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EU Kommissionspräsident Barroso in Lampedusa ausgebuht 

Die unsichtbare Mauer zur Festung hat weit mehr Opfer gekostet als die innerdeutsche Mauer von 1961 bis 1989 und trotzdem wird sie billigend in Kauf genommen. .  

Der Besuch der ca 300 Särge von Ertrunkenen im italienischen Lampedusa durch EU Kommissionspräsident Barroso kommt bei den Menschen gar nicht gut an. Der EU Politfunktionär wird gnadenlos ausgepfiffen und die Menschen haben kaum Hoffnung auf Besserung der Lage in dem EU-Flüchtlingslager.  

Menschenrechtler und Einwohner riefen "Schande!" und "Mörder!" und schwenkten Fotos von Flüchtlingen, als die Politiker am Flughafen eintrafen. Auch auf dem Weg zum Hafen von Lampedusa  wurde der Politiker-Konvoi von Beschimpfungen begleitet.

Auch der Tod von mehreren hundert Menschen, die vor allem aus Somalia und Eritrea stammten, hat zunächst nichts daran geändert, dass die meisten EU-Staaten keine Reform des sogenannten Dublin-Verfahrens wollen.

Diese Regelung besagt, dass Asylsuchende in jenem Land der EU ihren Antrag stellen müssen, in dem sie an Land gehen. Da das im Fall der Flüchtlinge, die über das Mittelmeer kommen, vor allem Italien, Spanien, Malta und Griechenland sind, fordern diese Staaten seit langem ein Quotensystem, nach dem die Asylsuchenden in der gesamten EU verteilt werden können. Aber auch bei der Reform des Asylrechts 2012  wollte die Mehrheit der EU-Staaten sich darauf nicht einlassen – allen voran Deutschland.Die Flüchtlingsfrage solle auf dem EU-Gipfel am 24./25. Oktober behandelt werden. Für die Opfer des Schiffbruchs werde es ein Staatsbegräbnis geben, so der italienische Ministerpräsident Letta.

Die EU-Innenminister hatten sich bei einer Konferenz am Dienstag in Luxemburg zu keiner umfassenden Änderung ihrer Asylpolitik durchringen können. 

Schwere Kritik an der europäischen Flüchtlingspolitik haben unterdessen Hilfsorganisationen geübt. Pro Asyl warf in einem Interview des Bayerischen Rundfunks Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und seinen EU-Amtskollegen "völliges Versagen" vor: "Das Sterben auf dem Meer wird weitergehen", sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt. Die Flüchtlingsorganisation Gemeinsam für Afrika kritisierte eine europäische Abschottungsstrategie und sprach von einer "menschenverachtenden Praxis unterlassener Seenothilfe".

Den Streit unter den EU-Staaten konnte auch ein Vorschlag der Innenkommissarin Cecilia Malmström nicht übertünchen.

Die Schwedin sagte, sie werde den Mitgliedstaaten einen groß angelegten Einsatz der EU-Grenzschutzbehörde Frontex zur Rettung von Bootsflüchtlingen „von Zypern bis Spanien“ vorschlagen. Allerdings zeigten sich EU-Diplomaten skeptisch, ob sich mit einer derartigen Aktion langfristig Katastrophen wie die jüngste Tragödie von Lampedusa verhindern lassen. Hinzu kommt, dass bei Frontex inzwischen der Rotstift angesetzt worden ist. Da auch die EU sparen muss, ist das Budget für die Grenzschutzagentur in diesem Jahr auf 85 Millionen Euro zusammengeschrumpft. 2011 waren es noch 118 Millionen Euro gewesen. Wie die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf EU-Kreise berichtete, sind auch in Italien unter dem Spardruck die Einsätze der Küstenwache eingeschränkt worden.

Auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa haben Flüchtlinge gegen ihre Unterbringung in einem Auffanglager protestiert. Sie warfen Matratzen aus den Gebäuden und versuchten, Busse mit Neuankömmlingen auf dem Weg ins das überfüllte Lager aufzuhalten. 

 

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR teilte mit, die Lebensbedingungen in der Einrichtung seien "vollkommen inakzeptabel". Nach einem Brand im Herbst 2011 ist das Auffanglager nur noch auf 250 Menschen ausgelegt, zuletzt waren aber mehr als tausend Insassen dort untergebracht.