Koalitionsvertrag vereinbart - SPD Basis sollte Mogelpackung kippen

Der Koalitionsvertrag sieht einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro je Stunde, eine Autobahnmaut für Ausländer und umfangreiche Veränderungen bei der Rente vor. Die Optionspflicht für Jugendliche mit zwei Staatsbürgerschaften soll entfallen, von Steuererhöhungen wird abgesehen.

Die 475 000 SPD Mitglieder  können dieses Projekt noch stoppen.  Es bleibt zu hoffen, dass die Mitgliederbasis dieses völlig unzureichende Ergebnis ablehnt. 

Das neue schwarz-rote Bündnis steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die SPD-Basis in der ersten Dezemberhälfte in einer Mitgliederbefragung zustimmt. So lange soll dem Vernehmen nach die Aufteilung der Ministerien und ihre Besetzung offen bleiben. Fest steht, dass die SPD in einem schwarz-roten Kabinett sechs Ministerposten bekommen soll, die CDU fünf (plus Kanzleramtsminister) und die CSU drei.

 

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Fehlanzeige

Krankenversicherung

Eine Bürgerversicherung wird es nicht geben. Es bleibt bei einer paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenbversicherung, wobei zukünftige Beitragserhöhungen allein zulasten der Arbeitnehmer gehen  und der Arbeitgeberanteil festgeschrieben wird. Das ist eine Niederlage für die SPD.  

Doppelpass

Die sogenannte Optionspflicht fällt weg. In Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern müssen sich künftig nicht mehr bis zum 23. Geburtstag für einen der beiden Pässe entscheiden. Die SPD hat sich an dieser Stelle mit ihrer Forderung  durchgesetzt. Die Union hatte sich lange gegen eine Abschaffung der Optionspflicht gewehrt.

Personal

Aus Rücksicht auf den SPD-Mitgliederentscheid Anfang Dezember werden die künftigen Minister vorerst nicht benannt. Fest stand aber, dass die SPD in einem schwarz-roten Kabinett unter Kanzlerin Merkel sechs Ministerien bekommen soll, die CDU fünf (plus Kanzleramtsminister) und die CSU drei.

Finanzen

Der Finanzrahmen für zusätzliche Ausgaben und Investitionen einer großen Koalition bis 2017 sieht für die Projekte einer großen Koalition zusätzlich 23 Milliarden Euro ausgegeben werden. Davon sollen auf Hochschulen und Bildung fünf Milliarden Euro, auf Forschung und Entwicklung drei Milliarden Euro und auf die Verkehrsinfrastruktur fünf Milliarden Euro entfallen. Steuern sollen aber nicht erhöht werden. Die Belastung der Superreichen und einen höheren Spitzensteuersatz für mehr soziale Gerechtigkeit  wird es nicht geben. 

Mindestlohn

Der Mindestlohn soll 2015 kommen und bundesweit 8,50 Euro pro Stunde betragen. Allerdings können die Tarifpartner auch Abschlüsse vereinbaren, die darunter liegen, aber ab spätestens 2017 sollen 8,50 Euro verpflichtend als Untergrenze gelten. Die Höhe des allgemein verbindlichen Mindestlohns soll in regelmäßigen Abständen von einer siebenköpfigen Kommission der Tarifpartner festgelegt werden. Die Mitglieder der Kommission werden von den Verbänden der Arbeitgeber und Gewerkschaften benannt. Bei der Bestimmung der künftigen Höhen soll externer  wissenschaftlicher Sachverstand hinzugezogen werden. Der Mindestlohn soll unter anderem nicht für Auszubildende und Praktikanten gelten. Das ist allenfalls ein Mindestlohn light, der löchrig wie ein Schweizer Käse ist. 

Leiharbeit

Union und SPD haben sich auf eine stärkere Regulierung der Leiharbeit geeinigt. Demnach solle die Überlassung von Arbeitnehmern an eine Leiharbeitsfirma auf 18 Monate begrenzt werden. Nach neun Monaten soll es zudem eine gleiche Bezahlung für Leiharbeiter und Stammbelegschaft geben, beschlossen beide Seiten in ihren Schlussverhandlungen über eine große Koalition. Dan werden Unternehmer die Leiharbeiter alle 9 Monate auswechseln und so das Gesetz umgehen.

Rente

Bei den Renten setzten Union und SPD jeweils ihre Wunschkonzepte durch. Der Kompromiss sieht so aus, dass die von der SPD geforderte abschlagfreie Rente mit 63 Jahren nach 45 Beitragsjahren und die von der Union versprochene Besserstellung älterer Mütter, die vor 1992 Kinder bekommen haben, zum 1. Januar 2014 eingeführt werden. Ferner soll eine „solidarische Lebensleistungsrente“ für Geringverdiener in Höhe von bis zu 850 Euro pro Monat ab 2017 kommen. Auch die Erwerbsminderungsrenten sollen verbessert werden. Die Kosten für dieses Gesamtpaket waren zuvor mit mehr als 20 Milliarden Euro beziffert worden.

Pkw-Maut

Die Maut-Einigung wurde unterschiedlich gewertet. Während die CSU von einem Erfolg für sich ausging, wurde in Kreisen von CDU und SPD die Formulierung für den Koalitionsvertrag lediglich als Prüfauftrag gewertet. Bedingung soll sein, dass die Maut nur ausländische Autofahrer belastet und mit dem Europarecht vereinbar ist. Dazu soll 2014 ein Gesetz verabschiedet werden. Merkel hatte vor der Wahl erklärt, mit ihr werde es keine Pkw-Maut geben. Jetzt rudert sie zurück.

Vorratsdatenspeicherung

Einig wurden sich beide Seiten bei der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung. Dazu heißt es im Entwurf für den Koalitionsvertrag: „Die EU-Richtlinie über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsverbindungsdaten werden wir umsetzen.“ Das ist ein Anschlag auf das Recht der informationellen Selbstbestimmung.

Energie

In der wichtigen Frage des Ausbauziels für erneuerbare Energien haben Union und SPD einen Kompromiss gefunden. Demnach soll ein Ökostromanteil von 55 bis 60 Prozent bis zum Jahr 2030 angestrebt werden, hieß es. Zuvor hatte die Union auf 50 bis 55 Prozent plädiert, die SPD hatte 75 Prozent als Ziel genannt. An der Zahl orientieren sich letztlich auch die Investitionsentscheidungen für neue Windparks, aber auch für neue konventionelle Kraftwerke. Die Energie-Monopolisten werden privilegiert. 

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