Mindestlohn light: SPD Ministerin Nahles will Langzeitarbeitslose zeitweise  vom Mindestlohn ausschliessen

Es gibt mehr Teilzeit- und geringfügige Stellen als je zuvor. Aufgefangen werden die Menschen, die von solchen Jobs ihr Leben nicht bestreiten können, von der Allgemeinheit: Sie landen als Aufstocker beim Jobcenter. Man kann als Arbeitgeber ganz offen mit diesem Missstand kalkulieren, die Menschen zu geringen Löhnen einstellen und den Rest aus den Sozialkassen aufbringen lassen. Das ist legal, auch wenn die Entscheidungsträger, die für dieses System geworben und es installiert haben, diesbezüglich gerne mal von »unmoralischen Einzelfällen« sprechen, schreib das nd.

Der Mindestlohn, wie ihn jetzt die Große Koalition beabsichtigt, wird das nächste Konzept, das Nischen für Tricksereien der Wirtsachaft. Denn wenn Langzeitarbeitslose, die eine Arbeit ergreifen, für 6 Monate keinen Mindestlohn bekommen, dann gibt das Arbeitsministerium damit auch ganz ungeniert den Takt vor, wie man als »umsichtiger Kapitalist« planen muss, um die Personalkosten gering zu halten.

Zynisch könnte man nämlich behaupten, dass sie einfach nur so weitermachen müssen wie bisher. Nach Angaben des »Statistische Bundesamt« hat sich die Zahl der befristet Beschäftigten zwischen 25 und 34 Jahren in Deutschland stark erhöht. Seit 1991 stieg sie von 8 auf zwischenzeitlich fast 19 Prozent. Auf alle Altersklassen bezogen sieht das »Statistische Bundesamt« jedoch nur ein niedriges Niveau von Befristungen, das »Eurostat« allerdings höher ansetzt. Das hat freilich etwas mit der Agenda 2010 und der in ihr immanenten Niedriglohnpolitik zu tun. »Zeitverträge, überall Zeitverträge« berichteten letztes Jahr zwei Journalisten bei »KarriereSpiegel«. Was sich reißerisch liest, ist die Normalität für Menschen, die einen Arbeitsplatz suchen. Die »Befristung ohne Sachgrund« wird als Instrument rege genutzt und ist für die Dauer von maximal zwei Jahren möglich.

Der ab 2015 geplante gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro soll nicht für die derzeit etwa eine Million Langzeitarbeitslosen gelten. 180 000 von diesenArbeitslosen finden den Weg zurück in eine Job und sie sind die von der Ausnahme Betroffenen. 

Langzeitarbeitslose sollen in den ersten sechs Monaten nach der Aufnahme einer neuen Beschäftigung generell ausgenommen bleiben.

Leichte Änderungen gibt es auch beim Mindestlohn für Praktikanten.

Mit diesen Zugeständnissen ging Nahles auf Kritiker in der Union und in der Wirtschaft zu, die auch ein höheres Mindestalter für den Mindestlohn gefordert hatten. In dieser zentralen Frage zeigte sich Nahles aber unnachgiebig. Die Altersgrenze bleibt im Gesetzentwurf bei 18 Jahren.

Die Linke hält die geplante Altersgrenze beim Mindestlohn für verfassungswidrig. Sie will daher jede Beschränkung vor Gericht bringen, "egal ob 18, 21 oder 25", sagte der Parteivorsitzende Bernd Riexinger der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Zur Not müsse das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Der Mindestlohn soll ab dem kommenden Jahr gelten. Der Gesetzentwurf soll am 2. April im Kabinett beraten werden. Die Vertreter einer höheren Altersgrenze argumentieren, es müsse für junge Menschen weiterhin attraktiv sein, eine Lehre zu machen anstatt einen mit Mindestlohn bezahlten Aushilfsjob anzunehmen.

Bei einer Lehre gibt es grundsätzlich keinen Mindestlohn. Denn Azubis schließen keinen Arbeits-, sondern einen Ausbildungsvertrag. Im Durchschnitt verdienen Auszubildende brutto 767 Euro (Westdeutschland) beziehungsweise 708 Euro (Ostdeutschland). Eine 40-Stunden-Woche, die nach Mindestlohn bezahlt wird, brächte dagegen 1428 Euro brutto.

Offenbar hatte das Bundeskanzleramt bis zuletzt Änderungswünsche. Im Arbeitsministerium hieß es, dabei gehe es aber lediglich um "Detailfragen". Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften machten einen Tag vor der Kabinettsbefassung noch einmal Druck. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) startete eine Kampagne unter dem Motto "Mindestlohn für alle, jetzt". Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, appellierte an die Bundesregierung, junge Leute bis zum 25. Lebensjahr vom Mindestlohn auszunehmen, Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer forderte erneut Ausnahmen für Praktikanten.

Während die Linke als Erfinderin des gesetzlichen Mindestlohn inzwischen 10 €uro fordert, bleibt es bei den 8,50 €uro, die  die Groko als Mindestlohn realisieren will.

  Zwar sieht der Entwurf keine Ausnahmen für bestimmte Branchen oder Berufsgruppen vor, wie etwa Taxifahrer, Zeitungsausträger oder saisonale Hilfskräfte in der Landwirtschaft  Dafür gibt es aber Sonderregelungen für Jugendliche bis 18 Jahren, für Langzeitarbeitslose und auch für Praktikanten.

Genau darauf hatten die Wirtschaftsverbände gedrungen – die Ausnahmen gingen ihnen aber noch nicht weit genug. So forderte Kramer, nicht nur Pflichtpraktika, sondern auch freiwillige Praktika von Studenten generell vom Mindestlohn auszunehmen. Nahles Gesetzentwurf sieht vor, dass für freiwillige Praktika, die länger als vier Wochen dauern, 8,50 Euro in der Stunde gezahlt werden müssen. Nun wird die Zeitspanne ohne Mindestlohn auf sechs Wochen verlängert. 

Geschichte des gesetzlichen Mindestlohnes 

Der SPD Kanzlerkandidat lügt frech in TV Medien und er bezeichnet die Forderung nach einem Mindestlohn als SPD Erfindung.

In einem ARD-Tagesschau- Beitrag vom 24.2. 2013 wird er bezüglich des Mindestlohnes  mit den Worten "Wir sind das Original" zitiert. 

http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video1269020.html

Tatsächlich weiß er aber ganz genau, dass  die SPD diese  Forderung von der Linkspartei abgekupfert hat, die diese Forderung schon seit Jahren erhebt.

Bundeskanzler Schröder war 2005 sogar noch Stolz darauf, einen effektiven Niedriglohnsektor eingeführt zu haben. 

In Deutschland wurde mit der Umsetzung des Hartz-Konzeptes die Entstehung des Niedriglohnsektor gefördert. Auf dem World Economic Forum in Davos am 28. Januar 2005, äußerte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder: „Wir müssen und wir haben unseren Arbeitsmarkt liberalisiert. Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt. Ich rate allen, die sich damit beschäftigen, sich mit den Gegebenheiten auseinander zu setzen, und nicht nur mit den Berichten über die Gegebenheiten. Deutschland neigt dazu, sein Licht unter den Scheffel zu stellen, obwohl es das Falscheste ist, was man eigentlich tun kann. Wir haben einen funktionierenden Niedriglohnsektor aufgebaut, und wir haben bei der Unterstützungszahlung Anreize dafür, Arbeit aufzunehmen, sehr stark in den Vordergrund gestellt.“ aus Wikipediahttp://de.wikipedia.org/wiki/Niedriglohn

Der heutige Genosse der Bosse, der immer schon auf dem Boden von Sozialabbau und  Schröderschen Agenda 2010 gestanden hatte, scheut also nach seinem Geheimtreffen mit Bossen der Wirtschaft vor  bewussten Lügen nicht zurück.  

Millionenhonorare an  Anwaltskanzleien für Gesetzestexte,  in denen auch die Interessen der Wirtschaft einflossen, runden das Bild vom Millionario Steinbrück ab, dessen Politik sich kaum  von der Politik der Regierung Merkel unterscheidet und die er in Kernpunkten wie dem Fiskalpakt und der Bankenrettung immer wieder unterstützt.

Die Deregulierung der Banken hat er federführend genauso unterstützt und als SPD Finanzminister unter  Kanzler Schröder eingeführt wie das Zockerwesen der Banken mit Hedgefonds. 

Dieser Wandel vom Saulus zum Paulus wirkt gerade bei ihm äusserst unglaubwürdig. 

2007 noch wollte Müntefering einen Armutslohn statt einen gesetzlichen Mindestlohn wie die Linke: Stattdessen wollte er tarifliche Regelungen und stattdessen nur einen "Auffangmindestlohns" Als Vordergründig wortradikal, in Wirklichkeit aber als Einleitung des Rückzugs vom Gedanken des Mindeslohns bewertete der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion DIE LINKE., Ulrich Maurer, die Äußerungen von Arbeitsminister Franz Müntefering zum Thema Mindestlohn: Bei genauem Studium seiner Äußerungen ist erkennbar, dass Müntefering bereits den Rückzug der SPD von ihren markig per Unterschriftenaktion formulierten Mindestlohnforderungen vorbereitet. Nicht anders ist seine Forderung nach einem "Auffangmindestlohn", der gerade mal etwas über "Hartz IV" liegen müsse, zu deuten. Offenkundig ist Müntefering auch schon mit einem Bruttolohn zwischen 700 und 800 Euro als "Auffangmindestlohn" einverstanden, der zum Leben auch damals schon nicht ausreichte. Damit liegt Münteferings "Auffangmindestlohn" real irgendwo zwischen 4 und 5 Euro pro Stunde und damit auf der Basis der prekären Beschäftigung. Mit den Forderungen im SPD-Aufruf für Mindestlöhne und den von den Gewerkschaften geforderten Stundenlöhnen hat das nicht mehr das Geringste zu tun.

Zu diesem Zeitpunkt war die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn von Linken bereits längst programmatisch erhoben worden. 

Lohndumping hat in Deutschland seit über zehn Jahren Konjunktur. Die Zahl der Beschäftigten, die vom Lohn ihrer Arbeit nicht leben können, ist stark gestiegen. Stundenlöhne von fünf Euro und weniger sind keine Seltenheit. Ein Bäcker verdient in Sachsen-Anhalt laut Tarifvertrag 4,48 Euro pro Stunde. In Rheinland-Pfalz erhalten Beschäftigte im Sicherheitsgewerbe einen Tariflohn von 5,35 Euro pro Stunde. Anhaltende Massenarbeitslosigkeit, Hartz IV und der Boom der Leiharbeit drücken auf die Löhne.

Eine aktuelle Studie zeigt: bereits 6,5 Millionen, das ist fast jeder vierte Beschäftigte, arbeiteten im Jahr 2006 zu Niedriglöhnen. Seit 1995 ist der Anteil der Niedriglöhne von 15 auf 22 Prozent gewachsen. Insbesondere Frauen werden oft schlecht bezahlt. Immer mehr Menschen verdienen so wenig, dass sie auf Sozialleistungen angewiesen sind. Im Jahr 2006 erhielten bereits 880 000 Erwerbstätige neben ihrem Lohn Hartz IV-Leistungen. 2007 stieg diese Zahl auf 1,3 Millionen. Der Staat subventioniert so Unternehmen, die schlechte Löhne zahlen, obwohl die Gewinne steigen. Dieser Zustand ist einer reichen Gesellschaft unwürdig. Von Arbeit muss man leben können. Nur ein gesetzlicher allgemeiner Mindestlohn kann dem Lohndumping eine Grenze setzen, unter der nichts mehr erlaubt ist. Nur ein ausreichend hoher Mindestlohn kann Hungerlöhne, die nicht zum Leben reichen, verhindern.

Wenn die Löhne wieder auf einem sicheren Fundament stehen, gehen auch die Einnahmeausfälle bei Steuern und Sozialversicherungen infolge Lohndumping und prekärer Arbeit zurück. Die Staatskassen werden von aufstockenden Sozialleistungen entlastet. Schließlich stärkt ein gesetzlicher Mindestlohn auch die Binnennachfrage.

Die Große Koalition glänzte lange durch Untätigkeit. Jetzt legt sie Flickwerk vor. Mit ihren Vorschlägen zu Branchenmindestlöhnen wird der Anspruch fallen gelassen, eine einheitliche Lohnuntergrenze einzuführen. DIE LINKE fordert die Einführung eines gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohns nach französischem Vorbild, der in der nächsten Wahlperiode auf 10 Euro pro Stunde erhöht wird und Jahr für Jahr zumindest in dem Maße wächst, wie die Lebenshaltungskosten steigen. Wenn in einer Branche der unterste Tariflohn über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt, soll dieser für allgemeinverbindlich erklärt werden. Dazu ist die Allgemeinverbindlichkeitserklärung auch ohne Zustimmung der Arbeitgeberverbände zu erleichtern.

DIE LINKE forderte die Bundesregierung bereits im Juni 2006 auf, unverzüglich einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen. Damals lehnten alle Fraktionen diese Forderung ab. Im Oktober 2006 brachte DIE LINKE ihr Konzept des dualen Mindestlohns als Antrag ins Parlament ein.

Aber auch schon noch früher forderte Linkspartei den gesetzlichen und flächendeckenden Mindestlohn mit einem Stundenlohn von über 9 €uro nämlich bereits im Jahre 2002. Drucksache Nr. 14/8921 als Antrag der PDS Fraktionhttp://www.presseportal.de/mobil/story.htx?mobil&nr=354795&firmaid=41150 

Die SPD hat hingegen erstmalig auf ihrem Parteitag und mit ihrem Wahlprogramm am 5. November 2011 in Berlin eine Forderung nach einem bescheidenen gesetzlichen Mindestlohn ( 8,5 €/h = 1360 € brutto/mtl. ) erhoben. Die Linke fordert einen flächendeckenden und  gesetzlichen Mindestlohn von 10 €uro pro Stunde. 

http://www.dielinke-ottweiler.de/index.php?id=4214

http://www.die-linke.de/presse/presseerklaerungen/detail/zurueck/presserklaerungen/artikel/und-kein-bisschen-mindestlohn/

http://www.spiegel.de/wirtschaft/konfrontationskurs-steinbrueck-gegen-mindestlohn-a-409314.html

https://www.facebook.com/photo.php?fbid=509186062460879&set=a.187973167915505.43048.100001084703565&type=1&theater

Katja Kipping, Linken-Vorsitzende, meint: 

Ach ja: Es sind übrigens 3,9 Millionen Menschen Erwerbslos und nicht 3,1 Millionen, wie heute hier und da gemeldet wird.
Foto: Ach ja: Es sind übrigens 3,9 Millionen Menschen Erwerbslos und nicht 3,1 Millionen, wie heute hier und da gemeldet wird.