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Vier Lehren aus dem Klima-Gipfel in Warschau 

von Eva Bulling Schröter
 

Vier Lehren aus dem Klimagipfel in Warschau

Foto: Luka Tomac

Von Eva Bulling-Schröter

Die UN-Klimaverhandlungen stehen heute wieder dort, wo sie bereits 2007 standen. Wie in Warschau wurde auch auf der damaligen Klimakonferenz in Bali ein Fahrplan beschlossen. Die „Bali Roadmap“ war eine Art Countdown für die Einigung auf ein neues Klimaschutzabkommen beim Klimagipfel in Kopenhagen (2009) – der bekanntlich grandios scheiterte. Nichts deutet derzeit daraufhin, dass es beim großen Showdown 2015 in Paris anders ausgeht als in Kopenhagen.

 

Vier Lehren lassen sich aus dem abermaligen Scheitern von Warschau ziehen:

  1. Wer die globale Erwärmung stoppen will, darf nicht allein auf die internationale Klimapolitik setzen. Über zwanzig Jahre nach dem Start der Klima-Karawane auf dem Erdgipfel in Rio (1992) ist bis heute nur auf eines Verlass: den Anstieg des globalen CO2-Ausstoßes. Die Klima-Verhandlungen erscheinen derzeit nur noch als absurdes Schauspiel.
  2. Die EU und die Bundesregierung müssen ihren klimapolitischen Tiefschlaf beenden. Deutschland muss in Brüssel schleunigst auf eine Aufstockung des EU-Klimaschutzziels für 2020 auf -30 Prozent, verbindliche Zusagen bei der Klimafinanzierung und die Stilllegung von zwei Milliarden CO2-Zertifikaten im EU-Emissionshandel drängen. Ausgangspunkt einer solchen Kehrtwende wäre ein klares Bekenntnis zu einer beschleunigten, dauerhaft sozial verträglichen Energiewende in Deutschland. Daneben müssten u.a. ambitionierte Klimaschutzziele in einem Klimaschutzgesetz verbindlich festgeschrieben und der Umbau der Stromversorgung durch ein Kohleausstiegsgesetz vorangetrieben werden. Was gar nicht geht: ein Deckel für die Förderung erneuerbarer Energien und ein Blanko-Scheck für den Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken, wie derzeit in den Koalitions¬verhandlungen geplant.
  3. Interessengegensätze können vor Ort besser überwunden werden als auf dem Parkett der UN-Diplomatie. Auf UN-Klimakonferenzen wird unter einem Mäntelchen grüner Rhetorik verdeckt, dass es den verhandelnden Staaten um die Durchsetzung ihrer Interessen geht. Heimische Industrien sollen geschützt, keine Barrieren für ein florierendes Wirtschaftswachstum aufgebaut werden. Diese Interessen verschwinden nicht, wenn man in heimischen Gefilden den Umbau der Energieversorgung oder die Abkehr von der industriellen Landwirtschaft vorantreiben will. Sie sind aber transparenter und daher besser in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen zu überwinden.
  4. Eine ambitionierte Energiewende in Deutschland und Europa ist ein besseres Argument in den Klima-Verhandlungen als jeder diplomatische Schachzug. Dies reduziert nicht nur den CO2-Ausstoß, sondern zeigt anderen Ländern: Ja, es geht. Eine Rolle rückwärts von der Energiewende, wie derzeit in den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD geplant, wäre ein fatales Signal für die globalen Klimaschutzbemühungen.

„Die Klimakrise ist Wahnsinn und wir müssen diesen Wahnsinn stoppen.“, hatte der philippinische Verhandlungsführer zu Beginn des Warschauer Gipfels an die Staatengemeinschaft appelliert. Machen wir einen Anfang: Deutschland liegt auf Platz sechs der weltweit größten Klimaverschmutzer. Wie lange noch?