Linke AKL-Linke: Kapitalismus bedeutet Krieg, Umweltzerstörung und Armut – für eine antikapitalistische Linke 

Die Linke innerhalb der Linken stellt sich neu auf 

Gleichzeitig wurden mit Lucy Redler und Thies Gleiss zwei Delegierte zu den Bundesparteitagen der LINKEN in den nächsten zwei Jahren gewählt.

Die Antikapitalistische Linke (AKL) in der LINKEN hat seit ihrer Gründung eine Reihe von Markenzeichen, die zwar auf dem politischen Programm der LINKEN, das im Jahr 2011 in Erfurt verabschiedet wurde, aufbauen, die aber von der Gesamtheit der Partei und den verschiedenen anderen „Strömungen“ und Zusammenschlüssen innerhalb der Partei so nicht oder nicht völlig geteilt werden. Die AKL ist eine politische Meinungsströmung – nicht mehr und nicht weniger. Sie kämpft um Mehrheiten in der Partei DIE LINKE und ist gleichzeitig aktivste Unterstützerin aller Kämpfe und Wahlkämpfe dieser Partei. Aber die AKL ist keine „Partei in der Partei“ mit ausgeprägtem Eigenleben, eigenen Strukturen und Finanzen, die als wichtiger angesehen werden als die Partei selbst. Die AKL ist schon gar nicht ein Hilfsmittel zur Absicherung von persönlichen Karrieren in der Partei oder in den Parlamenten. Letztlich wirkt die AKL nur durch das Engagement und die persönlichen Beiträge und Auftritte ihrer UnterstützerInnen.

 

 

Der 9. November

In seiner Begrüßungsrede für den BundessprecherInnenrat ging Thies Gleiss auf das historische Datum „9. November“ ein, um die wichtigsten Markenzeichen der AKL herauszustreichen.

Der 9. November 1918 steht für einen radikalen, revolutionären Aufbruch der Menschen in Deutschland am Ende des Ersten Weltkrieges. Millionen von Menschen gingen auf die Straße, um ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Sie waren von der Sozialdemokratie gleichermaßen geprägt wie durch die konkrete Politik der sozialdemokratischen Spitzenleute im Krieg enttäuscht. Es begann – ähnlich wie ein Jahr zuvor in Russland – eine kurze spannende Zeit der Selbstorganisation, des entschlossenen Widerstandes und – je mehr die Erfahrung der Selbstermächtigung zunahm – der kühnen und phantasievollen Zukunftsplanung einer Gesellschaft ohne Krieg, Hunger, Armut, Ausbeutung und Unterdrückung. Die Urform dieser Selbstermächtigung, die später in allen revolutionären oder vorrevolutionären Prozessen wieder auftaucht – sind demokratisch selbstorganisierte Räte, die sowohl die Unterdrückung und Tyrannei der feudalen Monarchie als auch die schon bald nach ihrer Etablierung aufkommenden Mängel der repräsentativen, parlamentarischen Demokratie überwinden wollte und für gewisse Zeit auch konnte. Der revolutionäre Aufbruch vom 9. November 1918 wurde von der Sozialdemokratie erst gebremst und auf alte parlamentarische Kanäle umgelenkt und dann militärisch und repressiv von einer Allianz der alten herrschenden Klasse der Fürsten und Grafen mit der kapitalistischen Wirtschaftselite zerschlagen.

Die AKL ist davon überzeugt, dass auch heute eine wirkliche und dauerhafte Veränderung der Gesellschaft in Richtung umfassender Demokratie nur in solchen Kämpfen zur Selbstermächtigung der Millionen von Menschen entstehen wird und nur als tiefer Bruch mit den alten Zuständen stattfinden kann. Überall auf der Welt, wo es solch fortschrittlichen und emanzipatorischen Entwicklungen gibt, wird dies praktisch belegt. Die Vorstellung eines großen Teils der Partei DIE LINKE und der Mehrheit der politischen Strömungen in ihr, dass solche Veränderungen in kleinen Schritten, mittels parlamentarischer Initiativen und Koalitionen mit anderen Parteien erfolgen, ist völlig wirklichkeitsfremd. Die AKL unterstützt die täglichen kleinen Verbesserungen, die bei linker Politik auf den verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen abfallen. Aber sie misst diese Schritte immer daran, ob sie eine aufklärende und weiter treibende Funktion bis zum radikalen Bruch mit Kapitalismus haben. Die AKL hat deshalb mehr als andere Strömungen in der LINKEN das Recht, sich auf die Kräfte der Novemberrevolution und ihre bekanntesten Köpfe, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht zu berufen. Die Debatten, die diese Kräfte damals mit der Mehrheitssozialdemokratie geführt haben, sind den Debatten in der LINKEN von heute verblüffend ähnlich.

Der 9. November 1923 – der versuchte Putsch von Hitler und den Nationalsozialisten – und noch mehr der 9. November 1938 – die Nacht der anti-jüdischen Pogrome und faschistischer Mord- und Plünderungsaktionen – zeigen, dass der Kapitalismus die furchtbarsten Kräfte in sich selbst ausbrütet. Der Faschismus, selbst noch Jahre nach seiner Machteroberung und den ersten großen Erfahrungen von Armut und Kriegstreiberei, ist nicht nur eine brutale, militärische und Polizeidiktatur, sondern baut immer auch auf Massenmobilisierung und rassistischem Pöbel auf, der systematisch gefördert, ausgelöst und geduldet wird. Auch heute fußt die rassistische Hetze gegen Juden, Muslime, Homosexuelle und alle Dissidenten und Minderheiten auf Unterstützung bis tief in die Mitte der Gesellschaft. Nur die Existenz einer unermüdlich aufklärenden und ebenfalls in den gesellschaftlichen Massen verankerten linken Partei wird die Kräfte mobilisieren, die sich dem rechten Mob entgegenstellen können. Nur eine starke LINKE ist Gewähr für eine Schwächung der Rechten. Niemals dürfen sich die fürchterlichen Fehler von SPD und KPD wiederholen, die eine Einheitsfront gegen die Faschisten auf dem Altar ihrer Parteistreitereien opferten. Gerade im Kampf gegen den Faschismus wird – wie der alte Erich Fried so treffend anmerkte – derjenige schnell zum Schweigen gebracht, der vom Kapitalismus nicht reden will.

Der 9. November 1989 schließlich, steht für das Ende eines deutschen Staates, der sich sozialistisch nannte und doch meilenweit von ihm entfernt war. Es wird in der LINKEN immer noch mit Leidenschaft darüber gestritten, ob dieser „Versuch des Sozialismus“ hätte funktionieren können oder ob er nicht schon von Anbeginn von einem Zerrbild sozialistischer Demokratie und einer Verballhornung sozialistischer Theorie geprägt war. Aber für die AKL ist völlig klar, dass eine sozialistische Überwindung des Kapitalismus immer noch auf der historischen Tagesordnung steht und dass dieser Sozialismus ein völlig anderer als der aus der DDR sein wird. Die Erfahrung des Untergangs der sich sozialistisch nennenden Länder ist eindeutig: Der Sozialismus kann weder als eine Erziehungsdiktatur aufgebaut, noch kann er gegen eine Mehrheit der Menschen durchgesetzt werden. Das ist der Kern des oft als überflüssige Tautologie verworfenen Begriffes „Demokratischer Sozialismus“. Die AKL bekennt sich dazu, wie sie die Abwieglerei und die Versöhnung mit dem Kapitalismus auf Seiten der „Sozialdemokratie“ kritisiert und verachtet.

Der 9. November 1989 ist aber zugleich auch der Beginn des Wiederaufstiegs von Deutschland als ökonomischer und militärischer Weltmacht. Die Politik der Berliner Regierung wird seitdem von Militarisierung der Außen- und Innenpolitik bestimmt. Militärische Einsätze der deutschen Armee nehmen Jahr für Jahr zu und selbst ohne einen „heißen Krieg“ zeigen die Politik der Troika und der Merkelismus, welche verheerenden Spuren das neue Deutschland, das doch so nahe am alten ist, in Europa, in Griechenland, Italien, Spanien und Portugal hinterlässt.

Es gibt deshalb einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem deutschen Kapitalismus, seiner ökonomischen Stärke und dem Militarismus sowie der wachsenden Kriegsgefahr überall auf der Welt. Deshalb ist es kein Zufall, dass es die AKL ist, die am hartnäckigsten dafür kämpft, dass die konsequente Gegnerschaft der LINKEN gegen Krieg und Armeeeinsätze nicht aufgeweicht wird. Konsequenter Kampf gegen den Krieg – auch das heißt heute wie früher Antikapitalismus.

Die Neuaufstellung der AKL nach sieben Jahren als loses Netzwerk in und auch außerhalb der LINKEN hatte auch die Aufgabe, wichtige Erfahrungen aus diesen sieben Jahren aufzuarbeiten. An erster Stelle steht dabei die zunehmende Verparlamentarisierung von Partei und Politik der LINKEN. Es hat sich eine ausgeprägte Kultur der Stellvertreterpolitik, verbunden mit Illusionen in die Macht der Parlamente entwickelt. Im Selbstverständnis der AKL stehen deshalb auch eine Reihe von Positionen und Forderungen, die bei der ersten Gründung der AKL noch nicht als so gewichtig angesehen wurden: Trennung von Amt und Mandat; Befristung aller Ämter, Rotation und demokratische Kontrolle der Arbeit und Einkommen der hauptamtlich Politik machenden Parteimitglieder. Das Gegenmodell dazu ist die Partei der aktiven Mitglieder, die Partei der sozialen Bewegung und der Kämpfe und natürlich umgekehrt eine bewegte und kämpfende Partei.

Eine Spezialdiskussion in diesem Zusammenhang ist sicherlich die berühmte „Regierungsfrage“. Die AKL gehört ganz sicher zu den Kräften der LINKEN, die hartnäckig dafür werben, regieren zu wollen, für die die „Machtfrage“ im Zentrum der konkreten Politik steht. Aber bittere Realität von heute ist es nun mal, dass die LINKE nur eine kleine 10-Prozent-Partei ist und dass alle anderen Parteien ausdrücklich gegen sie aufgestellt sind. Konsequente Opposition und auf deren Fundament mehr werden – das müsste also die Parole der Stunde sein. Und wer die letzten fast zehn Jahre seit Gründung der WASG – eine der Vorläuferinnen der LINKEN – bilanziert, wird feststellen, dass die Feindschaft zwischen SPD, Grünen und der LINKEN nicht etwa kleiner, sondern größer geworden ist. Insbesondere die SPD sieht in der LINKEN eine historische Herausforderung, die nicht partnerschaftlich, sondern nur mittels Zerstörung zu händeln ist. Es gibt kein „linkes Lager aus SPD, Grünen und LINKE“ in Deutschland und keine Mehrheit „links von der Mitte“ – das ist die simple und in den Wahlergebnissen der letzten Jahre problemlos nachzulesende Wahrheit. Umso bizarrer ist es, wenn wichtige Spitzenleute der LINKEN unermüdlich um eine Koalition mit SPD und Grünen betteln. Die AKL sieht ihre Aufgabe innerhalb der LINKEN deshalb auch zu einer gehörigen Portion darin, diesen Irrealos ein Konzept der radikalen, oder wie es bei Marx, Lenin, Luxemburg, und Liebknecht hieß, der revolutionären Realpolitik entgegen zu stellen.

Die letzten sieben Jahre haben eindrucksvoll gezeigt, dass die LINKE ohne die AKL nicht das wäre, was sie heute ist. Die nächsten Jahre werden zeigen, dass sie ohne die AKL auch nicht das bleiben kann, was sie ist. Die LINKE muss größer und handlungsfähiger, selbstbewusster und programmatisch gefestigter werden. Das heißt, sie muss wieder ein bisschen mehr in Bewegung geraten. Die einzige Richtung, die dafür offen steht geht nach links. Damit das nicht übersehen wird – dafür steht die AKL.

 

Thies Gleiss