wirkliche Urheber des Papiers bekannt. Es stammt aus dem Büro von Bernd Riexinger, schreibt die Berliner Zeitung.
 
 

Wer suchet, der findet – dieses alte Motto gilt auch im Karl-Liebknecht-Haus, der Parteizentrale der Linken. Gesucht hatten sie dort jenes seltsame menschliche Wesen, das ein Papier geschrieben hatte, welches dem Umfeld der Parteivorsitzenden Katja Kipping angedichtet wurde. Katja Kipping ging deshalb juristisch gegen den "Spiegel" vor und erwirkte eine "Einstweilige Verfügung" dagegen. Tatsächlich wurde man jetzt fündig. Die Entfernung zum Fundort war nicht allzu weit.

Die gesuchte Person ist nach Informationen der Berliner Zeitung die bisherige Leiterin des Büros von Bernd Riexinger. Der ist bekanntlich Co-Vorsitzender der Linken. Freilich ging der Suchaktion ein seltsames Versteckspiel voraus. Romana Dietzold arbeitete auch schon für Klaus Ernst. Ihr Verhältnis zum ehemaligen Parteivorsitzenden Ernst ist  immer noch sehr gut.

Klaus Ernst hatte in der "Zeit" die Parteivorsitzende Katja Kipping gegen Angriffe im Juni verteidigt.

Zum Führungsstil von Kipping und zu Angriffen auf Kipping sagte er im Zeit-Interview:

Klaus Ernst: Ach was, alles Blödsinn. Das ist eine Intrige – mal wieder. Einige in der Partei wollen Einzelne beschädigen und denunzieren sie jetzt öffentlich. Damit nimmt man in Kauf, nicht nur Personen sondern die eigene Partei zu beschädigen.    

ZEIT ONLINE: Ist es auch in Ordnung, dass man als Parteichefin ein internes Papier aufsetzt mit personellen No-Go-Kandidaten? 

Ernst: Ich kenne ein solches Papier nicht, deswegen kann und will ich mich dazu nicht äußern. Aber noch einmal: Dass man sich Gedanken über das Personal und die Führungsstruktur macht, ist Aufgabe der Vorsitzenden. 

ZEIT ONLINE: Woher kommen diese Angriffe Ihrer Meinung nach? 

Ernst: Ich glaube, wir haben in der Partei ein paar wenige freie Radikale, die nur auf eigene Rechnung unterwegs sind. Die persönlich zu identifizieren, ist schwer, aber es ist schon interessant, wer jetzt die Debatte eskaliert, nur auf der Basis unbewiesener Denunziationen. Man kann das nicht dem Reform-Lager oder den Linken zuordnen. Da versuchen einige wenige, Ärger in die Partei zu tragen, weil sie die alten Gräben wieder aufreißen wollen und eine schwache Führung besser für ihr Treiben ist. Wir als Vorsitzende waren auch derartigen Angriffen ausgesetzt..

In der Parteizentrale im Karl Liebknecht Haus wird aber intern in Wahrheit die Gründung einer WASG 2.0 befürchtet. Da rufen vielleicht sogar Diebe: " Haltet den Dieb".  Es wird wohl intern befürchtet, dass es bald knallen könnte. 

Insofern könnte die Rolle von Klaus Ernst, Ulrich Maurer u.a. insbesondere nach der seinerzeitigen Demontage von Oskar Lafontaine  noch sehr interessant werden. Bernd Riexinger wird als Gewerkschaftler wie übrigens auch Alexander Ulrich selber wird wohl auch eher dieser Gruppe zugeordnet. Was genau Bernd Riexinger wußte, wird erstmal sein Geheimnis bleiben. 

Seine Mitarbeiterin Romana Dietzold ist aktuell auch Sprecherin der Linken in Kreuzberg. 

Kipping war Anfang Juni schwer in Bedrängnis geraten. Denn in dem Papier geht es um die Trennung von unliebsamen Mitarbeitern in Partei und Fraktion. Wörtlich heißt es unter dem Punkt „personelle No-Gos“ (übersetzt: Was gar nicht geht): „Die Fraktion darf nicht zur ‚Reste-Rampe‘ der Abgewählten oder Rausgeschmissenen werden.“ Mit diesem Vokabular werden Menschen bezeichnet, für die es keine Verwendung mehr gibt oder geben soll. Namentlich genannt werden etwa die umstrittene Bundestagsabgeordnete Halina Wawzyniak und der ehemalige Bundestagsabgeordnete Steffen Bockhahn. Aber auch der Ex-Mitarbeiter Mark Seibert wurde namentlich erwähnt.

Es gab seinerzeit Verstimmungen in Teilen der Partei über das Vorgehen gegen Seibert und eine partei-interne Kampagne, wobei sich auch Mitglieder und Mitarbeiter mit Seibert solidarisiert hatten. Der Mitbegründer des antideutschen Sektierer-Flügels "Bak Shalom" war maßgeblich für die Internetpräsens der gesamten Linkspartei mit verantwortlich  und er arbeitete ebenfalls in der Parteizentrale. Er  hatte eine Kampagne gegen den linken Bundestagsabgeordneten Diether Dehm, mit der Forderung "  Dehm grillen " inszeniert. Das wurde als Generalangriff auf den linken Flügel der Partei interpretiert.

Um die Debatte in Bahnen zu lenken, beauftragten Kipping und Riexinger Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn mit einer Prüfung. Der soll bei der für das Wochenende geplanten Vorstandsklausur in Dresden Ross und Reiter nennen und die Konsequenzen gleich mit.

Höhn wiederum ist, wie man nun hört, auf ein seit Längerem offenes Geheimnis gestoßen. Demnach ist die Autorin Riexingers Bürochefin. Der kann insofern mildernde Umstände geltend machen, als ihm die Büroleiterin angeblich von seinem Vorgänger Klaus Ernst zur Weiterbeschäftigung ans Herz gelegt wurde.

Der Bayer lag mit Teilen des Parteiapparats über Kreuz. Dass man in seiner Umgebung darüber nachdachte, wie unliebsame Genossinnen und Genossen loszuwerden wären, erscheint plausibel. Weniger plausibel wirkt die Beteuerung der Parteispitze, von all dem nichts gewusst zu haben. Denn dass es so ein Papier gab, haben offenbar viele gewusst im Karl-Liebknecht-Haus. Es war auch nicht das einzige. Beispielsweise gab es auch ein Pro-Bartsch-Liederbuch, dass politische Gegner der Rechtsreformer ironisch und spottend thematisierte. 

Riexingers von Ernst ererbte Vertraute wurde übrigens jetzt daraufhin von Höhn auf eine einfache Mitarbeiterstelle versetzt. Das ist eine Degradierung und sei auch so gemeint.