Der Zickzackkurs der Linkspartei zu den Montagsdemos bleibt erhalten 

Die Linke steht glasklar  für Frieden und sie unterstützt Aktivitäten der Friedensbewegung und antimilitaristische Initiativen gegen Krieg und gegen jede weitere Eskalation in der Ukraine. Natürlich gehört auch die Verurteilung der faschistischen Swoboda-Bewegung in diesen Kontext. 

Deswegen  ruft der Parteivorstand auch dazu auf, sich an der Großdemonstration am 31.05. 2015 der Friedensbewegung unter dem Motto: “Ukraine: Stoppt Eskalationen und drohenden Krieg” zu beteiligen.

Die Debatte im Parteivorstand drehte sich im Wesentlichen um einen von Klaus Lederer und anderen eingebrachten Antrag.

Dort wurde u.a. formuliert, dass sich DIE LINKE unmissverständlich “von den als `Montagsmahnwachen` oder `Montagsdemonstrationen`firmierenden Aktivitäten von Rechtspopulisten, Nationalisten, Verschwörungstheoretikern und Antisemiten, die die Sorge vor Krieg und Eskalation zum Anlass nehmen, um rechtspopulistische Welterklärungsmuster und `Querfront-Strategien salonfähig zu machen”, distanziert.

Mit diesen Kräften wird es ganz grundsätzlich keine Zusammenarbeit geben und der Parteivorstand “fordert alle linken und demokratischen Kräfte auf, sich nicht als Feigenblatt für eine als `Überparteilichkeit` verkaufte Propagierung von Nationalismus, Antisemitismus, Rassismus und Homo-/Trans*feindlichkeit herzugeben“.  

Über diesen Passus kam es zu Diskussionen im Parteivorstand. Einige Parteivorstandsmitglieder meinten aber, dass der Beschluss sich wie ein Unvereinbarkeitsbeschluss lese. Deshalb lehne die Mehrheit diese Fassung der Totalablehnung der Mahnwachen ab. 

Waren viele Redebeiträge zwar ob ihrer kruden Rhetorik und Thematik verstörend, so sind wir dennoch nicht der Meinung, die gesamten Demonstrationsteilnehmer/innen aufgrund einzelner Stimmen verurteilen zu können.”

Viele linke Bundestagsabgeornete hatten sich mit den Montagsdemos solidarisch erklärt und gefordert, die Bewegung mit linken Themen und linken Teilnehmern selber zu okkupieren und die Rechten da rauszudrängen.

Klaus Lederer konnte sich mit der Forderung nicht durchsetzen, diesen Passus wieder streichen zu wollen. 

Es bleibt also bei der differenzierten Sichtweise des Parteivorstandes, der eine Pauschalverurteilung der Montagsdemos ablehnt. Man differenziert auch zurecht zwischen Organisatoren und Teilnehmern der Veranstaltungen.  

Gedanken von Heike Hänsel Linke MdB zu den Montagsmahnwachen 

Sie unterzeichnete zusammen mit anderen linken Bundestagsabgeordneten den Appell " Für eine differenzierte Herangehensweise an die Montagsdemos". 

Auszüge aus einem Interview der JW- die Position von Heike Hänsel

unbenannt

Ich denke, man muß einfach differenzierter mit den Leuten umgehen, die da auf die Straße gehen. Das ist eine vielfältige Mischung. Damit meine ich sowohl die Veranstalter in verschiedenen Städten als auch die Menschen, die dort ihre Empörung vor allem über den drohenden Krieg in der Ukraine, über die Politik der EU oder auch die manipulative Medienberichterstattung ausdrücken wollen. Viele sind auf der Suche nach alternativen Informationen und Erklärungen. Mehr und mehr Leute merken: Was ihnen erzählt wird, stimmt so nicht. Aber viele sind ansonsten politisch noch unbedarft. Deshalb kann ich aber längst nicht alle im rechten Lager verorten. Das wird der Situation nicht gerecht, es ist unseriös. Andererseits darf ich keine Erklärungsmuster bedienen, die nach rechts anschlußfähig oder verschwörungstheoretisch sind. Da ist politische Aufklärung durch Linke gefragt...

Mit dem Begriff ( Verschwörungstheorien) muß man natürlich seriös umgehen. Wenn aber Erklärungsmuster gebraucht werden, wie etwa, daß hinter allen Übeln die Federal Reserve Bank in den USA stehe – und vielleicht noch speziell »jüdisches Kapital« – dann bedient das auch antisemitische Denkschablonen. Gewollt oder ungewollt. Andererseits muß es möglich sein, Interessen zu benennen: Warum etwa die USA jahrelang ukrainische Nichtregierungsorganisationen finanziert haben, wie die CIA agiert und die EU mit viel Geld versucht, dort die öffentliche Meinung zu dominieren. Das halte ich nicht für verschwörungstheoretisch. Es ist der Versuch, imperiale Politik zu erklären.

Was die Veranstalter der Montagsdemos betrifft, würde ich nicht überall Unbedarftheit unterstellen. Das ist von Stadt zu Stadt unterschiedlich. In Stuttgart gibt es zum Beispiel eine klare Abgrenzung gegen rechte Ideologie. In manchen anderen Städten gibt es Organisatoren, die vielleicht auch eine bewußte Tendenz nach rechts haben. Das gilt wiederum nicht für alle Teilnehmer. Sie erwarten Erklärungen für Dinge, über die sie sich zu Recht aufregen – und dort fehlen Linke, die das Gespräch suchen. Teilweise ist es mir zu arrogant, wieviel Wissen und Erfahrung von manchen Linken vorausgesetzt wird – bei Menschen, die gerade merken, daß etwas nicht stimmt, die sich auch von den öffentlich-rechtlichen Medien manipuliert fühlen. Diesen Bedarf gibt es – und offenbar haben hier die Linke und die klassische Friedensbewegung versagt. Sie dürfen aber nicht einfach das Feld räumen. Wenn jemand eine Rede mit rechten Tendenzen oder abwegigen Verschwörungstheorien hält, dann kann ich doch dagegen halten.

Es ist ja in einigen Städten gelungen, einen Grundkonsens zu formulieren, der rechte und antisemitische Positionen ausschließt. Dort ist mit den jungen Veranstaltern diskutiert worden. Sie kooperieren jetzt mit klassischen Friedensgruppen und waren auf den Ostermärschen. Einzelne Leute wurden von ihnen aber auch ausgeschlossen. Was Berlin betrifft, weiß ich von dem Beschluß, sich von Jürgen Elsässer zu distanzieren.

Weil natürlich die Perspektive der Arbeitenden, der Lohnabhängigen und Ausgebeuteten nicht überholt ist ( ist auch die Unterscheidung zwischen links und rechts  nicht überholt) . Es gibt ein Oben und ein Unten – weltweit. Diese Perspektive ist wichtig, weil sonst wieder nach Nationalität bewertet und eingeteilt wird, wie in der Europapolitik Deutsche gegen Griechen ausgespielt werden. Linke treten für ein menschenwürdiges Leben unabhängig von der Herkunft, Geschlecht oder sexueller Orientierung ein.

http://www.jungewelt.de/2014/05-20/060.php

Diether Dehm, Linke MdB, erklärt

 "Viele eurer Bedenken, liebe Genossinnen und Genossen vom FDS, kann ich nachvollziehen. Auch mir ist die Erklärung nicht leichtgefallen. Aber ich empfehle dringend, sich Bigotterie zu verweigern. Z.B. die TAZ wirft den Montagsdemos AfD-Nähe vor - und nimmt gleichzeitig gut bezahlte Anzeigen der AfD entgegen. Es ist doch zu offensichtlich, was einige Medien mit ihrer Dämonisierung von Demonstranten wollen: nämlich überhaupt keine Bewegung. .....Ich versuche beim Ausgrenzen wählerischer zu sein. Ich stigmatisiere Faschisten und entsprechend verurteilte Täter. Ausschließlich. Und nothing more. Ansonsten versuche ich zu überzeugen. Denn es hat rechte Demokraten und undemokratische Linke gegeben. Schade zwar, aber wenn wir 1981 alles ausgegrenzt hätten, was meiner Reinlichkeit, Ästhetik und Intellektualität nicht entsprach, wäre die Friedensbewegung 1981 gegen die Pershings bei unter 30 geblieben und nie auf 300 000 angewachsen. Aber Kleinhalten oder sowas könnte auch das Ziel der taz, des Spiegel usw. sein. Besonders wenn die taz aus der Erklärung von Wolfgang Gehrcke und mir mit drohenden Untertönen zitiert, wir hätten sogar "den amerikanischen Imperialismus, deutsche Wirtschaftseliten und die EU" angegriffen (und dabei verschweigt, dass wir im Unterschied zu manchen Tendenzen der Montagsdemos gegen JEDEN Rassismus und Antiamerikanismus aufzuklären empfohlen hatten.)

 

Uns parlamentarischen "Kräften" - ob SL, AKL oder FDS - sollte es doch um MEHR realdemokratisch außerparlamentarische Bewegung gehen. Denn ohne, da siechen wir hochdotiert hinter den verschlossenen Türen unserer Ausschüsse einfach nur dahin. Die Bezeichnungen „links“ und „rechts“ waren seit jeher Krücken, denn sie rühren aus einer uralten Sitzordnung im Abgeordnetenhaus. Zuerst geht es links gegen Faschismus und Krieg (jetzt gegen Syrien und Russland) und für Überwindung kapitalistischer Willkür. Dann kommen unsere ganzen Verhaltensmaßregelungen für einen Verständigungsprozess (andere nennen das Lernen) der stets mühsam, misstrauisch und von Rückschlägen begleitet erfolgt. Und wenn einer dabei nicht sofort kapiert, dass eine rumänische Immigrantin von Art 1 unseres Grundgesetzes genauso geschützt ist, wie die urdeutsche Trümmerfrau, muss ich es ihm ebenso beschwerlich erklären, wie dem Gewerkschaftsneumitglied, das vielleicht immer noch glaubt, in Regimes des monopolkapitalistischen Extraprofits könne es "gerechte" löhne geben. Aber jemanden gleich auszugrenzen, heißt den Gesprächsfaden einfach nur abzuschneiden. Ich werbe gegen diese Unbarmherzigkeit des aufgeklärten Menschen! Und zwar, weil Aufklärung und demokratische Reform und Revolution sich nicht vorm Spiegel (dem an der Wand!) rechtfertigt, wer „der beste linke im ganzen Land“ sei, sondern wer andere etwas linker macht.

 

DIE LINKE kommt oft nur als wandelndes Umerziehungslager rüber. Aber als Katholische Inquisition nur mit Exkommunikations-Bannflüchen und Verbotsforderungen durch die Geschichte zu laufen und sich dann zu wundern, dass die stehenden Ovationen ausbleiben, mag zwar Wohlgefühle und Selbstgefälligkeit nähren, ist aber nicht „dem Volke zugewandt“ (gramsi) und bewegungsfördernd. Durch überzogene political correctness haben wir uns nicht eben kraftvoller gemacht.

 

Sicher ist es schön, wenn das FDS nun erstmalig radikalere Kadergruppen wie SAV, Marx21 und Dittfurth gegen Gehrcke/Dehm/Hunko zitiert. Es wäre aber noch schöner, wenn sich die Strömungen bei dem widrigen und widersprüchlichen Weg, mehr außerparlamentarische Bewegung zu schaffen, gegenseitig mehr helfen würden. Es kann ja ruhig (FDS-gemäß) nur für kleine Reformschritte sein (denn ob wir Marxisten unsere geliebte Revolution je mehr als nur ahnen können, wissen auch wir nicht. Da geht es uns wie den Agnostikern).

 

Aber eines ist klar: hätte es seit zwei Monaten stärkere außerparlamentarische Aktivitäten der Linken in Sachen Ukraine gegeben, stünden wir heute in Umfragen (noch) besser da.

 

Und wenn wir dann irgendwann mal gemeinsam mehr mobilisieren, dann sollten dabei nicht moralische Hochnäsigkeit und intellektualisierte Verbotsforderungen gegen die sogenannten "normalen und kleinen" Leute (die in Wahrheit allesamt so unnormal und groß sind, wie wir) unser Außenbild zieren, sondern Entwürfe und Erleben von mehr Lebensglück. Das scheint uns in Wahrheit links!"

 

Gegen die Dämonisierung der Montagsmahnwachen

http://www.diether-dehm.de/index.php/positionen/102-aktions-unterstuetzung/893-reinlichkeitsreflexe

Foto: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Dafür trete ich ein - und auf." Ein Interview mit Konstantin Wecker in der heutigen LVZ über Ukraine, NATO, die Montagsdemos und seinen Auftritt am Freitag in Leipzig. Es geht voran! :)